Tipps & Tricks 31.10.2016, 08:00 Uhr

Rechtstipp: Open Source Software

Jeder kennt Firefox und LibreOffice – aber was ist eigentlich Open-Source-Software? Was gibts hierzu aus Juristensicht zu sagen?
Am 26. Oktober wurden in Bern die «CH Open Source Awards 2016» vergeben. Gewinner des Hauptpreises war diesmal das Produkt «SuiteCRM», eine Software-Lösung für Customer Relationship Management. Geehrt wurde sodann die Schweizerische Post für die erfolgreiche Migration von 6500 Poststellen auf die Open-Source-Datenbank «MariaDB». Der Spezialpreis «Champions in Open Source» ging gemeinsam an Florian Bruhin, der mit seinem «Qutebrowser» einen Webbrowser für spezielle tastaturbasierte Anwendungen geschrieben hatte, und an René Moser für seinen Beitrag zu einem Administrations-Tool für Computer («CloudStack Ansible Module»). Mehr zu den OSS Awards in einem Artikel der Computerworld.
Bewundernswert finde ich besonders, wie der junge Elektroniker und Informatiker Florian Bruhin es schaffte, über 100 Beitragende zu einer Community rund um seinen «Qutebrowser» zusammenzubringen. Damit brachte er die Entwicklung des Tools viel weiter, als er es selber je geschafft hätte. Es sind diese Mechanismen, die Open-Source-Software (OSS) so stark machen, und die dazu geführt haben, dass diese Art von Software mittlerweile auch im Geschäftsleben und in der Verwaltung als alltäglich etabliert ist. OSS darf man immer kostenlos nutzen. Interessant für Private sind beispielsweise das bekannte Office-Paket LibreOffice oder die Programme Firefox und Thunderbird.
Open-Source-Software ist Software, deren Quellcode offenliegt und die unter bestimmten Bedingungen frei genutzt werden kann. Dies aufgrund einer Open-Source-Lizenz, unter welcher der oder die Entwickler die Software veröffentlicht haben. OSS hat ihre Wurzeln in den 1980er-Jahren: Damals versuchte das US-Unternehmen AT&T, am Quellcode des Betriebssystems Unix Rechte geltend zu machen, obwohl zuvor viele Personen aus dem akademischen Umfeld zu diesem System beigetragen hatten. Als Reaktion darauf wurden Regeln geschaffen für den Umgang mit Code. Richard Stallman und seine Free Software Foundation führten ein formales Lizenzierungsverfahrens namens General Public License (GPL) ein, das sich bis heute als sehr erfolgreich erwiesen hat. Die Philosophie hinter der GPL liegt darin, dass Software «free to use, free to modify and free to redistribute» sein soll. Die GPL sollte verhindern, dass Unternehmen wie AT&T sich gemeinschaftlich erarbeitete Software aneignen konnten, etwa gestützt auf Urheber- oder Patentrechte.

Zum Rechtlichen

Das OSS-Modell steht im Gegensatz zu proprietärer Software (oder «Closed Source»). Bei ihr behält der Entwickler die Rechte am Code für sich; er hält den Code möglichst geheim und die Weiterentwicklungen erfolgen nur durch einen kleinen Kreis von Beteiligten. Die Motivation, Software unter einer OSS-Lizenz anzubieten, kann vielfältig sein. Privaten wie Florian Bruhin bietet OSS, neben der Gelegenheit, ein interessantes Hobby auszuüben und sich mit Gleichgesinnten auszutauschen, die Möglichkeit, ihre Fähigkeiten öffentlich unter Beweis zu stellen. Bei der Suche nach einer Anstellung (oder von Freelancing-Projekten) ist dies wertvoll. Unternehmen schätzen etwa die Offenheit der verwendeten Standards, die Unabhängigkeit von Lieferanten und Produkten, den Austausch mit der Community von Nutzern und Entwicklern, die Sicherheit, die Stabilität und mögliche Kosteneinsparungen. Oft erwarten Unternehmen auch, dass sich ein grösserer Kreis von Nutzern und Entwicklern an der Fortentwicklung der Software beteiligt.
Open-Source-Lizenzen sind Lizenzverträge im üblichen Sinn, die Nutzungsrechte an der lizenzierten Software einräumen (so etwa das Recht, die Software zu kopieren, zu verändern oder auf einem Computer laufen zu lassen). OSS ist, wie schon das Beispiel des kleinen Qutebrowser zeigt, meist das Arbeitsergebnis einer Vielzahl von Beitragenden. Bei OSS findet zwischen jedem einzelnen dieser Urheber (Lizenzgeber) auf der einen und dem Lizenznehmer auf der anderen Seite eine Lizenzierung statt. Wer OSS nutzt, schliesst mit anderen Worten auf einen Schlag ein ganzes Bündel von Lizenzverträgen ab. Anders als bei normalen Verträgen, die für ihr Entstehen eine gegenseitige übereinstimmende Willenserklärung der Vertragspartner voraussetzen (Offerte und Annahme), kommt ein OSS-Lizenzvertrag mit der Nutzung der Software allerdings ohne Weiteres zustande: Man muss die wohl Tausenden Entwickler von Linux also nicht fragen, ob man die Software nutzen darf, sondern man erhält mit der Nutzung ohne Weiteres die Einwilligung aller dazu, so lange man sich nur an die Voraussetzungen der Lizenz hält.
Manche Lizenzen, wie etwa jene der Berkeley Software Distribution BSD, folgen hinsichtlich dieser Voraussetzungen einem sehr liberalen Ansatz: Der entsprechend lizenzierte Code darf grundsätzlich frei genutzt werden, so lange nur die Original­quellen angegeben werden. Die GPL von Stallman hingegen verlangt im Austausch für das Recht, GPL-lizenzierte Software frei zu bearbeiten und zu verbreiten, dass die Nutzer den Quellcode grundsätzlich kostenlos jedermann anbieten, dem sie die Software weitergeben. Eigene Weiter­entwicklungen der Software müssen zudem erneut unter die GPL gestellt werden. Diese Art von Lizenz wird gemeinhin als «Copyleft-Lizenz» bezeichnet.
OSS-Lizenzen werden in der Regel unwiderruflich erteilt; eine ausserordentliche Beendigung erfolgt bei Verletzung der Lizenz­bestimmungen aber oftmals automatisch (auflösende Bedingung). Es lohnt sich also, die Bestimmungen genau anzuschauen, bevor man OSS-Code für ein eigenes Projekt nutzt. Denn verletzt man die Bedingungen, verletzt man aufgrund des Wegfalls der Lizenz auch das Urheberrecht des Entwicklers.
Ein Vorteil an OSS liegt darin, dass man, wenn man mit einer Funktion nicht zufrieden ist, selber Hand anlegen kann oder sich über Fehler­management­systeme wie «Bugzilla» mit der Community in Verbindung setzen kann, um Fehler zu melden oder Verbesserungsvorschläge zu machen. Erfahrungsgemäss lohnt es sich jedoch, Kontakte zur Community zu suchen, wenn man etwas erreichen will; ohne diese gehen die Meldungen oft in der Masse unter.
  
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