News 16.06.2009, 09:12 Uhr

Open-Source-Kompromiss in Bern

Nach der freihändigen Vergabe eines 27-Millionen-Auftrags an Microsoft, zieht die Open-Source-Gemeinde nun doch nicht gegen den Kanton Bern vor Gericht. Die Berner versprechen dafür, künftig mehr auf Open-Source-Software zu setzen.
Ende Mai wurde bekannt, dass der Kanton Bern mit Microsoft einen Dreijahresvertrag über 27 Millionen Franken abgeschlossen hat - dies ohne vorherige Ausschreibung. Die Empörung bei den Open-Source-Dienstleistern war so gross, dass sie Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht einzureichen drohten.
Soweit kam es dann aber laut einer aktuellen Information aus der Finanzdirektion des Kantons Bern nun doch nicht. Mit den 27 Millionen Franken soll die bestehende Microsoft-Kantonslizenz für die Jahre 2011 bis 2017 verlängert werden. Intensive Gespräche mit der erzürnten Open-Source-Liga haben jetzt die Wogen geglättet. Zwar bleibt es beim Microsoft-Auftrag (für Windows 7 und Office 2007), jedoch werde der Kanton Bern künftig in den übrigen IT-Bereichen und bei anderen Software-Produkten vermehrt mit Open-Source-Lösungen arbeiten.
Dennoch sind die Open-Source-Dienstleister davon überzeugt, dass freihändige Vergaben von IT-Aufträgen den Wettbewerb verzerren. Der Kanton Bern konnte seine Beweggründe im Gespräch scheinbar klarlegen und untermauern. Die freihändige Vergabe des Bundes in einem ähnlichen, ebenso im Mai bekannt gewordenen Fall hingegen ist noch nicht vom Tisch (PCtipp hat berichtet).



Kommentare
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maschwi
16.06.2009
open source software?? ich finde man sollte auch auf die Mitarbeiter und Kontinuität eines Systemes setzen. Stellt euch mal vor wie lange das ginge bis alle IT Bereiche des Bundes auf open source umgestellt wären! Wie zuverlässig würde diese Migration gehen ohne dass es zu Unterbrüchen kommt? Alle Mitarbeiter müssten neue Systeme lernen! Wäre das etwa billiger? München hat auch Lehrgeld bezahlt bei ihrer Umstellung! Grüsse M. Schatzman

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leloup
16.06.2009
Der Bürger muss sich ans Gesetz halten - warum der Kanton Bern nicht ? Vergaben, besonders in dieser Grösse, sind nun mal auszuschreiben. Es zeigt einfach einmal mehr dass in der Schweiz vor Gesetz nicht alle gleich sind. Basta

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thom45
16.06.2009
Grosses beginnt im Kleinen... ich finde man sollte auch auf die Mitarbeiter und Kontinuität eines Systemes setzen. Stellt euch mal vor wie lange das ginge bis alle IT Bereiche des Bundes auf open source umgestellt wären! Wie zuverlässig würde diese Migration gehen ohne dass es zu Unterbrüchen kommt? Alle Mitarbeiter müssten neue Systeme lernen! Wäre das etwa billiger? München hat auch Lehrgeld bezahlt bei ihrer Umstellung! Und da stellt sich im Nachhinein die Frage ob sich das gelohnt hat. Beantworten kann man das vielleicht erst in ein paar Jahren. Auch hier es beginnt alles im Kleinen. Wenn sich aber Erfolge einstellen, könnte das schnell einmal um sich greifen und eine wünschenswerte Eigendynamik setzt ein. Ob M$oft oder ein ganz anderer Machtklotz, das ist nämlich genau der richtige Weg, um zementierte Machtstrukturen aufzuweichen oder aufzubrechen. Ich wünsche jeder Institution oder Firma diesen Mut.

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Lula
16.06.2009
Software-Slum In der Computerwelt, unter Informatikverantwortlichen, dominieren die Deterministen. Sie erleben Informatik als etwas, das halt so passiert ist. Die Software-Ausstattung, über die sie verfügen, ist nicht ein Bauwerk, das planmässig errichtet worden ist, sondern ist mit einer Slum-Siedlung zu vergleichen, ein in alle Richtungen wucherndes Gebilde, das sich halt so ergeben hat, als Folge einer Serie von Nicht-Entscheiden. In dieser Struktur ist alles irgendwie miteinander verhängt, stützt sich gegenseitig; es ist nicht mehr möglich, eine Wand auszuwechseln, ohne dass die Nachbarskoje einstürzt, es gelingt nicht, das Wellblech, das Wasser auf die Türschwelle leitet, anders auszurichten, ohne dass es dann beim Nachbarn ins Wohnzimmer regnet. Solche Informatik- Systeme lassen sich nur noch mit der Planierraupe renovieren. Klagen über die Rigidität und Unkontrollierbarkeit von Software- Systemen sind schon so alt wie die kommerzielle Informatik. In Garmisch trafen sich 1968 auf Einladung der Nato international führende Computerwissenschafter, um über dieses Problem zu diskutieren. Neben der «Software-Krise» verdankt die Welt dieser Konferenz auch noch den Begriff des Software-Engineerings, den der deutsche Mathematiker und Informatiker Friedrich Bauer vorgeschlagen haben will. Computerwissenschafter begannen sich für die Probleme der Komplexität grosser Software-Systeme zu interessieren, diskutierten Methoden des strukturierten Programmierens. Subroutinen, Module, Objekte, Komponenten, Design-Patterns, Model-Driven Architecture - die Schlagworte änderten im Laufe der Jahre, die Grundidee blieb dieselbe: Divide et impera, teile und herrsche. Komplexe Systeme werden beherrschbar, indem sie in Subsysteme zerlegt werden, die mit anderen über klar definierte Schnittstellen gekoppelt werden. Auch Microsoft-Programmierer benutzen selbstverständlich alle diese Errungenschaften des Software-Engineerings; dass Microsoft-Kunden davon nicht profitieren können, dass sie kein Betriebssystem ohne Web- Browser, keinen Kalender ohne Adressverwaltung, keine Textverarbeitung ohne Präsentationsprogramm kaufen können, hat nicht technische Gründe, sondern ist Folge einer Marketing- Strategie, die rund um die Welt die Wettbewerbsrechtler auf Trab hält. Im Dickicht des Nichts In der Schweiz sind kürzlich Bundesämter aufgefallen mit Millionenaufträgen, die sie ohne Ausschreibung an Microsoft vergeben haben. Die Verantwortlichen haben aufgehört, die Produkte konkurrierender Anbieter zu evaluieren, weil es bei ihren Software-Systemen offenbar gar nicht mehr möglich ist, einzelne Komponenten unabhängig von anderen auszutauschen. Und weil viele Daten, die mit dieser Software-Apparatur produziert werden, sich ohne diese Software-Apparatur nicht mehr nutzen lassen und weil die Daten, die eine Verwaltung produziert, eine sehr lange Halbwertszeit haben, ist vorauszusehen, dass der Entscheidungsspielraum auch des Nachfolgers des Nachfolgers des heutigen Systemverantwortlichen sehr bescheiden sein wird. Je mehr man glaubt, dass es nicht möglich sei, sein Schicksal selber zu bestimmen, je mehr man sich selber als Opfer sieht, desto mehr wird als Folge dieser Lebensanschauung, als Folge all der nicht getroffenen Entscheidungen, ein Dickicht von Sachzwängen sich ausbreiten, in dem der gute Wille sich verheddert, unfrei wird, krank. Neue Zürcher Zeitung vom 12.06.2009

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Vialli
17.06.2009
Der Bürger muss sich ans Gesetz halten - warum der Kanton Bern nicht ? Vergaben, besonders in dieser Grösse, sind nun mal auszuschreiben. Es zeigt einfach einmal mehr dass in der Schweiz vor Gesetz nicht alle gleich sind. Basta Oje, die liebe Gerechtigkeit! Recht ist Recht und muss durchgesetzt werden...... ...lieber Wölfli, beruhig Dich doch. Ich würde mal sagen, da wurde einfach ein Abmachung mit gesundem Menschenverstand gemacht. Wahrscheinlich weil die Sachlage klar ist und am Schluss gibt es einfach eine Verzögerung aufgrund der Rechtsmittel. Freu Dich doch einfach daran, dass die Pinguine wenigstens mal ein Versprechen haben. Immerhin, das lässt doch hoffen! In diesem Sinne: Freuen wir uns auf den 22. Oktober! ;)

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BlackIceDefender
17.06.2009
In der Computerwelt...Sehr schoen.

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economo
20.06.2009
In der Computerwelt... (deleted) ... Neue Zürcher Zeitung vom 12.06.2009 Sag mal, kannst du in 2 Sätzen sagen, was dieser Artikel will? Ich habe den Eindruck, der Autor wollte uns v.a. zeigen, wie gut er sich in der Terminologie auskennt. Ganz schön aufgeblasen... :-P

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Heiriskalb
20.06.2009
Ein Essay mit Satzkonstrukten, die Nebensätze enthalten, ist nicht eo ipso aufgeblasen. Auch Wörter mit mehr als zwei Silben nicht.