News 31.01.2018, 09:31 Uhr

PostFinance: Systemwechsel sorgt für Unterbruch

An den Osterfeiertagen wechselt PostFinance sein veraltetes Kernbankensystem aus. Mit einem Unterbruch ist zu rechnen.
Markus Fuhrer sieht PostFinance mit dem neuen IT-System für die Zukunft gerüstet
Wenn am letzten Märzwochenende der grösste Zahlungsdienstleister der Schweiz sein Kernbankensystem erneuert, werden einige Kunden weder per Karte bezahlen noch Geld überweisen können. Wie PostFinance-CEO Hansruedi Köng an einem Medienanlass in Bern ankündigte, wird das E-Finance beispielsweise fast vier Tage offline sein. Die PostFinance Card soll nur in der Nacht von Samstag auf Sonntag (31. März bis 1. April) eingeschränkt funktionieren.
Am langen Osterwochenende, sprich vom 29. März bis zum 2. April, wagt PostFinance eine Operation am offenen Herzen. Das waren die Worte von CIO Markus Fuhrer über das langjährige Migrationsprojekt. Er ist nahezu von Anfang an dabei und sieht das Projekt nun auf die Zielgerade einbiegen. PostFinance hatte sich im Juni 2011 in einer Ausschreibung für die Kernbanken-Software BaNCS des indischen Lieferanten Tata Consultancy Services (TCS) entschieden. Schweizer Anbieter wie Avaloq, Finnova oder Temenos waren nicht in der engeren Auswahl, da sie weder bei der Performance noch bei der Skalierbarkeit mit BaNCS konkurrieren konnten, wie Fuhrer sagte.
Die TCS-Lösung wird unter anderem von der State Bank of India eingesetzt, dem grössten Finanzinstitut des Landes. Auch die indische Bank ist auf eine gute Performance angewiesen, verarbeitet sie doch zwischen 20 und 22 Milliarden Transaktionen pro Jahr. BaNCS überzeugte nach den Worten Fuhrers auch mit der offenen Architektur und den modernen Komponenten, die sich gut in die IT-Landschaft von PostFinance integrieren lassen.
PostFinance verarbeitet heute 1,07 Milliarden Transaktionen pro Jahr, Tendenz steigend. Von der Migration sind ca. 60 Applikationen betroffen, etwa zwei Drittel aller IT-Systeme, wie Fuhrer sagte. In dem Projekt wird nicht nur das Kernbankensystem abgelöst, sondern gleichzeitig noch die Systemlandschaft aufgeräumt. Dafür müssen mehr als 1,2 Milliarden Datensätze migriert werden.
In den bisher zwei Generalproben (September und November 2017) sei alles glatt gelaufen, von den zwei weiteren Generalproben (in dieser Woche und im Februar) erwartet Fuhrer einen ähnlich reibungslosen Ablauf. Bei den Tests würde jeweils von 400 Mitarbeitern rund um die Uhr die komplette Umstellung mit ca. 3000 Tasks geprobt, inklusive aller Systeme und Datensätze, sagte er auf Nachfrage der Computerworld.
Das künftige Kernbankensystem ist für PostFinance das Fundament, auf dem neue Services gebaut werden sollen. CEO Köng sprach an dem Anlass beispielsweise davon, dass Kunden bald ohne Papier eine Kreditkarte beantragen oder ein Konto eröffnen können. Auch die jährlich rund 200'000 Adressänderungen will das Unternehmen ohne Medienbruch abwickeln können.
In einem ersten Schritt hat PostFinance bereits 2013 das Fondsgeschäft auf BaNCS migriert. Ein halbes Jahr später folgte das Devisen- und Geldmarktgeschäft. Seit Ende 2015 ist das Unternehmen ausserdem fähig, den Zahlungsverkehr nach dem internationalen Standard ISO 20022 zu verarbeiten. Bis heute wurden bereits 95 Prozent der Geschäftskunden auf die neuen Formate migriert. Nach dem Go-Live an Ostern sollen es 100 Prozent sein. Die neue Architektur von BaNCS wird es PostFinance daneben erlauben, auf künftige Entwicklungen wie die europäische Payment Services Directive 2 (PSD2) zu reagieren. Wie Fuhrer der Computerworld sagte, sei PSD2 bis anhin nicht für die Schweiz bindend. Sollte sie aber umgesetzt werden, hätte PostFinance mit dem neuen Kernbankensystem beste Voraussetzungen, den Kunden und Partnern neue Dienstleitungen anzubieten.
CEO Hansruedi Köng erneuert das Kernbankensystem von PostFinance
CEO Köng sieht PostFinance mit dem kommenden System hervorragend gerüstet für die Zukunft: «Die BaNCS-Software wird auch in zehn Jahren noch im Einsatz sein», sagte er. Die aktuelle Kernbankenlösung ist seit 1993 in Betrieb. Für ihre Ablösung hat PostFinance einen Betrag von 150 Millionen Franken in der Bilanz aktiviert. Die Summe soll nun über die nächsten zehn Jahre abgeschrieben werden. Zu den effektiven Kosten macht PostFinance keine Angaben.



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