News 05.10.2012, 07:49 Uhr

Schweiz: Rechtsstreit um Replay-TV

Wer eine Fernsehsendung verpasst hat, kann diese am nächsten Tag abspielen, ohne dass er die spezifische Sendung aufgezeichnet hat. Möglich machen dies Anbieter von digitalem Fernsehen. Dagegen wehrt sich nun aber die Filmindustrie in den USA.
Die Replay-Funktion, die das zeitversetzte Fernsehen ermöglicht, könnte auf Druck der US-Filmproduzenten verboten werden. Fest steht, dass sich die Verwertungsgesellschaften und die Urheberrechtsnutzer - die Anbieter von digitalem Fernsehen - nicht auf eine Regelung einigen konnten.
Verhandlungen gescheitert
Beide Seiten bestätigten am Donnerstag einen Artikel der Berner Zeitung. «Die Verhandlungen sind gescheitert», sagte Swisscom-Sprecher Sepp Huber auf Anfrage. «Die Tarifverhandlungen finden nun vor der Eidgenössischen Schiedsgerichtskommission Fortsetzung.»
Wie die Anbieter von digitalem Fernsehen die Urheberrechte an den gesendeten Inhalten abgelten müssen, wird in einem Vertrag geregelt, der Ende Jahr ausläuft. Im neuen Vertrag hätte auch die Abgeltung der Replay-Funktion geregelt werden sollen. Nun enthält der Vertrag, den die Schiedsgerichtskommission genehmigen muss, keine entsprechende Klausel.
Konkurrenz zu Videotheken
Die Verwertungsgesellschaften wären zu einer Regelung bereit gewesen, sagt Dieter Meier, der Geschäftsführer von Suissimage. «Wir standen kurz vor einer Lösung.» Demnach wären Rahmenbedingungen für das zeitversetzte Fernsehen festgelegt worden, mit einem Abgeltungstarif für maximal 28 Stunden und einem für maximal 7 Tage zeitversetztes Fernsehen.
Den Schweizer Produzenten hätte dies genügt. Sie setzen sich laut Meier vor allem für eine zeitliche Begrenzung und spezielle Abgeltung des zeitversetzten Fernsehens ein, da die Replay-Funktion ansonsten Videotheken oder das «On Demand»-Fernsehen konkurriert, deren Angebote speziell abgegolten werden.
US-Produzenten intervenieren
Die US-Filmproduzenten wehrten sich aber: Die Motion Picture Associaton (MPA), welche die US-Unterhaltungsindustrie vertritt, hält die Replay-Funktion generell für unzulässig. Weil es sich um eine grosse Gruppierung von Urhebern handle, hätten die Verwertungsgesellschaften deren Interessen berücksichtigen müssen, sagt Meier.
Die rechtliche Situation ohne explizite Regelung der Replay-Funktion ist umstritten. Die Verwertungsgesellschaften argumentieren, das Speichern von Inhalten auf der Festplatte im Wohnzimmer sei grundsätzlich etwas anderes als das «Speichern» beim Anbieter. Die Anbieter von digitalem Fernsehen stellen sich auf den Standpunkt, dass die Replay-Funktion zulässig und abgegolten ist.
Musterprozess möglich
Die Swisscom plant denn auch nicht, das zeitversetzte Fernsehen im kommenden Jahr abzuschaffen, wie Sprecher Sepp Huber auf Anfrage sagte. Zunächst setzt die Swisscom nun auf die Eidgenössische Schiedsgerichtskommission.
Swisscable, der Dachverband der Kabelnetzbetreiber, behält sich rechtliche Schritte gegen deren Entscheid vor. Möglich ist auch, dass das zeitversetzte Fernsehen fortgeführt wird, bis die US-Filmproduzenten klagen. Dann käme es zu einem Musterprozess.
Grosses Kundeninteresse
Für die Swisscom, die zeitversetztes Fernsehen bis zu 30 Stunden für gewisse Sender anbietet, ist Replay eine wichtige Funktion. Über 100'000 Kunden machen laut Huber davon Gebrauch, also jeder siebte Kunde von Swisscom TV.
«Wir sind überzeugt von der Rechtmässigkeit der Funktion und möchten diese unseren Kunden weiterhin anbieten», sagt Huber. Ein Verbot würde die technische Entwicklung unterbinden. Angeboten wird die Replay-Funktion auch von Sunrise TV sowie Verte des Kabelnetzverbundes Quickline. Bei Cablecom ist sie derzeit nicht erhältlich.



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