Tests 30.03.2007, 09:00 Uhr

Die schlechtesten PC-Produkte aller Zeiten, Teil 2

Mit viel Getöse eingeführt und auf leisen Sohlen wieder verschwunden: Die übelsten Machwerke der Branche seit der Gründung von Microsoft. Im zweiten Teil stellen wir die Plätze 6 bis 10 vor.
Platz 10: Ashton-Tate dBASE IV (1988)
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In den Anfängen der PC-Zeit war dBASE ein Synonym für Datenbank. Ende der Achtziger Jahre hatte die Datenbanksoftware einen Marktanteil von nahezu 70 Prozent. Doch dann brachte Ashton-Tate Version IV seines stolzen Flaggschiffs heraus.
Die überhastet herausgebrachte Neuauflage war nicht nur unerträglich langsam, sondern auch randvoll mit Bugs. Zwei Jahre später erschien zwar die korrigierte Version dBASE IV 1.1, aber dann war es schon zu spät. Ashton-Tate hatte es geschafft, in einem Jahr mehr als 20 Prozent Marktanteil zu verlieren, das muss man erst mal toppen. 1991 fusionierte das Unternehmen mit Borland, welches nur die eigene Datenbanklösungen weiterentwickelte und dBASE in der Versenkung verschwinden liess. 1999 verkaufte Borland die Rechte an dataBased Intelligence.
Platz 9: Pressplay und MusicNet (2002)
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Normale Unternehmen mögen es, wenn sie ihre Produkte auch übers Internet vertreiben können - nicht so die Musikindustrie. Bis ins Jahr 2002 gab es darum gar keine legale Alternative zu den Musikdownloads der Tauschbörsen. Dann wurden mit Pressplay und MusicNet endlich zwei Onlinedienste lanciert, hinter denen grosse Musikfirmen standen. Das Angebot dieser Plattformen war aber so mies, dass die legale Alternative rein theoretischer Natur blieb.
Bei Pressplay konnte man für eine monatliche Gebühr von 15 US-Dollar maximal 500 Audio-Streams in schlechter Qualität hören, dazu 50 Musikdateien herunterladen sowie 10 Dateien auf CD brennen. Eigentlich nicht schlecht, aber auf den zweiten Blick stellte sich heraus, dass man nicht jeden Song auch herunterladen konnte und es unmöglich war, mehr als zwei Stücke vom gleichen Interpreten auf eine CD zu brennen. Bei MusicNet kostete ein Abo 10 Dollar pro Monat; darin inbegriffen waren 100 gestreamte Songs und 100 Downloads. Das Verdienst von MusicNet: sie erfanden die Musikdatei mit Ablaufdatum. Nach 30 Tagen war das heruntergeladene Stück ungültig und musste erneut bezogen werden.
Einige Milliarden illegale Downloads später nahm sich Apple der Sache an. Im Unterschied zur Musikindustrie wollte Apple wirklich, dass Kunden die Songs herunterladen. Und das tun sie seither auch. Legal und gegen Bezahlung.
Platz 8: Microsoft Internet Explorer 6 (2001)
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Um den Browserkrieg gegen Netscape zu gewinnen, stattete Microsoft seinen Internet Explorer mit vielen vielen Zusatzfunktionen aus. Darum konnte der Intenet Explorer viel mehr als seine Konkurrenten: beliebige Programme starten, automatisch die Startseite ändern, Dateien von der Festplatte laden, die Zwischenablage auslesen, Keylogger installieren und damit Passwörter auslesen, oder sich bei Bedarf in einen Dateimanager verwandeln. Das alles liess sich auch vollautomatisch ohne Eingriff des Benutzers durchführen. Sicherheitstechnisch gesehen waren das allerdings keine Features, sondern Bugs.
Die übelsten Fehler wurden schon vor der Version 6 behoben. Dann behob Microsoft weitere Fehler. Dann noch die kleineren, und dann wieder neue, und am Schluss noch ein paar. Fünf Jahre lang gabs nur Patches, nie eine neue Version. Bevor 2006 endlich die Version 7 erschien, war der Internet Explorer nicht nur der unsicherste Browser, sondern konnte auch viel weniger als seine Konkurrenten.
Platz 7: Microsoft Bob (1995)
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Verglich man Windows 3.1 mit dem damaligen Macintosh-Betriebssystem, machte das Microsoft-OS einen technischen, nüchternen, etwas freudlosen Eindruck. In dieser Beziehung Boden gut zu machen, war eigentlich keine schlechte Idee. Aber nicht so.
Offenbar war man der Ansicht, Benutzerfreundlichkeit sei etwas für Trottel und solche, die es werden wollen. Bob, ein "soziales Interface" für Windows 3.1, war so etwas wie der geistig zurückgebliebene Cousin von Windows. Anstatt eines Programmmanagers öffnete sich ein Haus. Verzeichnisse waren Zimmer, in welchen sich auf verschiedene Objekte klicken liess. Eine Anzahl von Comic-"Helfern", meist Tiere mit lustigen Namen, wuselten kreuz und quer über den Bildschirm und liessen einem keine ruhige Minute. Diese ungerufenen Helfer halfen einem auch beim hundersten Mal noch, in einer akribischen Schritt-für-Schritt-Anleitung ein neues Textdokument zu öffnen. Obwohl Bob schon bald im Windows-95-Trubel unterging, hielt Microsoft am Konzept von aufdringlichen, dümmlichen Assistenten fest. Wer kennt nicht die Büroklammer von Word?
Platz 6: CD-ROM "The Lion King" (1994)
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Wenige Produkte sind in der Lage, Weihnachten für Tausende von Kindern zu zerstören, doch die Lion-King-CD von Disney schaffte es. Der Trick: Das Spiel basierte auf der neuen WinG-Grafikengine von Microsoft, wodurch Grafikkartentreiber manuell getunt werden mussten, um es überhaupt zum Laufen zu bringen. Dies sagt Alex St. John, der in den frühen neunziger Jahren Microsofts Gameguru war.
Ende 1994 brachte Compaq ein Modell der Presario-Reihe heraus, dessen Grafiktreiber nicht mit WinG getestet wurden. Wenn Eltern ihren Kindern die CD auf diesem Gerät zeigen wollten, dann zeigten sie ihren Kindern, was ein Blue Screen ist. Die traurige Geschichte hat aber ein Happy-End: Das WinG-Desaster brachte Microsoft dazu, die stabile und leistungsfähige Grafikengine DirectX zu entwickeln. Das Team hinter DirectX ist auch für die Xbox verantwortlich - und bringt damit für viele Kinder die Weihnachtsfreuden zurück.
Zurück: Teil [1]
Fortsetzung: Teil [3]

Autor(in) David Lee



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