News 30.01.2014, 09:50 Uhr

Google verkauft Motorola Mobile

Der chinesische IT-Riese Lenovo kauft Google Motorolas Handy-Geschäft ab. Damit steigt das Unternehmen ernsthaft ins Smartphone-Geschäft ein und wird zum IT-Komplettanbieter.
Google verkauft das Handy-Geschäft von Motorola nach weniger als zwei Jahren an den PC-Hersteller Lenovo. Der chinesische Konzern zahlt dafür insgesamt knapp 3 Milliarden Dollar. Google hatte für Motorola Mobility einst 12,5 Milliarden US-Dollar hingeblättert.
Lenovo strebt mit Wucht ins Smartphone-Geschäft und kann die unter anderem in den USA bekannte Marke Motorola gut gebrauchen. Lenovo verkauft seine Smartphones bisher vor allem in China. Schon damit war Lenovo laut dem Marktforscher IDC 2013 die weltweite Nummer 5 im Smartphone-Geschäft mit einem Marktanteil von 4,5 Prozent und 45,5 Millionen Geräten. Motorola verkauft weniger. In diesem Jahr will Lenovo seine Smartphones unter anderem nach Westeuropa bringen.
Nach Einschätzung des Marktforschers Strategy Analytics stösst der chinesische Konzern mit dem Motorola-Kauf auf den dritten Rang im Smartphone-Geschäft mit einem Anteil von rund 6 Prozent vor. Das wäre immer noch ein grosser Abstand zu den beiden führenden Herstellern: Von Samsung kam im vergangenen Jahr rund jedes dritte Smartphone, Apple lag bei etwa 15 Prozent.
Lenovo zahlt für Motorola insgesamt etwa 2,91 Milliarden US-Dollar, wie die Unternehmen am späten Mittwoch mitteilten. In bar sind es allerdings nur 660 Millionen US-Dollar. Hinzu kommen Lenovo-Aktien im Wert von 750 Millionen US-Dollar. Die restlichen 1,5 Milliarden US-Dollar werden über Papiere mit einer Laufzeit von drei Jahren geregelt.
«Wir wollen ein Global Player im Smartphone-Bereich werden», sagte Lenovo-Chef Yang Yuanqing dem Wall Street Journal nach Bekanntgabe des Deals. Im Jahr nach Abschluss der Übernahme wolle Lenovo 100 Millionen Telefone weltweit verkaufen. Die Marke Motorola sei eine «Abkürzung» auf den amerikanischen Markt.

Googles Smartphone-Strategie

Google hatte den Kauf von Motorola 2011 unter anderem mit dem Patentschatz des Mobilfunkpioniers begründet. Jetzt behält der Internetkonzern den Grossteil der Patente. Google werde damit weiterhin das gesamte Android-Ökosystem verteidigen, erklärte Konzernchef Larry Page. Hersteller von Geräten mit dem Google-Betriebssystem Android stehen oft im Visier von Patentklagen von Rivalen wie Apple oder Microsoft. Google geriet mit dem Kauf von Motorola direkt in den weltweiten Patentkrieg der Mobilfunkbranche.
Page begründete den Verkauf damit, dass Motorola im scharfen Wettbewerb in der Branche bei einem reinen Gerätehersteller wie Lenovo besser aufgehoben sei. Google könne sich nun ganz auf Innovationen bei Android konzentrieren.
Unter Googles Regie wurde Motorola grundlegend umgebaut und brachte einige neue Modelle wie das aktuelle Flaggschiff Moto X und das günstigere Moto G heraus. Allerdings verlor die Sparte nach wie vor Geld. Motorola-Chef Dennis Woodside erzählte dennoch von grossen Plänen für Smartphones mit vielen Sensoren. Das Unternehmen richtete eine Fabrik in Texas ein, um die Motorola-Handys zusammenzubauen.
Die Übernahme barg von Anfang an Konfliktpotenzial Google steht hinter dem weltweit dominierenden Smartphone-Betriebssystem Android. Und andere Hersteller von Android-Geräten wie Samsung hätten es nicht toleriert, wenn Motorola bevorzugt behandelt worden wäre.
Nur wenige Stunden vor Bekanntgabe des Deals mit Lenovo berichtete das Technologie-Blog Recode, Google und Smartphone-Primus Samsung hätten sich auf eine engere Zusammenarbeit geeinigt. Unter anderem wolle Samsung eigene Anpassungen des Betriebssystems zurückfahren und stärker auf Google-Dienste setzen. Vor wenigen Tagen schlossen Google und Samsung auch eine Allianz bei Patenten.

Lenovos Einkaufstour

Google hatte das Angebot für Motorola im August 2011 abgegeben und monatelang auf eine Freigabe durch Regulierungsbehörden gewartet. Die Übernahme wurde erst im Mai 2012 abgeschlossen. Motorolas Geschäft mit Set-Top-Boxen verkaufte Google kurz darauf für rund 2,3 Milliarden US-Dollar, den Wert des Patentportfolios hatte der Konzern seinerzeit auf etwa 5,5 Milliarden US-Dollar geschätzt.
Lenovo war in die internationale Liga mit dem Kauf des PC-Geschäfts von IBM 2005 vorgestossen. Sie sind die Nummer 1 in dem Bereich, doch der PC-Markt schrumpft. Vor wenigen Tagen kauften die Chinesen IBM auch Teile des Servergeschäfts für rund 2,3 Milliarden US-Dollar ab. Lenovo soll im vergangenen Jahr bereits am angeschlagenen kanadischen Smartphone-Anbieter BlackBerry interessiert gewesen sein. Allerdings machten kanadische Behörden laut Medienberichten deutlich, dass sie einen solchen Deal nicht genehmigen würden.



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