News 22.03.2005, 09:00 Uhr

SwissMule.com: Was steckt hinter der Schliessung?

Das P2P-Diskussionforum SwissMule.com ist nach wie vor offline – und wird es wohl auf unbestimmte Zeit bleiben. Was steckt dahinter und welche Konsequenzen ergeben sich für Tauschbörsennutzer?
Sie hatten leichtes Spiel, die beiden Polizisten, die kürzlich beim Betreiber des P2P-Diskussionforums SwissMule.com klingelten, um seinen Server und die Festplatten zu beschlagnahmen. Der junge Mann, der seinen Namen nicht lesen möchte, obwohl er als Domaininhaber leicht aufzuspüren ist, zeigte sich kooperativ. Kein Wunder: Er hat sein kostenloses Forum nicht im Geheimen betrieben. Seinen eigenen Angaben zufolge war er sich nicht im Klaren darüber, dass er Opfer der derzeit grassierenden weltweiten Klagewelle der US-Filmstudios werden könnte.
Schliesslich tat er nichts Verbotenes: Er betrieb lediglich ein Diskussionsforum zum eDonkey-Netzwerk und liess die User des Boards untereinander die aktuellsten eDonkey-Links austauschen. Mit einem Haftungsausschluss am "Eingang" der Site hatte er sich - wie man heute weiss - vergeblich abzusichern versucht.
Was ist geschehen? Gemäss Recherchen des PCtipp steckt hinter dem erfolgreichen juristischen Zugriff auf Swissmule.com das US-Filmstudio Universal. Es hatte eine Strafanzeige gegen einen der registrierten Nutzer des Forums eingereicht, der Links zum Downloaden eines Hollywood-Streifens genannt hatte. Nach einem Besuch der Polizei ging dieser in sich: "Ich ziehe mich aus dieser Szene zurück" schreibt M0RCH3L in seinem Abschiedsstatement. Ein Pechvogel: Er hatte vor allem Rockmusik angeboten und nur ganz wenige Filmlinks.
Wie kommt es nun aber, dass SwissMule.com "unter Androhung von Haft oder Busse" nicht wieder online gehen darf? Der Strafantrag des Filmstudios bezog sich nicht nur auf alle Nutzer des Forums sondern auch auf den Server- und Domainnamenbesitzer. Müssen jetzt auch Betreiber von Foren über Allerweltsthemen oder Medien-Sites wie Facts.ch, die Leserinnen und Lesern für jeden publizierten Artikel eine Kommentarmöglichkeit einräumen, um ihre Server fürchten? Laut den Recherchen des PCtipp ergibt sich folgendes Bild:
Die Frage, ob die Nennung eines Links bereits strafbar sein kann, ist rechtlich ungeklärt. Im P2P-Netzwerk sind es die einzelnen Netzteilnehmer selbst, welche die beanstandeten Dateien anbieten. Kommt es allerdings zu einer Anklage gegen mindestens einen der User, könnte der Betreiber als "Gehilfe" mit angeklagt werden, weil der Zweck des Forums "eindeutig" interpretiert werden könnte: Nämlich die neuesten Links zu urheberrechtsgeschützten Dateien untereinander austauschen. Somit wären auf der anderen Seite die Betreiber allgemeiner Foren und Sites, die anderen Zwecken dienen, grundsätzlich vor der Strafverfolgung sicher.
Eine Sicherheit besteht dennoch nicht - welche Kriterien nämlich angewendet werden, ist reine Auslegungssache. Befände sich unterhalb dieses TopThemas eine Aufforderung zum Mitdiskutieren und würden Leserinnen und Leser Esel-Links zitieren, könnte dies von wildgewordenen US-Anwaltskanzleien durchaus als in sich geschlossenes Diskussionforum über P2P-Tauschbörsen gewertet werden... Ob zu Recht oder zu Unrecht ist unwesentlich: Allein die Strafanzeige wirkt einschüchternd und führt bei Widerstand zu Kosten, die sich kein jugendlicher eDonkey-Nutzer leisten kann.



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