News 17.06.2013, 07:14 Uhr

«Prism»: Facebook und Microsoft geben Zahlen bekannt

Auf tausende von Facebook- und Mailkonten hatten die US-Behörden offiziell Zugriff, wie die Internetkonzerne jetzt bezeugen
Im Skandal um Internet-Überwachung durch US-Geheimdienste hat Facebook erstmals Zahlen zu Anfragen amerikanischer Behörden nach Nutzer-Daten veröffentlicht. Demnach musste das weltgrösste Online-Netzwerk im zweiten Halbjahr 2012 zwischen 9000 und 10'000 solcher Anträge beantworten. Sie betrafen zwischen 18'000 und 19'000 Mitglieder-Profile, wie Facebook am Wochenende mitteilte. In diesen Zahlen seien sowohl Anfragen regionaler Polizei als auch solche mit Bezug zur nationalen Sicherheit enthalten, betonte Netzwerk mit mehr als einer Milliarde Mitglieder.
Auch Microsoft ergänzte seine Statistik um bisher geheime Zahlen zu Anfragen nach dem US-Auslandsspionagegesetz FISA. Das erlaubt erstmals zumindest einen groben Aufschluss über das Ausmass dieser Anträge, um die es auch im aktuellen Geheimdienst-Skandal geht.

Bei Microsoft schnüffelt der Staat schon länger

Demnach forderten verschiedene US-Behörden im zweiten Halbjahr 2012 in 6000 bis 7000 Fällen Informationen zu 31'000 bis 32'000 Konten bei verschiedenen Microsoft-Diensten an. Im vorherigen Transparenzbericht ohne die FISA-Daten waren für das gesamte vergangene Jahr knapp 11'100 Anträge zu über 24'500 Nutzerkonten. In den ursprünglichen Zahlen war allerdings der Internet-Telefoniedienst Skype noch nicht enthalten. Somit sind die Werte nicht direkt miteinander vergleichbar - zeigen aber, dass es nur um eine Differenz von einigen tausend Anfragen gehen kann. Weitere Medien berichten davon, dass der Datenzugriff der Regierung auf Maildaten bei Microsoft nach den Anschlägen von 9/11 massiv zugenommen hätten. Intern sprach man gar von «Hoovern», in Anlehnung an den ersten FBI-Chef J. Edgar Hoover, der in den 50er-Jahren auf der Suche nach Kommunisten und Staatsfeinden zahlreiche Amerikaner durchleuchten liess.
Facebook hatte bisher im Gegensatz zu Google und Microsoft gar keine Zahlen zu Behörden-Anforderungen veröffentlicht - unter Hinweis darauf, dass vor allem die FISA-Anfragen so geheim seien, dass sie nicht einmal in die Statistik aufgenommen werden dürften. Vor einigen Tagen hatten Google, Facebook und Microsoft die Behörden aufgefordert, ihnen auch die Veröffentlichung Zahlen zu diesen Anfragen in die Transparenz-Statistik aufzunehmen.
Dieser Bitte kamen die US-Regierung nun zumindest teilweise entgegen. Die Firmen dürfen die Zahlen nun zwar einbeziehen - aber für die Gesamtzahlen nur Spannen statt konkreter Werte angeben.

Google will noch mehr Transparenz

Google geht das Einlenken der Regierung nicht weit genug. Da der Internet-Konzern bereits seit Jahren eine Statistik zu Ermittlungsanfragen von Behörden in Kriminalfällen veröffentliche, wäre es ein Rückschritt, jetzt alle Zahlen zusammenzumischen, erläuterte ein Sprecher. Google fordere stattdessen das Recht, eine konkrete Zahl aller Anfragen mit Bezug zur nationalen Sicherheit nennen zu dürfen, inklusive der bislang streng geheimen Anträge nach dem Auslandsspionagegesetz FISA. Der Kurzmitteilungsdienst Twitter hat eine ähnliche Position.
Die Zeitungen «Guardian» und «Washington Post» hatten geheime Dokumente veröffentlicht, die den Eindruck erwecken, dass der US-Geheimdienst NSA in grossem Stil Nutzerdaten bei amerikanischen Internet-Unternehmen abgreift. Auch der Informant Edward Snowden erzählte , dass er sich bei der NSA einfach Zugriff zu allen möglichen Nutzerdaten habe verschaffen können. Die Firmen bestreiten vehement einen direkten Zugriff der Behörden auf ihre Server und betonen, dass Daten nur auf Gerichtsbeschluss übergeben würden.


Autor(in) Marcel Hauri



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