Kommentar 17.05.2002, 07:45 Uhr

Das Freitagsbit: Gewaltsspiele

Die WWKolumne
Die Diskussion um Gewalt in Computergames zielt weit daneben. Wenn die teilweise bluttriefenden Games Schuld an realen Amokläufen und Massenmorden sein sollen, müssten Millionen von potentiellen Killern herumspazieren. Gewalt ist nämlich nicht nur auf das Medium Game beschränkt. Gewalt ist unser aller Alltag.
Der deutsche Soziologe und Computerspezialist Hartmut Gieselmann gibt die Richtung vor, wenn er gegenüber der Deutschen Presseagentur sagt, ein Verbot von Kriegsspielen sei kein geeignetes Mittel, um Verbrechen zu verhindern. "Kriegsspiele fördern nicht die Aggression, zeichnen aber ein verharmlosendes Bild von Krieg und Konflikt." Wirksamer als ein generelles Verbot sei, die Spiele vor der Freigabe genauer auf ihre Inhalte zu überprüfen. Dabei gehe es nicht nur um die direkt gezeigte Gewalt. Kritisch seien Spiele, in denen Töten als rein technischer Vorgang vermittelt und die Realität imitiert werde.
Wie im Schützenverein. Das Schiessen wird hier mit dem verschönernden Zusatz "Sport" geschmückt, doch letztlich wird hier das Töten simuliert. Das ist besonders deutlich an den so genannten "B"-Zielscheiben zu sehen: Sie stellen den Umriss eines Menschen dar.
Nicht die simulierte Gewalt ist entscheidend für die Aggression, sondern die gewaltige Gleichgültigkeit, die in unserer Gesellschaft um sich greift. Man kann es auch Toleranz und Freiheit nennen. Aber: Wenn Kinder schon im Windelalter erfahren, dass Mama und Papa keine Zeit haben, weil Arbeit wichtiger ist, wenn Kinder in der Schulstube ungefragt mit Wissen abgefüllt und später in die Lehrstellensuche gestossen werden, dann muss man sich über gar nichts wundern. Das Kind als Projekt. Fehlt nur noch, dass Bill Gates den Child Manager 1.0 auf den Markt bringt.



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