News 21.02.2002, 19:00 Uhr

LimeWire & Co.: warum Sie für Napster-Clones Geld ausgegeben sollten

Napster ist tot: Aber es gibt genügend Alternativen - und die besten sind Geld wert.
LimeWire, ein Gratis-Gnutella-Programm möchte Geld. Nicht viel, aber $ 8.50 mit freiem Upgrade-Recht für ein halbes Jahr. Gnutella ist ein offener Standard, um gratis Dateien aus aller Welt anzubieten und herunterzuladen - ein technischer Standard, der keinem Musik-Konzern gehört und nicht kontrolliert werden kann. Alle wissen es, niemand spricht darüber: Napster, letztes Jahr noch DIE Tauschbörse, um Musik-Daten übers Web auszutauschen, machte dicht und seit dem Verdikt des damals zuständigen US-Gerichts ist wenig bis gar nichts von Napster zu hören. Der Tenor der Napster-Macher zum allfälligen Neustart kam bisher nicht über die sinngemässe Botschaft "Wartet bis zur neuen Version, es wird alles viel besser... - im Abopreis" hinaus. Napster wurde von Bertelsmann aufgekauft. Bertelsmann ist einer der Global Player, wenns ums Verkaufen von Musik geht. Und kämpft seither mit dem Problem, wie man für Musik im Netz Geld verlangen kann.
Haben Sie schon einmal eine CD gekauft, ohne auch nur reinzuhören? Ich zumindest nicht. Und wo fanden Sie zuletzt auf bequeme Weise unverhoffte Musik-Perlen, von denen Sie nicht mal im Traum zu hören wagten? Ausser den Randstunden von DRS 3 [1] ? Die Antwort ist ernüchternd und ärgerlich zugleich: nirgends! Tauschbörsen à la Napster erlaubten mir genau dies: ich zog mir haufenweise Songs von Interpreten herunter (Download durch Napster), die ich vorher überhaupt nicht kannte; lediglich auf Empfehlung meiner Napster-Buddies (Favoriten-Bookmarks im Napster-Programm). Gefiel mir ein Album, wurde es auch gekauft - der nötige Mehrwert von CD-Booklet, einer richtigen CD und der Gewissheit, etwas Sinnvolles zu erstehen, war gegenüber den seelenlosen MP3s klar gegeben.
Nehmen wir die mexikanische Gruppe Caifanes: Ich konnte zu Napster-Zeiten endlich die neusten CDs von Caifanes direkt aus Südamerika ziehen und später per Internet aus den USA bestellen. Diese Gruppe interessiert(e) in der Schweiz den CD-Verkäufer um die Ecke nicht die Bohne, während Caifanes z.B. in Übersee bereits mit Musikern wie dem Ex-Genesis-Mann Peter Gabriel - bekannt u.a. durch "Sledge Hammer" - aufspielten und in Südamerika grosse Erfolge feierten. Auch auf der hierzulande bekannten Scheibe "Aisha" von Khaled sind die Caifanes unüberhörbar zu finden.
Warum nur bezog ich deren CDs direkt aus den USA? Hier kommt ein zweites Ärgernis hinzu, das Tauschbörsen wie Napster wenigstens teilweise zu beseitigen wussten. Durch die grosse Beliebtheit von Napster waren Labels wie Sony und Co. in Übersee gezwunngen, im Preis attraktiver zu werden - gerade im Hochpreisland Schweiz war dies aber nicht der Fall. Suche ich z.B. auf http://cede.ch/ [2] nach Caifanes (cede.ch ist nur ein Beispiel. In diesem Shop gibt es sie immerhin...). Was finde ich? Ich finde schon CDs von Caifanes...nur zum Preis eines neuen Albums... für stolze sFr. 30.-... Eine CD, die in Südamerika seit beinahe zehn (10!) Jahren verkäuflich ist! Es ist gelinde gesagt eine Frechheit, wenn zehnjährige CDs aus den USA mit Porto immer noch knapp 30% billiger sind (in diesem Fall 27% so z.B. bei cduniverse.com [3] ), als sie hier in den Regalen angeboten werden.
Was die Musik-Liebhaber vergällt, ist nicht ein unüberschaubarer "Napster-Markt", der ein weltweites Sammelsurium an Stilrichtungen anbietet, sondern die absolut unverständliche Preispolitik der grossen Musik-Labels, die in unseren Breitengraden Unbekanntes gnadenlos zu Höchstpreisen zu verscherbeln versuchen. Was nicht Britney Spears ist, soll halt einfach kosten. Genau diesem Denken widersetzen sich Lösungen wie LimeWire [4] und Co [5] , [6] , [7] . Und genau deshalb lohnt es sich meiner Meinung nach für die interessierten Musik-Fans, die lächerlich tiefe Summe von acht Dollar und 50 Cents (8.50!) einem Projekt wie LimeWire zu spenden. Denn nur so erfahren Sie heute, was auf der anderen Seite des Planeten gehört und gespielt wird - zu einem fairen Preis.



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