News 07.09.2001, 12:15 Uhr

Faszination Mensch und Computer

Immer mehr Forscher und Phantasten sehen in Zukunft eine Verbindung zwischen Mensch und Computer: Das Spektrum zwischen reiner Phantasie und konkreten Projekten ist gross.
Die Verbindung aus Mensch und Computer wird sowohl von seriösen Forschern wie auch von euphorischen Träumern medienwirksam entwickelt, beschrieben und sogar gelebt. Neuroinformatiker wollen damit Krankheiten bekämpfen, Gedanken und Wissen konservieren oder ganz einfach den Alltag erleichtern.
Bekannter Exot in dieser Szene ist der britische Professor Kevin Warwick, der sich Mitte 1998 einen Chip in den Körper einpflanzen liess (Bild 1). Dank diesem Chip konnte sein Standort von einem Computer überwacht werden. Wenn der Professor einen Raum betrat, konnte damit automatisch das Licht eingeschaltet, die Raumtemperatur angepasst oder ein Computer gesteuert werden. Warum der Chip dafür in den Körper verpflanzt werden muss - er könnte ja eigentlich auch in der Hosentasche versorgt werden, lässt der Forscher offen.
Das Warwick-Projekt "Cyborg" wird unter dem Namen "Cyborg 2" im November in eine neue Runde gehen, wie Warwick heute mitteilte. Dabei wird er sich einen neuen Chip einpflanzen lassen, der mit den Nerven verbunden wird: Die Nervensignale werden sodann an einen Computer übertragen. Falls das Experiment erfolgreich ist, wird er seiner Frau ebenfalls einen Chip einpflanzen und versuchen, Gedanken und Emotionen zu übertragen. Wie das im Detail funktionieren soll, wird auf Warwicks Site [1] nicht erläutert.
Nicht für die Verbesserung des alltäglichen Komforts, sondern für die Heilung von Nervenkrankheiten wie Parkinson will der Neuroinformatiker Peter Cochrane Computertechnologie einsetzen. Nach ihm sollen elektronische Schaltkreise Fehlfunktionen im menschlichen Hirn korrigieren. Doch auch hier gehen die Vorstellungen nicht viel weiter, als dass die Elektronik irgendwie ins Gehirn eingepflanzt werden muss.
Der Tübinger Valentin Landenberg versuchte die Verbindung zwischen Mensch und Computer auf dem TV-Sender 3Sat sehr konkret zu beschreiben: "Die Mensch-Maschine als Kombination, ein Mensch also, der durch eine Maschine sein Können und vieles vermehrt, die gibt es ja schon längst! Der Umgang des Menschen mit dem Computer ist genau das." Und wo findet die Verbindung statt und wo sieht er Mensch und Maschine miteinander verwachsen? Über die herkömmliche Tastatur!
[2]Seriöser sieht die Arbeit der beiden Forscher Günther Zeck und Peter Fromherz aus . Die beiden haben es erst kürzlich geschafft, Nervenzellen mit einem Chip zu verknüpfen (Bild 2).
Für das Experiment verwendeten die Forscher Nervenzellen von einer Schnecke, die sie auf einen Silikon-Chip verpflanzten. Die Zellen wuchsen in der Folge mit dem Chip zusammen und bildeten ein Netzwerk. Durch dieses konnten Zeck und Fromherz Signale senden und empfangen.
Dieses Experiment ist wegweisend, weil es erstmals gelungen ist, mehrere Zellen mit einem Chip zu verbinden. Die Forscher sind aber realistisch genug, um nicht gleich über-euphorisch zu werden. Fromherz erklärte: "Die Zellen auf dem Chip tun nichts Schlaues."
Der Stand der Dinge ist also eher ernüchternd. Während Träumer schon damit rechnen, sich bald in einen Cyborg zu verwandeln (Warwick) und andere sich schon als Cyborgs sehen (Landenberg) besteht die Realität aus ein paar isolierten Nervenzellen, die in Verbindung mit einem Chip nichts Schlaues machen.


Autor(in) Beat Rüdt



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