Tests 27.03.2015, 12:39 Uhr

Tesla Model S im PCtipp-Test

Für einmal testete der PCtipp ein Auto. Mit welchen Argumenten der Elektro-Flitzer aus den USA überzeugen will, lesen Sie hier.
Es war Frühling 2014. Auf dem Weg nach Ravensburg machten wir einen Stopp bei der Blumeninsel Mainau. Auf dem Parkplatz bemerkten wir eine sportliche Limousine, gross, bullig - ein Maserati? Dann setzte sie sich in Bewegung. Völlig lautlos fährt sie an uns vorbei - beinahe geisterhaft. Wir drehen uns um. Die fehlenden Endrohre und ein angedeutetes T-Logo zwischen den beiden Rücklichtern machen klar, was da eben wie ein Ufo auf Rädern an uns vorbeigefahren ist: ein Tesla Model S. Schon beeindruckend, was Tech-Pionier Elon Musk seit der Gründung der Firma Tesla im Jahr 2003 auf die Strasse gebracht hat. Seine Strategie war zuerst, einen Sportwagen zu bauen (Tesla Roadster), um mit diesem Geld einen etwas halb so teuren sportlichen Fünftürer zu bauen. Das Resultat war das Model S. Aber hält der Tesla auch, was er verspricht? PCtipp wagt sich zum ersten Mal unter die Auto-Tester. Nicht zuletzt, weil der Tesla mit ganz viel Software ausgestattet ist und uns daher besonders neugierig gemacht hat.

Erstes Tesla-Erlebnis

Das Testauto für den PCtipp
Der «Schlüssel» ist dem Tesla nachempfunden
Im Tesla-Servicecenter in Winterthur dürfen wir unseren Tesla entgegennehmen. Im Gegensatz zu andere Garagen riecht es hier weder nach Öl noch nach Benzin - dafür sieht man überall Schilder mit der Aufschrift «High Voltage». Der freundliche Tesla-Mitarbeiter drückt uns einen «Schlüssel» in Form eines Miniatur-Teslas in die Hand. Nähert man sich dem Auto, fahren die verchromten Türgriffe heraus. Man wähnt sich irgendwie in Back to The Future Teil 2. Fehlt nur noch der Schwebemodus, denkt man sich mit einem Grinsen im Gesicht. Doch der Tesla ist real. Und das uns zur Verfügung gestellte Model S P85+ mit wuchtigen 22-Zoll-Felgen ist mit einigen Extras ausgestattet. Wir öffnen die Türe und lassen uns auf die Ledersportsitze nieder. Bequem sind sie und man hat viel Platz. Denn das Auto ist knapp 2 Meter breit und 5 Meter lang. Was sofort auffällt, ist das riesige 17"-Touch-Display, das in der Mittelkonsole verbaut ist.
Die Seitenansicht zeigt, dass sehr viel Platz für Stauraum vorhanden ist
Ansonsten ist der Innenraum eher spartanisch ausgestattet. Nicht mal einen Knirps kann man im Türfach verstauen - es gibt schlicht keines. Und die Flaschenhalter in der Armlehne entsprechen der US-Bechergrösse. Eine klassische europäische 0,5-Liter-Pet-Flasche kann nicht fixiert werden. Aber da der kleine Elektromotor hinter der Hinterachse sitzt und kein Platz für einen Benzintank vergeudet werden muss, steht neben dem hinteren Kofferraum mit 745 Litern (bzw. 1645 Litern bei heruntergeklappten Rücksitzen) vorne ein zusätzlicher kleiner Kofferraum mit 150 Litern zur Verfügung. Das ist sehr viel Stauraum. Zusätzlich lädt man die Tesla-App auf sein Smartphone. Diese gibt Auskunft über den Status der Fahrzeugs wie zum Beispiel Batterieladung oder Standort. Auch kann man per App das Licht einschalten, die Hupe drücken oder die Klimaanlage anwerfen. Letzteres ist je nach Jahreszeit eine äusserst angenehme Einrichtung.
Die Armlehne mit den Becherhaltern - leider nicht für 0,5-Liter-Pet-Flaschen optimiert
Geduldig erklärt uns der Tesla-Mitarbeiter die Eigenheiten des Model S und die digitalen Anzeigen. Links Geschwindigkeit, rechts sieht man Energieentnahme und Rückführung. Ich will losfahren. Wie startet man den Motor? Gar nicht, ist ja eine Elektrofahrzeug. Einfach am kleinen Hebel am Steuerrad auf D stellen und los gehts - geräuschlos. Fahren Sie vorsichtig, gab uns der freundliche Tesla-Angestellte auf den Weg. Natürlich, aber wir fühlen uns im Tesla sehr sicher. In Crash-Tests (USA und Europa) erhielt die Limousine in allen Kategorien die höchste Note.

Radar im Gepäck

Mit erhabenen Gefühl steuere ich den Tesla Richtung Autobahn. Die Anordnung der Schalter am Lenkrad sorgt zu Beginn für Verwirrung. Blinker und Autopilothebel sind nah beieinander. Nein, nicht blinken, Geschwindigkeit erhöhen. Sorry, tut mir Leid. Andere Verkehrsteilnehmer schütteln den Kopf. Audio-Gadgets zu testen, scheint mir im Moment einfacher von der Hand zu gehen. Aber nach ein wenig Eingewöhnungszeit hat man die Betriebsmodi verstanden, setzt die Finger am richtigen Hebel an.
Ultraschallsensoren, Radar und Kamera - in Zukunft soll der Tesla autonom fahren können
Unser Tesla ist mit dem Tech-Package ausgestattet. Der Spurhalteassistent lässt das Lenkrad auf der Seite vibrieren, die sich dem Markierungsstreifen auf der Strasse nähert. Und der Radar sieht, wenn man sich auf Kollisionskurs mit einem anderem Verkehrsteilnehmer befindet. Eine lautes Warngeräusch inklusive Anzeige auf dem Display macht auf die drohende Gefahr aufmerksam - man kann gar nicht anders, als in die Eisen zu steigen. Bei neuen S-Modellen soll das Auto bei Gefahr sogar automatisch bremsen. Und der Radar soll im Zusammenspiel mit der Kamera das Auto im Autopilotmodus durch den Verkehr führen - so wird der Tesla Strassenschilder interpretieren können, selbstständig Abstand zum Vordermann halten (jetzt schon möglich) und die Spur wechseln (Zukunftsmusik). Auf Überlandstrassen und der Autobahn ist der Tempomat in Verbindung mit dem Abstandhalter eine komfortable Angelegenheit - im Stadtverkehr sollte man davon eher die Finger lassen: Ein abbremsendes Tram oder ein auf dem Trottoir parkierter Lieferwagen kann plötzliches Bremsen auslösen.
Auf der nächsten Seite: Energierückführung, Spassmodus und Reichweite

Autor(in) Marcel Hauri



Kommentare
Avatar
nihi
29.03.2015
Ich möchte vorausschicken, dass ich für Elektromobilität bin. Ich war schon in den 80er-Jahren mit Prototypen von E-Autos unterwegs. Meine Befürwortung der E-Mobilität ist ein Grund warum ich dem Tesla sehr kritisch gegenüberstehe. Das Konzept geht an der Wirklichkeit vorbei. Für mich ist und bleibt das Teil ein Kurzstreckenfahrzeug. Stellen Sie sich ein Parkfeld mit ein paar Dutzend Teslas an der Ladestation vor und jeder zieht mal schnell seine 300A an Strom! Da stellt man sinnvollerweise das Kraftwerk gleich neben das Parkfeld. Wer mit dem Tesla einkaufen will, wird zwangsläufig zum Aldi-Kunden, da mir kein anderer Detaillist bekannt ist, der entsprechend breite Parkplätze hat. In Tiefgaragen schwindet jede Hoffnung das Fahrzeug auf nur einen Parkplatz zu stellen. Die Grundfläche von von 2 mal 5m entspricht genau meinem Kleinbus mit 12 Sitzplätzen Dazu kommt - ich zitiere aus Ihrem Bericht: "...wer fährt schon gern mit einem Tesla und aufgeschraubten 22-Zoll-Felgen über enge Feldwege und Nebenstrassen?" Was bleibt? - der mehrfach zitierte Spassmode auf der A1, der für den Werktätigen ausfällt, da er am Morgen bei der Fahrt zur Arbeit und am Abend auf dem Heimweg mit tausenden Mitautomobilisten in gebremstem Tempo unterwegs ist. Das Teil macht sich aber ganz gut im Schaufenster und als Model für Prospekte.

Avatar
Midori
29.03.2015
Interessanter Test, damit hätte ich nicht gerechnet! Auch wenn natürlich zumeist nur an der Oberfläche gekratzt wird, aber Hauptsache es wird auf den internen Computer eingegangen. Verstehe eigentlich nicht, weshalb man sich in Autos immer noch mit Knöpfen und 7-Segment-Anzeigen herumschlagen muss bzw. sich die Hersteller die komfortable Ausführung fürstlich bezahlen lassen. Meiner Meinung nach wären die umweltfreundlichsten Autos gasbetriebene, deren Treibstoff mit zu Spitzenzeiten anfallendem Strom aus regenerativen Quellen synthetisch (also CO2-neutral) hergestellt wird. Aha. Und das heisst konkret? Biogas, also Nahrung verderben lassen? Solange Strom nicht aus Kohle, Öl oder Gas stammt, ist für mich das genügend umweltfreundlich. Und ja, ich stufe Atomstrom als umweltfreundlich ein.

Avatar
Masche
29.03.2015
Kann man diesen Thread mit diesem zusammenführen? [Mod-Edit: Yep, erledigt! (sal)]

Avatar
Masche
29.03.2015
Biogas, also Nahrung verderben lassen? Du verwechselst das mit Biodiesel (hergestellt unter anderem aus Raps-, Kokos-, Palm- und Sojaöl). Biogas macht man nicht aus Nahrung sondern hauptsächlich aus Abfällen und nicht essbaren Pflanzenresten. Und ja, ich stufe Atomstrom als umweltfreundlich ein. Darüber diskutiere ich erst, wenn die Entsorgung gelöst ist (für mehrere Millionen Jahre!).

Avatar
Leachim
29.03.2015
Biogas, also Nahrung verderben lassen? Biogas, also Nahrung verderben lassen? Abgesehen von aus kompostierbaren Abfällen hergestelltem Biogas finde ich das gar keine gute Idee (da hiermit die Nahrungsmittelproduktion konkurrenziert wird)! Aber das habe ich ja nicht geschrieben: regenerative Energien = Wasser, Wind, Solar ... Das CO2 bei dem von mir erwähnten Verfahren stammt aus der Luft (Synthetic Natural Gas SNG, umgangssprachlich auch "synthetisches Erdgas" genannt), und nicht aus Pflanzen. Es wäre eine Möglichkeit, die Energie der Erneuerbaren zu speichern, da ihre Spitzen meist zu "Unzeiten" anfallen (Sommer, Schönwetter). Bin übrigens kein grundsätzlicher AKW-Gegner, doch zuerst muss ein Endlager gefunden werden! Und unabhängig vom Ausland machen sie uns nun wirklich überhaupt nicht.

Avatar
medwed
29.03.2015
Ist gelöst Darüber diskutiere ich erst, wenn die Entsorgung gelöst ist (für mehrere Millionen Jahre!). Technisch ist die Endlagerung schon lange gelöst. Nur politisch nicht.

Avatar
Katharina B.
29.03.2015
Technisch ist die Endlagerung schon lange gelöst. Nur politisch nicht. Das stimmt nun wirklich nicht. Genau aus diesem Grund hat Kalifornien gegen die Bundesregierung prozessiert (weil das Thema Nuklearenergie staatshoheitlich bei einer Bundesbehörde liegt), gewonnen, den Bau von AKWs gestoppt und die meisten bestehenden AKWs zurückgebaut.

Avatar
Katharina B.
29.03.2015
Nur mit Strom fahrende Fahrzeuge machen nur in einer dichten Siedlungsweise sinn. Nicht aber in dezentralen, wo die Reichweite der Batterie unterhalb der Siedlungsdistanzen liegt und damit Stromtankstellen fehlen. Rein von der Logistik her machen flüssige Energieträger mehr sinn, da sie leicht in die bestehende Infrastruktur integriert werden können. Von da her sehe ich für Fahrzeuge eher in Energiezellen die Zukunft, dort wird verflüssigter Wasserstoff als Energieträger benutzt und in der Energiezelle Strom erzeugt. Diese Technologie besteht seit den 60er Jahren und ist in extremsten Umweltbedingungen (Raumkapseln) bewährt. Allerdings immer noch teuer. Den Wirklichen Impact von Tesla sehe ich eher in der Haustechnik: Musk investiert sehr viel in die Herstellung und Forschung der Batterien und die Zielrichtung da ist tatsächlich Haustechnik, wie er in der neuesten Letter to Investors schrieb. Wird ein Haus mit einer weiterentwickelten Variante der Tesla Batterie bestückt, kann dieses kombiniert mit z.B Solarzellen, vom Stromnetz autonom werden. Es bieten sich andere Einsatzzwecke an, zB die Zwischenspeicherung oder Pufferung von Windenergie. Dies vereinfachte die Anbindung an Stromnetze (Stichwort intelligent Grid). Der Energiebedarf einer Durchschnitsswohnung ist weitaus tiefer als derjenige eines Autos (Stichwort kinetische Physik).

Avatar
medwed
30.03.2015
Doch, stimmt Das stimmt nun wirklich nicht. Genau aus diesem Grund hat Kalifornien gegen die Bundesregierung prozessiert (weil das Thema Nuklearenergie staatshoheitlich bei einer Bundesbehörde liegt), gewonnen, den Bau von AKWs gestoppt und die meisten bestehenden AKWs zurückgebaut. Kalifornien ist in höchstem Masse erdbebengefährdet, da lässt sich keine Endlagerung realisieren. Was nichts daran ändert, dass die Technik zur Endlagerung besteht: aber nicht jeder Ort und nicht jeder Fleck ist dazu geeignet. Genauso wenig, wie sich jeder Platz für ein AKW eignet. An einem erdbebengefährdeten Ort und erst noch an der Meeresküste bespielsweise ist es absoluter Unsinn, wie Fukushima zweifellos zeigte. Hat aber mit dem AKW nichts zu tun, das am richtigen Platz und mit der richtigen Technik sicher betrieben werden kann. Wie die Endlagerung auch.

Avatar
rodolfo3570
30.03.2015
Wie wird der Tesla besteuert? Stimmt es, dass Basel-Stadt den abgasfreien Tesla, betrieben mit Strom aus 100% erneuerbaren Quellen, wie einen Benziner mit riesigem Hubraum besteuert, Solothurn aber gar keine Steuer erhebt?