News 03.10.2013, 11:47 Uhr

Drogen, Auftragskiller und Admin-Rechte

Die US-Bundespolizei FBI hat mit «Silk Road» einen der bislang grössten Onlinedrogenringe ausgehoben und den mutmasslichen Mann hinter dem virtuellen Umschlagplatz dingfest gemacht. Die Anklageschrift liest sich wie ein Krimi.
Auf dem anonymen Marktplatz Silk Road wurden unter anderem auch Drogen verkauft
Diese Woche hat das FBI (Federal Bureau of Investigation) in San Francisco den mutmasslichen Besitzer von «Silk Road» festgenommen, einem Onlineschmarzmarkt für Drogen aller Art. Im Strafantrag des FBI, der als PDF im Web verfügbar ist, wird ein Ross William Ulbricht, der unter anderem auch als «Dread Pirate Roberts», «DPR» oder «Silk Road» in Erscheinung trat, beschuldigt, gleich in mehrerer Hinsicht US-Gesetze gebrochen zu haben. So soll er «über das Internet» Rauschgift (US-Juristenjargon: kontrollierte Substanzen) geliefert, verteilt und abgegeben haben. Namentlich werden Heroin, Kokain, LSD und Methamphetamin genannt, obwohl Silk Road eine Reihe weiterer Drogen verdealte.
Ulbricht wird nicht nur vorgeworfen, die Webseite betrieben zu haben. Er wird auch beschuldigt, einen Auftragskiller angeheuert zu haben, um einen «Silk Road»-User ausser Gefecht zu setzen, der damit gedroht hatte, die Identität Tausender Anwender der «Seidenstrasse» preiszugeben. Laut einem Reporter der Times hat das FBI auch 3,6 Millionen Dollar in Bitcoins, dem Zahlungsmittel der Site, sichergestellt. In dem Bericht wird FBI-Agent Christopher Tarbell mit den Worten zitiert, bei «Silk Road» handle es sich um den «heute ausgeklügelsten und verbreitetsten kriminellen Marktplatz im Internet».

Drogen im Wert von Milliarden

Mehrere Tausend Dealer haben laut FBI die Plattform benutzt, um Hunderte Kilo Drogen an über Hunderttausend Käufer zu verkaufen. Den Schätzungen zufolge wurden über die Seite Substanzen im Wert von 1,2 Milliarden Dollar abgesetzt. Die Site selbst strich dabei 80 Millionen Dollar an Kommission ein. Die Site hatte knapp eine Million Konten, und das FBI zählte zwischen Februar 2011 und diesem Sommer gut 1,2 Millionen Transaktionen.
Neben Drogen wurden weitere «kriminelle Dienstleistungen» über die «Silk Road» abgewickelt, so Hacking-Attacken zwecks Identitätsdiebstahl, Bankomaten-Hacks, Geldfälschung, Kreditkarteninfos, Waffen und Munition sowie Auftragsmörder in zehn Ländern. Anscheinend waren über die Plattform Straftaten so einfach zu beschaffen wie Waren in einem Onlineshop. Um anonym zu bleiben, nutzte «Silk Road» das Tor-Netz.
Laut FBI hatte «Silk Road» zwar mehrere Administratoren. Ulbricht sei aber klar der Strippenzieher des Unternehmens gewesen. Auf die Schliche kam ihm das FBI, als er begann, im Bitcoin-Forum für ein «Start-up-Unternehmen» nach «IT-Profis mit Bitcoin-Erfahrung» zu suchen, und zwecks Kontaktaufnahme seine auf «rossulbricht at gmail dot com» lautende E-Mail-Adresse angab. Diese Unachtsamkeit führte dazu, dass die Polizei seinen LinkedIn-Account und seine echte Wohnadresse ausfindig machen konnte.

Erpressung und Auftragsmord

Im Strafantrag ist zudem detailliert beschrieben, wie Ulbricht einen Auftragskiller engagierte, um einen Erpresser mit dem Anwendernamen «FriendlyChemist» aus Kanada aus dem Weg zu schaffen. Dieser drohte damit, «Silk Road»-User zu verraten, wenn ihm Ulbricht nicht 500'000 Dollar zahle. Daraufhin versuchte Ulbricht, einen Auftragskiller zu finden, der «FriendlyChemist», dessen Wohnort in White Rock in der kanadischen Provinz British Columbia vermutet wurde, unschädlich zu machen. Es wurde sich auf 150'000 Dollar geeinigt, und nach vier Tagen schickte der Mörder ein Bild des Ermordeten als Beweis für die Ausführung seines Auftrags. Allerdings haben Recherchen des FBI bei den kanadischen Kollegen ergeben, dass in White Rock zur fraglichen Zeit kein Tötungsdelikt verzeichnet wurde.
Die Verhaftung von Ulbricht ist übrigens der Höhepunkt einer ganzen Reihe von Massnahmen gegen Onlinedrogenplattformen in den USA. Bereits am 21. September kündigte eine vergleichbare Site namens Atlantis an, dichtzumachen - vermutlich, weil die Luft zu dünn wurde.



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