News 31.05.2016, 08:09 Uhr

Handystrahlen sollen Krebs verursachen - aber bitte keine Panik.

Eine Studie will eine Verbindung zwischen Handystrahlen und Krebs hergestellt haben. Die Resultate sind allerdings sehr kritisch zu betrachten. Panikreaktionen wären völlig falsch.
Sind Handystrahlen schlecht für die Gesundheit? Die Frage ist so alt, wie das Handy selbst. Diverse Studien wollen Gehirnschäden, reduzierte Spermienproduktion oder sonstige erhöhte Risikofaktoren für den Körper belegen. Gleich viele Studien behaupten aber das Gegenteil und sprechen die Mobilfunkstrahlung von jeglicher Schuld frei. Wer Recht hat, ist im Dschungel von interessensgebundenen Studien, boulevardesken Medien und ungenügender medizinischer Forschung nur schwer abschätzbar.
Letzte Woche wurde die bislang umfangreichste Studie zu diesem Thema veröffentlicht, beziehungsweise ein Auszug daraus – immerhin auch 65 Seiten lang. Die Studie des US National Toxicology Program (NTP) kommt zum Schluss, dass Handystrahlen Krebs verursachen können. In Experimenten mit Ratten haben die Autoren herausgefunden, dass zwei Tumorarten durch die Mobilfunkstrahlung leicht beeinflusst werden. Dabei handelt es sich um Typen des Hirntumors Gliom und des Herztumors Schwannomas. Betroffen waren jeweils nur die männlichen Tiere. Die weiblichen Tiere wiesen eine leicht geringere Geburtenrate auf.
Für die Studie wurden zwei Jahre lang mehr als 2500 Ratten und Mäuse täglich neun Stunden Funkstrahlung ausgesetzt, die auch für das europäische GSM-Netz und das US-amerikanische CDMA-Netz verwendet werden. Andere Mäusen und Ratten wurden nicht bestrahlt und dienten als Kontrollgruppe.

Fragwürdige Ergebnisse

Ron Melnick, der die Studie bis zu seiner Pensionierung 2009 leitete, sagte dem «Wall Street Journal»: «Menschen die bisher sagten, Mobilfunkstrahlen bergen keine Risiken, sehen nun, dass sie falsch liegen.»
Mit der Aussage liegt Melnick aber ebenfalls falsch. Es wäre völlig überhastet, nun wegen Gesundheitsbedenken das Handy aus dem Fenster zu werfen und in die Antarktis zu ziehen. Die Studie zeigt lediglich, dass eine mögliche Verbindung zwischen Handy und Krebs bei männlichen Ratten besteht, mehr nicht. 2-3 Prozent der bestrahlten männlichen Ratten hatten anschliessend Glioma oder eine andere Art von Gehirntumor. 6-7 Prozent entwickelten Schwannoma-Tumore im Herz. Bei den nicht-bestrahlten Ratten entwickelte keine einzige einen Tumor. Dies sei ungewöhnlich, schreibt das Medizinjournal «Stat». Dagegen würden die 2-3 Prozent der Untersuchungsgruppe im Rahmen von nicht Strahlung ausgesetzter Ratten anderer Studien liegen. Ein weiteres ungewöhnliches Resultat: Trotz Tumorentwicklung lebten die bestrahlten Ratten länger als die Kontrollgruppe, die nicht bestrahlt wurde. Von Dritten wurden die Resultate bislang zudem nicht verifiziert.
Die Aussage von NTP-Manager John Bucher klingt deshalb deutlich glaubhafter als diejenige Melnicks: «Die Resultate der Studie sind zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt nicht definitiv. Vielleicht haben die Ergebnisse Relevanz für den Menschen, vielleicht auch nicht.»
Die nun veröffentlichten Resultate sind lediglich Auszüge, ein Grossteil der Ergebnisse wird ab 2017 häppchenweise veröffentlicht, sagen die Studienersteller. Die Studie wurde in Fachreisen mit grosser Spannung erwartet. 25 Millionen Dollar hat sie gekostet und jahrelanger Vorbereitung bedurft. Das Ergebnis ist ernüchternd. Weiterhin hat man keine Ahnung, ob Mobilfunkstrahlung schädlich ist.

Fabian Vogt
Autor(in) Fabian Vogt



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