Kommentar 06.05.2005, 09:00 Uhr

Das Freitagsbit: Bei Anruf Schuldgefühl

Die WWKolumne
Neulich am Telefon. Eine Stimme, die vorgab, Christian Blocker zu sein, murmelte in mein Ohr: "Schengen nein!" - "Sind Sie das wirklich?" - "Schengen nein!" - "Hören Sie mich? Vielleicht ist mein Telefon kaputt!" - "Schengen nein!" - "Ruhe!" - "Schengen nein!" - "Blödmann." Ich begriff, dass ich es mit einer synthetischen Stimme zu tun hatte, einem Blocker-hear-a-like sozusagen.
Jetzt habe ich eine Geheimnummer beantragt. Denn seit kurzem erhalte ich auch Anrufe vom Papst, von George Bush und nehme es gar nicht mehr calmy, wenn mich eine Bundesrätin mitten in der Nacht aus dem Bett klingelt.
Und wem habe ich das zu verdanken? Den Schuldeneintreibern von der Intrum Justitia. Die Firma hat eine computergestützte Telefonanlage entwickeln lassen, die säumige Zahler durch automatisierte Anrufe und das Abspielen einer Tonbandaufzeichnung auf ihre Schulden aufmerksam macht. Tolles Geschäftsmodell.
Jetzt klingelt das Telefon schon wieder. Meister Propper ist dran. Er will mir weismachen, dass er sauberer putzt als meine Fünf-Franken-pro-Stunde-Magd aus Schuldistan. Entnervt knalle ich den Hörer auf die Gabel und wähle die Nummer der Intrum Justitia. "Wenn Sie sich beschweren wollen, drücken Sie die 1", sagt der Telefoncomputer. Ich drücke. "Wenn sie sich immer noch beschweren wollen, drücken Sie die 2." Ich drücke. "Was, Sie sind immer noch in der Leitung? Nehmen Sie gefälligst Ihr gelbes Büchlein und gehen Sie zur Post!"
Jetzt habe ich wirklich Schuldgefühle.
Meine Magd kriegt ab sofort sechs Franken.



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