News 30.04.2015, 09:48 Uhr

Facebook-Drohung keine «Schreckung der Bevölkerung»

Das Bundesgericht hat entschieden, dass ein junger Mann via Facebook nicht die Bevölkerung verschreckt hat. Aus dem Schneider ist er jedoch noch nicht.
Der Fall gab vor rund drei Jahren zu reden. Ein damals 22-jähriger Gymnasiast hat aus einer Laune heraus an seinem Geburtstag folgenden Post auf Facebook veröffentlicht:
«Freut sich heute niemand, dass ich geboren worden bin. Ich schwöre, ich zahle es euch allen zurück!!! Es ist nicht eine Frage der Höflichkeit, sondern von Respekt und Ehre. Ich vernichte euch alle, ihr werdet es bereuen, dass ihr mir nicht in den Hintern gekrochen seid, denn jetzt kann euch niemand mehr schützen ... Pow!!!! Pow!!!! Pow!!!!»
Aufgrund dieser Äusserungen, die potenziell seine 290 Facebook-Freunde gelesen haben könnten (nur der Edge-Rank von Facebook weiss bzw. bestimmt, wer welchen Post von wem sieht), wurde die Polizei aktiv — eine Lehrperson hatte nach einem Hinweis diese verständigt. Der weder vorbestrafte noch sonst irgendwie auffällige junge Mann wurde drei Wochen lang in Untersuchungshaft genommen und dann vom Zürcher Bezirksgericht wegen versuchter «Schreckung der Bevölkerung» verurteilt. Später wurde das Urteil vom Zürcher Obergericht bestätigt. Der junge Mann zog das Urteil ans Bundesgericht weiter. Zu Recht, wie wir vom PCtipp meinten. Denn die Frage, wo Privatheit aufhört und wo Öffentlichkeit beginnt, ist gerade in sozialen Netzwerken nicht eindeutig beantwortet.

Bundesgericht weist Urteil an Obergericht zurück

Das Bundesgericht hat jetzt in dieser Sache ein Urteil gefällt. Es spricht jedoch den Gymnasiasten nicht frei, sondern weist das Urteil ans Obergericht zurück. Die obersten Richter waren der Auffassung, dass die 290 Facebook-Freunde nicht die «Bevölkerung» sind – weil nicht gleichzeitig an einem bestimmten Ort anwesend – und somit der Artikel nicht angewandt werden kann.
Das Zürcher Obergericht muss sich nochmals über den Fall beugen – allenfalls käme jetzt der Tatbestand der «versuchten Drohung» infrage. Darauf stehen auch im Maximalfall bis zu drei Jahren Gefängnis.
Das Bundesgericht liess jedoch offen, auf den Begriff der Öffentlichkeit einzugehen. Hier besteht nach wie vor kein letztinstanzliches Urteil. Somit gilt nach wie vor: Vor dem Posten zuerst das Hirn einschalten.

Autor(in) Marcel Hauri



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