Tests 03.01.2013, 09:38 Uhr

App-Test: SBB.Connect

Seit wenigen Tagen ist die App SBB.Connect verfügbar. Trotz kleinen Kinderkrankheiten nutzen Pendlerinnen und Pendler das Angebot fleissig.
Wer ist eigentlich die hübsche Blonde im Abteil gegenüber? Oder wie heisst bloss der knackige junge Mann vis-à-vis? Diese und weitere Fragen will ab sofort die kostenlose App der Schweizerischen Bundesbahnen SBB.Connect beantworten. Sie zeigt, wer sich gleichzeitig am Abfahrts- und Zielbahnhof befindet sowie in den gleichen Zug ein- oder unterwegs zusteigt.
Das Prinzip ist ganz einfach: Beim ersten Start verknüpft man den eigenen Facebook- bzw. Twitter-Account mit der App und schon kanns losgehen. Sie zeigt im Reiter «Connect» den nächstgelegenen Bahnhof und die kürzlich abfahrenden Züge, Busse, Trams etc. Kurz, nachdem die gewünschte Verbindung und das Reiseziel ausgewählt sind, können ÖV-Nutzer auf dieser Fahrt «einchecken».
Einchecken und losfahren
Sofern sich andere Personen mit SBB.Connect auf dem Telefon in der Nähe befinden, werden diese auf dem Bildschirm angezeigt. Zu sehen ist entweder der Nutzername von Twitter oder der Facebook-Vorname plus Initial des Nachnamens sowie das jeweilige Nutzerfoto – wobei Facebook von der App prioritär behandelt wird, sofern Nutzer beide Accounts verknüpfen. Eine Wahlmöglichkeit gibts nicht.
Der Zug fährt los. An den Haltestellen werden Zusteiger gezeigt. Diese können (wie alle anderen eingeblendeten Personen) über das rote Nachrichtensymbol kontaktiert werden. Zumindest theoretisch. Selbst nach dem kürzlich veröffentlichten Update werden Nachrichten nur mit enormer Verspätung zugestellt. Darüber hinaus verschickt der Dienst pro Nachricht gefühlte 800 Push-Meldungen. Immerhin lässt sich so der Inhalt lesen. Aber das kann nicht Sinn der Sache sein.
Durch Zugfahren Badges verdienen und Bürgermeister werden versüsst das Pendeln
Anhand der integrierten Fahrplandaten zeigt die App die Position des Verkehrsmittels. Leider nutzt sie nicht die aktuelle Position des Smartphones. Das bedeutet, dass bei verspäteter Ankunft bereits mehrere Kilometer vor dem eigentlichen Ziel automatisch ausgecheckt wird. Halb so schlimm, aber das Umgekehrte gilt auch fürs Einsteigen: Kommt der Bus verspätet an, verpassen Nutzer womöglich ein Check-In. Ärgerlich.
Wieso ärgerlich? Ganz einfach: Für jede zurückgelegte Strecke gibts Punkte aufs persönliche Konto. Spezielle Zielankünfte wie zum Beispiel Kantonshauptstädte oder häufig benutzte Verkehrsmittel werden zudem mit sogenannten Badges belohnt. Und nicht zuletzt wird der Nutzer mit den häufigsten Check-Ins an einem Bahnhof mit dem Status «Mayor» (dt. Bürgermeister) belohnt. Und wer will schon nicht ohne diese lästigen Wahlen durchs Volk Bürgermeister seines Wohnorts werden? Eben.
Privatsphäre bleibt gewährleistet
Die Fragen aller Fragen bleiben dennoch die zur Privatsphäre: Ist alles öffentlich? Kann jeder sehen, wo ich mich gerade aufhalte und welchen Zug ich nehme? Die Antwort lautet: standardmässig ja. Aber im Reiter «Mehr» lässt sich die eigene Position wahlweise nur Freunden zeigen oder ganz verbergen. Sogar bei Letzterem bleibt die App nützlich: Sie zeigt Statistiken zur eigenen ÖV-Nutzung und informiert, wie viele Kilometer insgesamt und diese Woche zurückgelegt wurden.
Fazit: Dass SBB.Connect einen Twitter- oder Facebook-Account voraussetzt, ist nur auf den ersten Blick lästig. Die Registrierung auf diesem Weg ist simpel, sie funktioniert und emöglicht den SBB, auf die Schnelle eine grosse Nutzerbasis aufzubauen. Dass das gelingt, zeigt die Beliebtheit der App mit einer derzeitigen Top-10-Platzierung im App-Store von Apple. Weniger gut funktioniert leider das Verschicken bzw. Empfangen von Nachrichten. Zudem sind die unzähligen Push-Nachrichten ärgerlich. Immerhin hat das Team von SBB.Connect versprochen, diese Probleme zu schnell wie möglich zu beheben. Aber abgesehen von diesen Kinderkrankheiten macht die App grossen Spass und wird vielen Pendlerinnen und Pendlern den Weg zur Arbeit und zurück versüssen.
Update 3. Januar 2013: Die Kinderkrankheiten wurden grösstenteils beseitigt. Das Verschicken von Nachrichten klappt seit dem Software-Update problemlos.

Testergebnis

Persönliche Statistiken, Badges und Mayorships, Freundeslisten
Nachrichten-Bug, Check-Out nach Fahrplan

Details:  App für Apple iOS und Android

Preis:  Gratis

Infos: 
www.sbb.ch/fahrplan/mobile-fahrplaene/mobile-apps/sbb-connect.html

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Autor(in) Reto Vogt



Kommentare
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Reto Vogt
12.12.2012
Es ist doch legitim, seine Geschäftsfelder zu erweitern. Die Post verkauft auch Müllsäcke, Schläckschtängle und Smartphones. Bei der Swisscom kannst du heute Fernsehen, IT-Dienstleistungen kaufen oder einen Exchange-Server mieten und nicht mehr nur telefonieren. Solange einem nix aufgezwungen wird, find ich das überhaupt kein Problem.

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Wotan
12.12.2012
@Reto Vogt, ich teile die Meinung von Schorschl, solange die SBB defizitär ist, sind solche Extravaganzen sicher nicht im Sinne des Steuerzahlers. Der Vergleich vor allem mit Swisscom hinkt deutlich, da die diese Firma schon längst kein Staatsbetrieb mehr ist und sich über den freien Markt definieren muss. Die Post ist mir ihren Müllsäcken &Co ein reines Ärgernis und sollte sich auch auf seine Kernthemen konzentrieren, aber im Gegensatz zur SBB muss sich auch die Post mit Konkurenz herumchlagen. Die SBB ist aber ein Monopolist auf fast allen Strecken. Da darf der Steuerzahler sicher etwas kritischer sein.