Tests 27.08.2015, 08:30 Uhr

Test: Fujifilm X-T10

Eine brandneue Systemkamera der Oberklasse – aber mit grau melierten Schläfen.
Fujifilm baut sein Sortiment an hochwertigen, spiegellosen Systemkameras kontinuierlich aus. Der neuste Spross hört auf die Bezeichnung X-T10. Die Kamera schiebt sich damit zwischen das aktuelle Spitzenmodell X-T1 (Test) und die kompakte X-E2 (Test).
«Nimm mich!»
Quelle: PCtipp
Das Gehäuse und die Anmutung orientieren sich an der grösseren X-T1. Mit einem aktuellen Preis von ca. 1350 Franken (inkl. Kit-Zoom) ist sie allerdings nicht jedermanns Sache. Die X-T1 mit demselben Zoom gibt es hingegen für knapp 1000 Franken. Vergleiche zur X-T1 sollen hier nicht zu viel Raum einnehmen, doch so viel sei verraten: Die Gemeinsamkeiten zwischen den Kameras sind zahlreich, die Unterschiede eher marginal. So ist die X-T10 nicht wetterfest, und ausserdem fehlt ihr ein mechanisches Einstellrad für die ISO-Werte. Der Handgriff ist schwächer ausgeprägt und deshalb nicht ganz so anschmiegsam.
Die X-T10 wirkt wie der Zwilling der X-T1
Quelle: camerasize.com
Hingegen teilen sich beide Modelle dasselbe Kit-Zoom, exakt denselben Sensor, dieselbe Bauform, nahezu alle technischen Eigenschaften sowie die Software. Das bedeutet auch, dass die Bildqualität identisch ist. Wenn Sie die subtilen Unterschiede zwischen den beiden Modellen suchen, sei Ihnen dieses Video des Fotografen Damien Lovegrove empfohlen (englisch):

Erscheinungsbild

Die X-T10 orientiert sich natürlich an der Retro-Anmutung, mit der es die Xer-Serie von Fujifilm zu Ruhm gebracht hat. Das erfreut nicht nur den Hipster; stattdessen sind die mechanischen Bedienelemente einfach eine Freude und jedem noch so durchdachten Menü überlegen. Die wichtigsten drei Einstellungen – Verschlusszeit, Blende, Belichtungskorrektur – sind komplett mechanisch zu bedienen. Auf der rechten Oberseite kommen ausserdem das Moduswählrad und die Entsperrung für den Blitz dazu.
Viel Mechanik, viel Spass: die Bedienelemente der X-T10
Quelle: PCtipp
Völlig nostalgisch wirkt auch der Anschluss für den mechanischen Fernauslöser, falls Sie so einen noch herumliegen haben:
Mehr Retro geht kaum: Kabelfernauslöser an der X-T10
Quelle: PCtipp
Und wenn nicht, nutzen Sie das Gewinde für einen dieser dekorativen Softreleases, die Sie auf eBay in allen Farben und Formen finden. Das sieht nicht nur schick aus, sondern verbessert tatsächlich die Handhabung. Diese Aufsätze haben übrigens alle dieselben Gewinde, sodass es keine Probleme mit der Kompatibilität gibt:
Ein Softrelease verbessert die Ergonomie
Quelle: PCtipp

Display und Sucher

Das Display lässt sich um 45 Grad nach hinten und um 90 Grad nach vorn kippen. Damit sind keine Selfies möglich, aber die Bedienung in Bodenhöhe wird massiv vereinfacht. Die Auflösung liegt bei rund 920'000 Pixeln, die Touch-Unterstützung fehlt jedoch gänzlich.
Das Klappdisplay erleichtert den Umgang enorm
Quelle: PCtipp
Der grosse OLED-Sucher ist eine Augenweide. Mit einer Auflösung von 2,36 Mpx bietet er eine hervorragende Schärfe. Als Brillenträger lässt sich das komplette Sucherbild gerade noch überblicken, ansonsten befindet sich links davon die Dioptrienkorrektur.
Der grosse Sucher, links davon die Dioptrienkorrektur
Quelle: PCtipp
Welche Informationen im Sucher angezeigt werden sollen, lässt sich im Menü detailliert festlegen. Ausserdem drehen sich die Anzeigen automatisch, wenn die Kamera im Hochformat gehalten wird. Bei der manuellen Fokussierung wird automatisch der Ausschnitt vergrössert, unterstützt von Fokus-Peaking oder einem digitalen Schnittbild.

Blitz

Der integrierte Blitz wird auf Knopfdruck entriegelt. Er eignet sich natürlich als Aufhellblitz, kann aber auch als Commander eine grosse Blitzanlage steuern. Darüber hinaus bietet die X-T10 einen Blitzschuh für Aufsteckmodelle. Fujifilm selbst bietet mehrere Systemblitze an; allerdings haben es die Japaner bis heute versäumt, ein eigenes drahtloses Blitzsystem aufzubauen, das den Konkurrenten Nikon und Canon auch nur ansatzweise das Wasser reichen könnte.
Hellt auf und steuert: der Klappblitz
Quelle: PCtipp

Der Sensor

Für eher gemischte Gefühle sorgt der X-Trans-II-Sensor. Er gehört eigentlich zum Besten, was man heute in der APS-C-Klasse kaufen kann. Diese Fujifilm-Entwicklung unterscheidet sich von herkömmlichen Sensoren durch ihre eigenwillige Farbfilteranordnung, eingeteilt in 6 × 6 Pixel grosse Einheiten:
Das eigenwillige Sensor-Layout (rechts) sorgt nicht nur für Sonnenschein
Quelle: Fujifilm
Dadurch sind in jeder Reihe des Sensors alle RGB-Farbinformationen enthalten, was zu einer deutlich verbesserten Farbwiedergabe führt. Die 6×6-Matrix orientiert sich am zufälligen Korn der analogen Filme. Diese pseudo-unregelmässige Anordnung verhindert die Bildung von Moirés bei geometrischen Mustern, wie man sie zum Beispiel bei Kleidungsstücken findet. Deshalb konnten die Ingenieure bei Fujifilm auf einen vorgeschalteten Tiefpassfilter verzichten, der durch eine leichte Unschärfe solche Interferenzen reduziert. Als direkte Folge sind knackigere Bilder möglich.
So weit, so gut. Allerdings stellt der Sensor deutlich höhere Anforderungen an die RAW-Konvertierung. So werden heute in den Diskussionsforen immer wieder Stimmen laut, die auf die mangelhafte Umsetzung in Adobe Lightroom hinweisen. Andere Software-Grössen wie DxO unterstützen den X-Trans-II-Sensor überhaupt nicht. Zugegeben, das Thema wird definitiv überbewertet und ist in der Praxis eher zu vernachlässigen –, aber die ständige Erinnerung daran gleicht einer juckenden Stelle am Rücken, an der man sich nicht kratzen kann.
Die Auflösung des Sensors beträgt 16 Mpx. Das geht absolut in Ordnung. Wie wir noch sehen werden, liefert die X-T10 nicht nur hervorragende JPEG-Bilder, sondern überzeugt auch bei schwachem Licht auf der ganzen Linie. Trotzdem hinkt diese feine Kamera mit ihrer Auflösung zunehmend der Konkurrenz hinterher. Eine weitere Schwachstelle zeigt sich beim RAW-Format. Dieses wird nur bis 6400 ISO unterstützt; alles, was darüber hinausgeht, muss in JPEG aufgenommen werden.

Das Objektiv

Überhaupt nichts zu meckern gibt es am Kit-Zoom, das zum Lieferumfang gehört. Es zählt definitiv zu den besten seiner Art und gehört eigentlich gar nicht in die oft verschmähte Kategorie «Kit». Stattdessen überzeugt es mit einer makellosen Verarbeitung, einem angenehmen Gewicht und dem mechanischen Blendenring.
Das Kit-Objektiv ist ein würdiger Einstieg in die Xer-Serie
Quelle: PCtipp
Die Brennweite von 24 mm bis 85 mm (KB) deckt den wichtigsten Bereich ab und gefällt vor allem durch den ausgeprägten Weitwinkel. Die Lichtstärke von ƒ/2.8 bis ƒ/4 gehört zum Mittelfeld. Mit an Bord ist ein optischer Bildstabilisator, der ganze Arbeit leistet. Hier eine Freihandaufnahme in der Telestellung 85 mm, aufgenommen mit 1/8 Sekunde:
Übersicht
Quelle: PCtipp
Und hier die Ausschnitte mit und ohne Stabilisator:
Tolle Leistung: 1/8 Sekunde bei maximaler Telebrennweite
Damit hätten wir die technischen Aspekte zusammen. Doch die Ergonomie spielt bei der X-T10 eine mindestens genauso grosse Rolle.
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