News 21.10.2009, 10:15 Uhr

Regulieren oder nicht - das ist die Frage

An den achten Comdays in Biel äusserten sich hochkarätige Redner wie Joschka Fischer, Carsten Schloter oder Ruedi Noser zu Themen wie mobile Zukunft und Fibre-to-the-Home (FTTH).
Nach einer kurzen Eröffnungsrede von Biels Stadtpräsidenten Hans Stöckli - mit einem kleinen Seitenhieb auf Joschka Fischers Alter - betrat der ehemalige Aussenminister Deutschlands selbst die Bühne. In einer komplett frei gehaltenen Rede sprach der Ex-Politiker über die Globalisierung und die globale Kommunikation. Künftig entstünden auf der ganzen Welt neue Kooperationen. «Diese sind aber nur mit guter Kommunikation fruchtbar», ist Fischer überzeugt. Auf das Thema «Mobile Zukunft - ja oder nein» ging Joschka Fischer nicht ein. Er sei aber ein Apple-Typ, versicherte Joschka Fischer, der heute als Unternehmensberater tätig ist.
Der Verwaltungsratspräsident der dänischen Sunrise-Besitzerin TDC und Chef von Christoph Brand, Vagn Sorensen, glaubt nicht, dass die Zukunft nur mobil ist. Das Festnetz bleibt komplementär zum Mobilfunk erhalten, so Sorensen gestern vor rund 500 Teilnehmern im Bieler Kongresshaus. Der TDC-Chef sieht im Mobilfunk vor allem ein Problem: «Alle wollen Handy-Telefonie, aber niemand will Antennen».
Welt-Mobilfunk-Chef von Orange Olaf Swantee
Oranges weltweiter Mobilfunkchef, Olaf Swantee, ist da anderer Ansicht. Das Wort Festnetz nahm er kaum einmal in den Mund und zeigte stattdessen mit dem Finger nach oben. Damit wollte Swantee den Weg des Mobilfunks nachzeichnen. Der ist seiner Meinung nach nicht mehr zu bremsen. Ein Dankeschön gabs für Apple: «Durch das iPhone stieg der Datenverkehr auf dem Orange-Netz um das 20-fache an», so Swantee. Und das Potential sei noch nicht augeschöpft, orakelte der Mobilfunk-Verantwortliche. Die Hälfte aller Anwender generiere bei Orange 70 Prozent des Datenvolumens.
Kritik von Konsumentenschutz
Monika Dusong steht dem grössten Konsumentenschutzverbands der Schweiz vor, der Fédération romande des consommateurs. Sie kritisierte die Liberalisierung des Marktes. Das habe lediglich zu einem Tarifdschungel geführt und nicht zu den gewünschten Preisreduktionen, so Dusong. Konsumenten könnten 2 Milliarden Franken einsparen, wechselten sie zum für sie günstigsten Anbieter. Ausserdem sei die automatische Vertragsverlängerung um 12 Monate inakzeptabel. Kontrakte müssten nach Ablauf der ersten 12 oder 24 Monate alle 30 Tage gekündigt werden können, forderte Dusong. Zudem brauche es einen unabhängigen Vergleichsrechner, damit sich die Tarife endlich vergleichen liessen.
Swisscom-CEO Carsten Schloter
In der abschliessenden Panel-Diskussion zum Thema FTTH debattierten Regulator, Hauseigentümer, EWs, Provider und Politiker über die Erschliessung der Häuser mit Glas. Es herrschte weitgehend Einigkeit, sogar zwischen Sunrise-Chef Brand und Swisscom-CEO Schloter. Mehrmals betonte Christoph Brand, dass er sich mehrheitlich seinem Vorredner Carsten Schloter anschliesse - neue Töne aus dem Hause Sunrise. Einzig die Frage, wann der richtige Zeitpunkt zum regulieren sei, sorgte für Diskussionsstoff. Während Christoph Brand und David Thiel von den Industriellen Werken Basel gemeinsam mit Bakom-Chef Martin Dumermuth für eine sofortige Gesetzesänderung und technologieneutrale Formulierung votierten, waren der freisinnige Nationalrat Ruedi Noser, FDP-Stadtrat Fredy Brunner aus St. Gallen und selbstverständlich Swisscom-Chef Schloter dagegen. Das Argument, die Swisscom habe so einen Wettbewerbsvorteil, schmetterte Unternehmer Ruedi Noser ab: «Unternehmerisches Handeln heisst ungleich lange Spiesse nutzen.»
In der Schlussrunde antworteten die meisten Teilnehmer, dass heute die aktuelle Bandbreite genüge. FTTH sei aber ein Generationenprojekt, so Schloter. Christoph Brand meinte sogar: «Man kann nie genügend Bandbreite haben». Die heutige Bandbreite reicht auch für Ansgar Gmür, Direktor Hauseigentümerverband Schweiz. Aber erst nachdem er von Sunrise zu Swisscom wechselte, wie er offen zugab. Christoph Brand hatte wenig Freude an dieser Nachricht. Klopfte danach Nebenmann Schloter aber sportlich auf die Schulter und gratulierte artig.
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Autor(in) Reto Vogt



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