News 26.11.2013, 10:25 Uhr

Facebook-Einträge laut Gericht öffentlich

Das Zürcher Obergericht hat einen ehemaligen Maturanden für einen drohenden Facebook-Eintrag verurteilt. Mit dem Entscheid könnten Facebook-Einträge künftig generell als öffentlich gelten.
Das Zürcher Obergericht sieht Facebook-Einträge als öffentlich an
Ein ehemaliger Maturand hatte sich auf Facebook über einen Mangel an Glückwünschen zu seinem 22. Geburtstag beklagt. In dem Eintrag bedrohte er seine Mitschüler und Lehrer:
«Freut sich heute niemand, dass ich geboren worden bin. Ich schwöre, ich zahle es euch allen zurück!!! Es ist nicht eine Frage der Höflichkeit, sondern von Respekt und Ehre. Ich vernichte euch alle, ihr werdet es bereuen, dass ihr mir nicht in den Hintern gekrochen seid, denn jetzt kann euch niemand mehr schützen … Pow!!!! Pow!!!! Pow!!!!»
Der ursprünglich in Mundart verfasste Text wurde dem 22-Jährigen zum Verhängnis. Eine Mitschülerin sah den Post und leitete ihn an einen Lehrer weiter. Dieser kontaktierte sogleich den Maturanden. Als er diesen nicht erreichen konnte, wandte der Lehrer sich an die Polizei. Nur 24 Stunden, nachdem der Eintrag veröffentlicht wurde, sass der Gymnasiast in Untersuchungshaft. Dort verbrachte er drei Wochen.

Schreckung der Bevölkerung

«Schreckung der Bevölkerung» wurde dem 22-Jährigen vorgeworfen. Der Strafgesetzbuchartikel 258 dazu lautet: «Wer die Bevölkerung durch Androhen oder Vorspiegeln einer Gefahr für Leib, Leben oder Eigentum in Schrecken versetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.»
Bereits im Winter 2012 wurde der junge Zürcher vom Bezirksgericht zu 45 Tagessätzen à 10 Franken verurteilt. Das wollte er nicht auf sich sitzen lassen und zog den Fall weiter vor das Obergericht. «Ich kann nicht akzeptieren, dass man so über mich urteilt. Ich bin unschuldig», sagte er vor dem Obergericht. Der Maturand beteuerte, seine Aussagen nur als Witz gemeint zu haben. Er habe den Text absichtlich dramatisch aufgebaut, um Aufmerksamkeit zu erhalten. «Ich habe mir ein verdammt schlechtes Beispiel ausgesucht», so der 22-Jährige.

Facebook-Freunde sind öffentlich

Der Verteidiger des Maturanden forderte den Freispruch, mit der Begründung, der Post sei nur an die Freundesliste des 22-Jährigen, nicht aber an die Bevölkerung gerichtet gewesen. In seinem Freundeskreis sei sein Sarkasmus bekannt. So habe er auch nicht in Kauf genommen, dass jemand durch den Eintrag Angst bekommen könnte.
Das sah das Obergericht anders und bestätigte das Urteil des Bezirksgerichts. Die Geldstrafe von 45 Tagessätzen wurde ebenfalls bestätigt, 24 davon jedoch auf Bewährung gesetzt. Laut dem Obergericht sei der Wortlaut des Eintrags «klar und unmissverständlich» gewesen. Es habe keinerlei Hinweise auf einen Scherz gegeben.
Ausserdem sei der Eintrag öffentlich gewesen. Die Beschränkung auf seine 290 Facebook-Freunde liess das Obergericht nicht gelten. Als öffentlich gelte alles, was nicht im privaten Rahmen erfolge. Dieser wird durch Familie, enge Freunde und persönliche Beziehungen mit besonderem Vertrauen definiert. Bei Facebook-Freundschaften sei das nicht der Fall. Der Maturand habe zudem in Kauf genommen, dass der Eintrag über Facebook weiterverbreitet würde. Mit der Weiterleitung an seinen Lehrer geschah dies sogar.

Ein teurer Scherz

Auch wenn der Text «in emotionaler Erregung verfasst» wurde, sei er objektiv geeignet, Schrecken zu verbreiten. Das Obergericht räumte zwar ein, dass der Maturand wohl kaum das Geschriebene in die Tat umsetzen wollte, vermerkte dazu aber: «Auch der üble Maulheld macht sich strafbar.»
Für den jungen Mann kommt mittlerweile eine stattliche Rechnung zusammen. Der angebliche Witz kostet den 22-Jährigen mehrere Tausend Franken. Die Kosten des Verfahrens alleine betragen rund 20'000 Franken, ohne den Verteidiger. Der Zürcher könnte den Fall weiter vor das Bundesgericht ziehen. Das wäre aus juristischer Sicht interessant, da es in der Schweiz noch kein Urteil der höchsten Instanz zum Thema gibt.



Kommentare
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Pagnol
26.11.2013
Wenn du im Kreise deiner dir persönlich bekannten Freunde den grossen Krieg ausrufst, dann ist das privat. Nun kommt aber noch ein praktisch unbekannter vorbei und fragt dich "darf ich mithören?" und du antwortest "na klar doch!", dann hast du damit Öffentlichkeit geschaffen. Genauso läufts doch auf Facebook.