Kommentar 10.07.2009, 08:55 Uhr

Copywrong

Die Welt ist bald so kopiergeschützt, dass sich kein Molekül mehr bewegen kann, ohne Lizenzgebühren zu entrichten. Ist das die Antwort auf die digitalen Möglichkeiten?
Das Copyright im digitalen Zeitalter ist ja ein Thema, zu dem man Dutzende von Kolumnen (also verschiedene, nicht kopierte) veröffentlichen könnte. Wobei es mich nicht besonders kratzt, ob die Suisa nun 40 oder 80 Rappen pro Handy-Gigabyte abzwacken darf. Mich kratzen andere Dinge.
Zum Beispiel, dass gewisse Unternehmen nicht nur jeden Furz™ schützen und patentieren lassen, sondern tatsächlich alles und jeden gerichtlich verfolgen, der über diesen Sachverhalt nicht informiert ist. Die PCtipp-Onlineredaktion erhielt einmal einen Drohbrief (besser gesagt: eine Droh-E-Mail), weil in einer News die Zeichenfolge «Oscar» in einem anderen Zusammenhang als der Hollywood-Preisverleihung verwendet wurde. Ups, jetzt hab ich das ja schon wieder gemacht. Angst. Wobei, Oscar ist ein Vorname. Kann man Vornamen patentieren? Nee, ich kann doch Oscar schreiben, so viel und oft ich will. Oscar. Oscar! Ossssssscar! Ätschpätsch! Ja, auch wir können kindisch sein.
Der amerikanische Bundesstaat Oregon verschickt sogar Drohbriefe an Leute, die das Gesetz publizieren. Denn der Staat hat das Copyright auf das Gesetz®. Gut, man könnte meinen, es wäre im Interesse des Staates, dass möglichst viele Leute das Gesetz kennen, aber die Gesetze von Oregon müssen offenbar streng geheim gehalten werden. Wahrscheinlich beinhalten sie haarsträubende Bestimmungen zum Copyright.
Ganz gross ist natürlich auch YouTube. Die löschen vorsorglich jedes Video oder zumindest deren Sound, sobald irgendeine der Musikindustriekraken eine Droh-E-Mail verschickt. Natürlich ohne den Sachverhalt zu überprüfen, das wäre viel zu aufwendig. Man könnte meinen, es sei beste Gratiswerbung, wenn einer sein Video mit einem bestimmten Musikstück hinterlegt. Man könnte meinen, Betrachter des Videos würden darauf vielleicht die CD kaufen. Man könnte meinen, die Leute aus dem Musikbusiness hätten Besseres zu tun, als den ganzen Tag YouTube auf fragliche Videos abzuklopfen. Man könnte noch viel meinen.
Wenn es ein Copyright auf Vornamen und auf das Gesetz gibt, dann ist ja wohl gar nichts mehr vor Kopierschutz geschützt. Multitouch-Oberfläche beim Liebesakt, ohne störende Fingerabdrücke, das gabs schon beim Mensch 1.0. Das grosse Geld lässt sich damit aber nicht machen. Da lass ich lieber die Zeichenfolge «die» patentieren, die kommt nämlich noch öppen die vor. Todesarten bräuchten auch dringend ein Copyright. Wen ob solchem Blödsinn der Schlag trifft, der soll gefälligst zuerst noch Lizenzgebühren darauf entrichten. Oder halt, jetzt hab ichs: Ich lass die Erdumdrehung patentieren. Die ist so sicher wie das Amen™ in der Kirche. Amen.
© IDG Communications AG, 2009

Autor(in) David Lee



Kommentare
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BlackIceDefender
11.07.2009
Also ich weiss nicht. Hier ist das ganze Thema eigentlich keines. Offenbar haben die Konsumenten hier das Angebot, das sie wollen zu Preisen, die sie akzeptieren. Wortspiele: Copyright - Copyleft. Das Beispiel zum State of Oregon ist kein copyright beispiel. kann es nach amerikanischem recht nicht sein, denn: gebietskoerperschaften (wie etwa der staat oregon) sind nach dem subsidiaritaetsprinzip etablierte proxies der buerger. eigentumsrechte sind somit bei den buergern. Justia und Public.Resource.Org sind referenz-sites zum Studium bezw. Selbsthilfe. Dies ist unter Amerikanischem Urheberrecht unter Fair use geschuetzt. der staat umgeehrt ist vom bundesrecht her verpflichtet, den oeffentlichen zugang zu solcher information zu garantieren (Section 508). Die Site das Staates hat bei Aufruf 500'000 html-fehler.

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