News 04.06.2012, 08:42 Uhr

Wenn Facebook abstimmen lässt...

Nachdem die Gruppe Europe vs. Facebook erfolgreich zum Protest gegen die neuen Facebook-Richtlinien aufgerufen hatte, kommt es jetzt zur Abstimmung. Nur: Die benötigte Anzahl Gegenstimmen wird niemals zustande kommen.
Die Protestgruppierung «Europe vs. Facebook» hat ihr Ziel erreicht: Die 7000 Kommentare, die nötig waren, um eine Abstimmung zu den neuen Datenschutzrichtlinien zu erzwingen, kamen locker zusammen, am Ende waren es über 40'000. Es kommt also zur Abstimmung. Theoretisch kann jeder Facebook-Nutzer jetzt seine Meinung zu den überarbeiteten Richtlinien äussern. Stimmen 30 Prozent aller Nutzer dagegen, muss Facebook über die Bücher. Nur: das wird nicht passieren.
Abstimmung ist eine Farce
Momentan hat das soziale Netzwerk etwas über 900 Millionen Mitglieder. Etwa 300 Millionen müssten also gegen die Anpassung der Datenschutzbestimmung votieren. Ein Problem: Von den über 900 Millionen Accounts dürfte eine Vielzahl inaktiv sein. Ein weiteres Problem: Facebook gibt sich alle Mühe, die Abstimmung von den Nutzern verborgen zu halten. Die grosse Mehrheit der Nutzer wird gar nie davon erfahren. Facebook weist nämlich nur auf seiner «Site Governance»-Seite auf die Abstimmung hin. Und um abzustimmen muss man erst die «Facebook Site Governance Vote»-Anwendung zur Stimmabgabe installieren. All das ist so umständlich umgesetzt, dass viele Nutzer, selbst wenn sie von der Abstimmung Kenntnis hätten, abgeschreckt würden.
«Chinesisches Demokratieverständnis»
Max Schrems, österreichischer Jus-Student und Initiant von Europe vs. Facebook, findet denn auch klare Worte: «Ob Facebook jeden Nutzer zur Abstimmung auffordert ist unklar, wenn nicht, wäre das eher ein chinesisches Demokratieverständnis. Derzeit wird hier jedenfalls eine Wahl mit vorsorglich versteckten Wahlurnen betrieben.»
Aus einem weiteren Grund ist Schrems unzufrieden mit der Situation. Facebook ermöglicht nämlich bei der Abstimmung nur die Wahl zwischen den alten (bestehenden) und den neuen Nutzungsbestimmungen. Als Wahl zwischen «Pest und Cholera» bezeichnet Schrems die Abstimmung deshalb.
Ursprünglich sollte Facebook ja aufgrund eines Urteils der irischen Datenschutzbehörde die Richtlinien überarbeiten und einige Kritikpunkte ausmerzen – Schrems und seine Kollegen sehen in den überarbeiteten Richtlinien aber gar eine Verschlechterung. Dennoch empfiehlt die Protestgruppierung, sich an der Abstimmung zu beteiligen und für die alten Bestimmungen zu stimmen. Dann nämlich wäre Facebook bei einer Annahme – die wie erwähnt nicht zustande kommen dürfte – gezwungen, neue und hoffentlich bessere Richtlinien auszuarbeiten.
Die Abstimmung läuft noch bis zum 8. Juni.



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