News 09.03.2000, 13:30 Uhr

Virenalarm bei Scherz-Programmen

Viele Antivirenprogramme pflegen immer noch Alarm zu geben, wenn sie harmlose Scherz-Programme aufspüren. Sinn oder Unsinn?
Obwohl Sie bis jetzt ohne grössere nervliche Blessuren mit Ihrem Computer arbeiten konnten, haben Sie sich nun endlich für den Einsatz eines Antivirenprogramms entschieden. Doch beim ersten Scan Ihrer Festplatte piepst, klingelt oder quiekt es plötzlich einmal kurz aus Ihren PC-Lautsprechern und ein alarmierendes Bild zeigt sich auf Ihrem Monitor. Ihr neues Antivirenprogramm warnt Sie beispielsweise mit dem Spruch: "Virus gefunden. Dies ist eine gefährliche Situation!". Und die Experten, die den Virenscanner entwickelt haben, müssen das ja schliesslich ganz genau wissen.
Ist aber das, was Ihr Virenjäger hier aufgespürt hat, wirklich ein Virus? Manchmal handelt es sich nämlich beim "Stein des Anstosses" nur um eines der vielen Scherzprogramme, die früher oder später praktisch in jedem Postfach einmal landen. Diese "Jokes" tun beim Ausführen seltsame Dinge mit dem PC. Da gäbe es beispielsweise JOKE_FLIPPED, welcher die aktuelle Bildschirmanzeige vorübergehend auf den Kopf stellt.
Oder JOKE_GESCHENK, der die Schublade Ihres CD-Laufwerks öffnet, damit Sie es - wie witzig - gegebenenfalls als Cola- oder Bier-Dosenhalter verwenden können (wovon wir dringend abraten). Möchten Sie (nach Ihrem Lachkrampf) auf den Cola-Halter verzichten und wollen Sie sich für die Arbeit nicht auf den Kopf stellen, befördert die Delete-Taste selbstverständlich auch solche Scherze auf den Datenfriedhof.
Jokes sind also meist völlig ungefährlich, befallen keine anderen Dateien und verbreiten sich auch nicht von selber. Wenn sie aber so harmlos sind, wieso kümmern sich dann die Antivirus-Hersteller darum? Die "lustigen" Effekte dieser Jokes verunsichern viele Benutzer. Wenn sich der Monitor plötzlich Kopf stellt, wenn sich das CD-Laufwerk wie durch Geisterhand öffnet, befürchten viele einen Virenbefall oder stürzen sich ans Telefon, um die Hardware-Hotline zu kontaktieren. Viel Druck kam so auch seitens der grössten Kunden der Antivirus-Hersteller, namentlich Firmenkunden, die ganze Netzwerke zu schützen haben. Vielen Systemadministratoren sind Scherzprogramme ein Dorn im Auge, weil sie angeblich die Produktivität beeinträchtigen und unnötigen Supportaufwand verursachen.
Aus diesen Gründen haben viele Antivirus-Hersteller beschlossen, ausser den echten Viren auch solche überflüssigen "Angstmacher" aufspüren und auf Wunsch beseitigen zu lassen. Es lässt sich in dieser Hinsicht aber ein Gegentrend ausmachen. Beispiel: Norman Viruscontrol [1] verzichtet ausdrücklich darauf, Scherzprogramme mit Viren in Verbindung zu bringen, es sei denn, die Dateien wären zusätzlich noch mit echten Viren verseucht. Ob Virenjäger Scherze vertragen oder nicht, hängt alleine von der Philosophie deren Hersteller ab. Alarmiert Sie Ihr Antivirenprogramm über einen "Virus", dessen Namen mit den Zeichen "JOKE" beginnt, schlagen Sie am besten in der Viren-Enzyklopädie Ihres Antivirus-Herstellers nach, um den Grad dessen Harmlosigkeit zu ermitteln.
Es wäre in jedem Fall bestimmt wünschenswert, wenn sich alle Virenscanner bald so konfigurieren liessen, dass Benutzer und Systemadministratoren selber entscheiden können, ob sie über das Vorhandensein solcher Scherzprogramme in Kenntnis gesetzt werden wollen oder nicht.



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