Tests 11.05.2016, 09:55 Uhr

Test: Fujifilm X-Pro2

Vier Jahre war der Nachfolger der X-Pro1 in der Entwicklung. Kaum ein Stein blieb auf dem anderen.
Der erste spontane Eindruck: «Meine Güte, bist du gross geworden!» Dabei ist die Kamera nur wenige Millimeter grösser als ihre Vorgängerin, die X-Pro1 (Test). Doch die Wahrnehmung ist heutzutage eine andere: Spiegellose Systemkameras werden gemeinhin mit einem kleinen Gehäuse assoziiert. Das gilt sowohl für das Schwestermodell Fujifilm X-E2 (Test) als auch für moderne Kampfzwerge wie zum Beispiel die Olympus E-M10 (Test).
Die X-Pro2 macht also auch Fotografen glücklich, die mit Händen wie Bratpfannen gesegnet sind. Die üppig dimensionierten Bedienelemente tun ihr Übriges, um der Kamera auf den ersten Blick eine hohe Alltagstauglichkeit zu attestieren. Wir werden immer wieder auf die ergonomischen Gesichtspunkte zu sprechen kommen.
Getestet wurde die APS-C-Kamera mit der Festbrennweite 35 Millimeter (ƒ/2.0). Auf Kleinbild umgerechnet beträgt die Brennweite also 52 Millimeter. Genau wie die Kamera ist auch das Objektiv wetterfest und somit gegen Sand, Staub und Regen geschützt.
Ein Hoch auf die Werte der Fotografie: Fujifilm X-Pro2
Quelle: PCtipp

Der Sucher

Beginnen wir mit dem auffälligsten Merkmal, dem Sucher: Er ist bis heute eine Fujifilm-Exklusivität und kommt auch in der aktuellen X100T (Test) zum Einsatz. Seine hybride Arbeitsweise ermöglicht drei Darstellungsformen:
Der hybride Sucher zählt zu den Alleinstellungsmerkmalen
Quelle: PCtipp
Digital. Der Sucher arbeitet auf Wunsch digital, so wie man es heute von allen spiegellosen Systemkameras kennt – sofern sie überhaupt mit einem Sucher ausgestattet sind. Die hohe Auflösung mit 2,36 Mio. Bildpunkten verbessert nicht nur die Bilddarstellung, sondern liefert auch gestochen scharfe Anzeigen. Die Wiederholrate liegt bei hohen 85 fps, was Schlieren in der Darstellung fast vollständig eliminiert.
Analog/hybrid. Wird der Fronthebel unter dem Mittelfinger umgelegt, schaltet die Kamera vom digitalen zum optischen Sucher um. Jetzt blickt der Fotograf einfach durch eine Stück Glas. Alte Schule vom Feinsten. Gleichzeitig werden die digitalen Informationen zur Blende, der Verschlusszeit und mehr in das Sichtfeld gespiegelt. So bietet die X-Pro2 das Beste aus beiden Welten. Nachteil dieser Darstellung: Man macht sich in der Öffentlichkeit leicht zum Affen, weil das Bild im Sucher sichtbar ist, obwohl auf dem Objektiv der Deckel pappt. Das musste ich am eigenen Leib erfahren. Zweimal, um genau zu sein.
Duale Anzeige. Der Sucher arbeitet analog, während in der Ecke eine digitale Vergrösserung der angepeilten Stelle eingeblendet wird – bei der manuellen Fokussierung sogar mit Hilfen wie Focus-Peaking.
Das analoge Sucherbild wird durch eine digitale Vergrösserung in der rechten unteren Ecke ergänzt
Quelle: Fujifilm
Praxisnutzen. Der hybride Sucher gehört nicht nur zu den Alleinstellungsmerkmalen der X-Serie, sondern auch zu den meistgelobten Eigenschaften. Ich habe mich jedoch dabei ertappt, dass ich praktisch ausschliesslich den digitalen Sucher verwende. Der hybride Sucher ergibt bei der kleinen X100T mit ihrer Festbrennweite einen perfekten Sinn, weil er in den meisten Situationen ziemlich genau dasselbe Bild zeigt wie der digitale Sucher. Wenn im grellsten Sonnenlicht im digitalen Sucher nicht mehr viel zu erkennen ist, wird einfach der Hebel umgelegt – und schon erhellen sich Sucher und Fotografengemüt.
Bei der X-Pro2 mit ihren Wechselobjektiven und Zooms ist die Situation eine gänzlich andere. Der eingeblendete Rahmen zeigt bei Fujinon-Objektiven den aktuellen Ausschnitt, wobei der Rahmen mit zunehmender Brennweite immer kleiner wird. Für Fremdobjektive lassen sich mehrere Ausschnitte einblenden, die für die verschiedenen Brennweiten stehen. Das führt zu einem ziemlichen Gewusel im optischen Sucher. Ausserdem wird das Sucherbild bereits mit dem kompakten Zoom 18-55 Millimeter zu einem guten Teil verdeckt.
Natürlich variieren die Vorlieben, aber mir fällt es schwer, im hybriden Sucher den grossen Mehrwert zu erkennen. Wenn Sie sich jedoch schon immer eine Sucherkamera gewünscht haben und vorzugsweise mit Festbrennweiten irgendwo zwischen ca. 35 Millimeter und 100 Millimeter (KB) operieren, dann werden Sie mit der X-Pro2 aufs Beste bedient, weil Sie sich alle – wirklich alle – Optionen für die Darstellung offenhalten.
Anpassungsfähigkeit. Die Anzeigen im Sucher sind vom Feinsten. Sie lassen sich nicht nur bis ins letzte Detail anpassen, sondern drehen sich um 90 Grad, wenn die Kamera im Hochformat gehalten wird.
Dioptrienkorrektur. Sie ist nicht nur leicht erreichbar an der Stirnseite angebracht, sondern sogar mit einer Markierung versehen! Da kommen bei Brillenträgern fast schon weihnachtliche Gefühle auf.
Eine bessere Dioptrienkorrektur haben wir noch nicht gesehen
Quelle: PCtipp

Display

Die Darstellung am Display ist genauso flexibel wie der Sucher – und damit hätten sich die Vorzüge auch schon erschöpft. Bei einer solchen Kamera könnten die meisten von uns wohl mit Grossmut darüber hinwegsehen, dass es sich nicht um ein Touch-Display handelt. Dass es sich jedoch nicht kippen lässt, ist unverzeihlich. Die X-Pro2 wird Sie an diese schwere Unterlassungssünde erinnern, wenn Sie auf Stühle klettern und bäuchlings am Boden liegen, um mit verdrehten Augen einen Blick auf das Display zu erhaschen – und zwar jedes einzelne Mal.
Dass sich das Display nicht neigen lässt, ist nur schwer zu schlucken
Quelle: PCtipp

Blitz

Die X-Pro2 muss ohne Aufhellblitz auskommen, ist aber mit einem Blitzschuh ausgerüstet.

Mechanische Bedienelemente

Fujifilm hat das Retro-Design bei den modernen Kameras erst richtig populär gemacht. Doch die mechanischen Bedienelemente sind nicht Selbstzweck, sondern führen zu einer hervorragenden Ergonomie, fernab der verschachtelten Menüs.
Die aufgeräumte Oberseite: Ein eingebauter Blitz fehlt indes
Quelle: PCtipp
Blendenring. Der mechanische Blendenring fühlt sich nicht nur hervorragend an, sondern ist mit den Blendenwerten beschriftet. So wird die aktuelle Blende noch vor dem Einschalten der Kamera geklärt.
53 Millimeter (KB), beschrifteter Blendenring, hervorragende Schärfe: Dieses Objektiv macht Freude
Quelle: PCtipp
Verschlusszeiten. Das Rad für die Verschlusszeiten ist griffig, kann jedoch nur mit einem Druck auf den Knopf aus der Stellung «A» bewegt werden. Diese Sicherung hätten wir lieber an der Belichtungskorrektur gesehen, die für ein versehentliches Verstellen etwas anfälliger ist.
Verschlusszeit, ISO und Belichtungskorrektur an einem Ort
Quelle: PCtipp
Belichtungskorrektur. Das Belichtungsrad erlaubt Korrekturen von ±3 Blenden. Wird das Rad in die Position «C» gedreht, lässt sich der Wert über das Einstellrad auf der Vorderseite auf ±5 Blenden erhöhen.
ISO-Wert. Dieses Bedienelement wird in den Foren kontrovers diskutiert. Um die Empfindlichkeit zu ändern, muss das Rad für die Verschlusszeiten leicht angehoben werden. Einen Menübefehl gibt es nicht, mit einer Ausnahme: In der Stellung «A» ist die ISO-Automatik wirksam, die sich in drei Ausführungen konfigurieren und in den Menüs abrufen lässt. Tatsächlich ist der Sensor der X-Pro2 so gut (dazu später mehr), dass die ISO-Automatik in den meisten Situationen aktiviert bleiben kann – und dann erübrigt sich das Einstellrad sowieso.
Kartenschacht. Die X-Pro2 ist mit zwei SD-Kartenschächten ausgestattet. Im ersten Schacht wird vorzugsweise eine schnelle UHS-II-Karte eingelegt, da der zweite Schacht nur UHS-I unterstützt. In den Menüs wird die Handhabung definiert: Bei sequenziell wird der gemeinsame freie Speicher verwendet. In der Einstellung Sicherung schreibt die Kamera jedes Bild auf beide Karten. Und mit RAW/JPEG werden die RAW-Dateien im schnellen ersten Slot abgelegt, während die JPEGs auf der zweiten Karte landen.
Zwei Kartenschächte? Her damit!
Quelle: PCtipp
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