News 17.06.2019, 06:46 Uhr

Sprachanalyse: Software sagt Psychose vorher

Machine-Learning-Methode definiert Muster bei Gesprächen mit Genauigkeit von 93 Prozent.
Anhand eines Algorithmus entdeckten die Wissenschaftler zwei Variablen, die Hinweise für spätere Psychosen sind
Quelle: Pixabay/tiyowprasetyo
Forscher der Emory University haben eine neue Methode des Machine Learning entwickelt, die anhand der Sprechweise von Menschen erkennt, ob sie im späteren Leben eine Psychose entwickeln werden. Anhand eines Algorithmus entdeckten die Wissenschaftler zwei Variablen, die Hinweise für spätere Psychosen sind: Die häufige Verwendung von Wörtern, die mit Geräuschen in Verbindung stehen, und eine häufige Verwendung von Wörtern mit der gleichen Bedeutung.

Algorithmus erkennt Sprachmuster

Anhand dieser Hinweise kann der Algorithmus Psychosen mit einer Genauigkeit von 93 Prozent voraussagen. «Diese subtilen Merkmale kann man aus einer Konversation nicht heraushören. Das wäre so, als würde man versuchen, mikroskopische Keime mit blossem Auge zu sehen. Unsere automatisierte Methode ist extrem sensibel für diese versteckten Sprachmuster. Sie ist wie ein Mikroskop für Anzeichen einer Psychose», erklärt Studienautorin Neguine Rezaii.
Dem Team zufolge war es zuvor schon bekannt, dass Menschen, die für Psychosen anfällig sind, besondere Sprachmuster anwenden, jedoch sei es nur mit Machine Learning möglich, diese auch zu erkennen. Um ihre Methode zu testen, fütterten die Forscher das Computerprogramm «Word2Vec» mit Online-Konversationen von 30'000 Usern der Social Media-Plattform Reddit. Word2Vec wandelt individuelle Wörter in Vektoren um, die anhand ihrer Bedeutung geordnet werden. Vektoren mit ähnlicher Bedeutung sind sich dabei näher.
Durch dieses Programm definierte das Team «Normen» für die Sprache in Konversationen. Die gleiche Methode wurde dann bei den Diagnosegesprächen von 40 jungen Patienten angewandt, die alle laut medizinischen Fachkräften in der Gefahr stehen, Psychosen zu entwickeln. Die Daten aus den «normalen» Konversationen und aus den Diagnosegesprächen wurden schliesslich miteinander verglichen. Anhand dieser Daten wurden die beiden Variablen definiert.

Mehr Präzision bei der Diagnose

Schizophrenie und andere Formen von Psychose entwickeln sich bei Patienten üblicherweise mit Anfang 20, wobei Anzeichen dafür schon mit 17 auftreten können. Etwa 25 bis 30 Prozent der Jugendlichen, die diese Anzeichen aufweisen, entwickeln im späteren Leben Psychosen. Es gibt bis heute für diese psychischen Erkrankungen keine Heilung. Den Forschern nach ist es aber möglich, durch vorbeugende Therapie das Auftreten von Psychosen zu verzögern oder sogar zu verhindern. Dafür sei es aber wichtig, die Symptome früh zu erkennen.
«Im klinischen Bereich fehlt es oft an Präzision. Wir brauchen objektivere, quantifizierte Methoden, um subtile Variablen zu erkennen, wie diejenigen, die sich in der Sprache verstecken», meint Rezaii. Die Wissenschaftler wollen die Machine-Learning-Methode auch bei anderen psychischen Erkrankungen wie Demenz anwenden.

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