News 16.12.2015, 13:04 Uhr

Was googelte die Schweiz 2015?

Die Google-Suchergebnisse sind ein guter Indikator dafür, was dieses Jahr relevant war. Nebst Politik und Terror war auch viel Trash-TV dabei.
Glühwein, Mandarinen, Maronen: Wer gestern Abend bei Google Schweiz zu Gast war, wurde nicht enttäuscht. Seit Jahren führt der Suchmaschinist Mitte Dezember den Anlass «Zeitgeist» durch, an dem Medien und anderen Partnern nebst Appetizern und gratis Getränken ein 3-Gang-Menu samt Dessertbuffet serviert wird, das jeden Gourmet-Magen befriedigen dürfte. Auch der nicht so aufmerksame Beobachter merkt da schnell: Google hatte wieder einmal ein hervorragendes Geschäftsjahr. Vermutlich wird, wenn Ende Januar das Jahresergebnis kommuniziert wird, ein Gewinn von über 15 Milliarden Franken vermelden werden können. Andere Konzerne müssen sich damit begnügen, Weihnachtskarten zu schicken.
Allerdings gibt es den Anlass nicht, weil Google protzen will. Google sagt, weil man sich «bedanken möchte für die gute Zusammenarbeit». Ich sage, weil sich das Unternehmen mit den Medien gutstellen will, da es durchs Jahr fast unmöglich ist, nebst den Geschäftsberichten sinnvolle Zahlen zu irgendwas von Google zu erhalten. Damit «Zeitgeist» noch einen offiziellen Anstrich erhält, werden an dem Tag jeweils die laut Google «beliebtesten Suchbegriffe der Schweiz» präsentiert. Die Bezeichnung stimmt zwar nicht, weil nicht die meistgesuchten Begriffe, sondern diejenigen mit den höchsten Peaks via «Google Trends» erhoben werden. Doch weil Google keinen Event organisieren und Medien keine Artikel zu den tatsächlichen Gewinnern (Wetter, Reise,...) schreiben könnte, ist das nebensächlich. Zumal die Begriffe trotzdem zeigen, was die Schweiz 2014 bewegt hat. Deshalb hier die Gewinner der nach unserer Meinung wichtigsten Kategorien. 

Die «meistgesuchten» Begriffe 2015:

  1. Eurokurs 
  2. Charlie Hebdo 
  3. Sonnenfinsternis
  4. iPhone 6s 
  5. Paris 
  6. Salt 
  7. US Open 
  8. Windows 10 
  9. Germanys Next Topmodel 
  10. Fifty Shades of Grey
Diese Resultate sind einleuchtend. Seit dem 15. Januar und der Aufhebung der Frankenstärke ist die Schweizer Wirtschaft gehörig in Turbulenzen geraten, die Folgen sind nach wie vor und noch lange spürbar. Weil Paris gleich zweimal Opfer von Anschlägen wurde, landete es zweimal in den Top10, das Thema beherrschte die Medien wochenlang. Interessant ist Salt auf Rang 6. Entweder war das Rebranding ein voller Erfolg oder niemand weiss, was das für ein Unternehmen ist. In jedem Fall gilt: Man ist im Gespräch. Die Ränge 9 und 10 zeigen eine Entwicklung, die sich in den folgenden Kategorien fortsetzen und kaum jedem gefallen dürften.

Skandale/Aufreger 

  1. Caitlyn Jenner 
  2. Sepp Blatter 
  3. Jeremy Clarkson 
  4. Angelina Heger
  5. Donna Vekic 
  6. Jolanda Spiess-Hegglin 
  7. Milo Moiré 
  8. Cornelia Bösch 
  9. Severino Seeger 
  10. Vera Dillier
Dass die gefallene Fifa-Ikone Sepp Blatter hinter einem amerikanischen Reality-Star, der sich einer Geschlechtsumwandlung unterzog, zurückstehen muss, ist bedenklich. Haben die Kardashians mehr Zuschauer als der Fussball oder lösen Geschlechtsoperationen mehr Kontroversen aus als Bestechungsaffären auf höchsten Ebenen? Dass die Schweiz wissen will, mit welchem Teenager Stan Wawrinka schläft oder wer die Zuger Politikerin ist, die eine sehr verzehrte Selbstwahrnehmung hat, passt da auch in diesen Bereich. Kein Wunder, ist die Kategorie bei den Boulevardmedien die Beliebteste.

Promis Schweiz

  1. Stan Wawrinka 
  2. Sepp Blatter 
  3. Jolanda Spiess-Hegglin 
  4. Milo Moiré 
  5. Hans Erni 
  6. Mathias Gnädinger
  7. Timea Bacsinszky  
  8. Duri Camichel 
  9. Vera Dillier 
  10. Frieda Hodel
Wirklich kein gutes Jahr für den einstigen Fussballkönig. Dass Sepp Blatter gegen einen Schweizer Tennisspieler verliert, ist zwar nachvollziehbar. Aber gegen Stan? Nun, Wawrinka gewann im Gegensatz zu Roger Federer nicht nur ein Grand-Slam-Turnier, er trug an diesem auch das aufregendste Kleidungsstück des Jahres. Gratulation auch an Vera Dillier. Die Frau, deren grösste Errungenschaft es ist, in eine reiche Familie hineingeboren worden zu sein, landet auch in dieser Kategorie in den Top 10.

Was sind...?-Fragen 

  1. Wesselmänner 
  2. Gnitzen 
  3. Kohlenhydrate 
  4. Wasserläufer 
  5. Staatsanleihen 
  6. Negativzinsen 
  7. Transitorische Passiven 
  8. Statuten 
  9. Primzahlen 
  10. Widgets
Immer mehr Leute suchen zudem auf dem Smartphone via Sprachsuche nach Begriffen und stellen auch Fragen an Google. Auf Rang 1 landet eine Antwort, die in der deutschen TV-Show «Wer wird Millionär» die 1-Million-Euro-Frage war. Wesselmänner sind übrigens Vater und Filius Wesselmann aus Bochum, die dort mit drei weiteren Angestellten einen Familienbetrieb unterhalten, der in Deutschland alle Wahlen mitentscheidet, weil sie ein Monopol für Wahlplakate in Deutschland haben. Auch «Gnitzen» verdanken ihre Bekanntheit «Wer wird Millionär». Internet-Unternehmer Moritz Eckert aus Berlin gewann dank ihnen 917 600 Euro. Er hatte zwar keine Ahnung, dass dies eine Mückenart ist, eine Zuschauerin konnte ihm aber helfen. Für sie gab es dafür 500 Euro und einen Frühlingsstrauss. Die restlichen Resultate zeigen, dass entweder dieses Jahr viele Leute ihre Buchhaltung selber führen oder Rechnungswesen in der Schule das schwierigste Fach ist.
Lesen Sie auf der nächsten Seite: Anleitungen und Internationales

Fabian Vogt
Autor(in) Fabian Vogt



Kommentare
Es sind keine Kommentare vorhanden.