iTipp 07.06.2013, 06:16 Uhr

Coop: Einkaufen mit dem iPhone

Mit Coop passabene sollen Einkäufe schneller und komfortabler werden, dem iPhone sei Dank. Die Realität ist jedoch eine andere. Ein Erfahrungsbericht.
In immer mehr Coop-Filialen sind sie zu sehen: die grünen passabene-Kästchen, mit denen die Kunden ihre Artikel selber erfassen. Diese Kästchen sind hier aber nicht das Thema, sondern die gleichnamige iPhone-App, die dasselbe leistet – und noch ein wenig mehr dazu.
Einzig das Prinzip vereint die beiden Methoden: Der Kunde scannt mit dem iPhone den Strichcode der Produkte, bevor er sie in den Wagen legt. Am Schluss wird an der Kasse ein QR-Code gescannt; er ist für die App das Zeichen, dass der Einkauf an die Kasse übertragen werden kann. Der Betrag wird bezahlt, und das war’s.
Sieht einfach aus, entpuppt sich aber als totaler Blindgänger: Coop passadene
Die Artikel müssen weder vorgezeigt noch auf das Band gelegt werden, sondern dürfen bereits während des Einkaufs in der Tasche verstaut werden. Allerdings behält sich Coop das Recht vor, stichprobenartige Kontrollen durchzuführen. Unschwer vorzustellen, dass eine solche Situation für den Kunden äusserst peinlich ist – selbst wenn am Schluss die Ehrlichkeit bewiesen wird. Trotzdem lockt die Vorstellung, dass lästige, jahrzehntealte Rituale an der Kasse endlich verschwinden. 

Die Vorbereitungen

Bevor es soweit ist, müssen einige wenige Vorbereitungen getroffen werden. Zuerst wird die kostenlose App benötigt, die derzeit nur für das iPhone angeboten wird. Für die Konfiguration muss der Strichcode der Coop Supercard eingelesen werden – dabei kann es sich um das einfache blaue Modell handeln, oder um die «Supercard Plus», die kostenlose Kreditkarte von Coop. Diese Angabe wird durch den PIN ergänzt – also durch jenen Code, mit dem zum Beispiel am Supercard-Terminal im Laden der Kontostand abgefragt wird. Zu guter Letzt wird auf dem iPhone ein zusätzliches Netzwerk-Profil installiert; damit wird automatisch die Verbindung zum WLAN aufgebaut, sobald man die Filiale betritt.
Das Netzwerk-Profil sorgt für eine automatische Verbindung in der Filiale

Auf Shopping-Tour

Während des Einkaufs werden die Artikel mit der Kamera des iPhones erfasst und die Beträge addiert. Dabei zeigt die App die Artikel, den Einzelpreis und das Total. Zusätzlich wird vorgerechnet, wie viel Geld durch Aktionen und Verbilligungen gespart werden konnte – die potenzielle Lieblingsfunktion aller Schnäppchenjäger. Und natürlich lassen sich Artikel löschen, wenn man seine Meinung ändert.
Alles da: Artikel, das Total und die Einsparungen durch Aktionen
Beim Scannen beginnt das Drama. Der Strichcode wird nur in Ausnahmefällen auf Anhieb erkannt. Viel häufiger artet die Erfassung in eine richtige Fummelei aus, wenn man versucht, die schwarzen Balken in unterschiedlicher Position vor die Kamera zu halten. In unserem Test dauerte es bei den Backwaren fast eine geschlagene Minute, bis der verschwommene Strichcode über den Gipfeln erkannt wurde. Stattdessen wurden wir mehrmals ermahnt, den Autofokus durch Schütteln des iPhones zu aktivieren. Geschüttelt hätte man jedoch besser die Programmierer.
Die roten Kleber (=weniger Kontrast) sind sogar noch schwerer zu erkennen
Als wäre das nicht schlimm genug, fehlt der App ein Multiplikator. Das heisst, auch identische Artikel müssen einzeln erfasst werden. Sie möchten zehn Schalen desselben Hundefutters kaufen? Wir wünschen frohes Schaffen und viel Spass beim Scannen!
An der Kasse geht es tatsächlich schnell: Mit dem iPhone wird der QR-Code  erfasst, das Total zur Kasse übertragen und der Gesamtbetrag präsentiert. Dabei entfällt auch das Vorzeigen der Supercard, um Punkte zu sammeln, denn schliesslich ist diese ja der Schlüssel der ganzen Transaktion.

Eine verpasste Chance

Abgesehen vom Scannen der Einkäufe leistet die passabene-App gar nichts. Eine Einkaufsliste wäre nur logisch, doch diese glänzt durch Abwesenheit. Die Anzeige der laufenden Aktionen? Fehlanzeige. Und wie wäre es in der Coop-Zeitung mit einem QR-Code neben den Produkten, damit diese bequem in die (nicht vorhandene) Einkaufsliste übernommen werden können? Wunschdenken.
Und so weiter. Mit einer gut gemachten App könnte Coop die Kundenbindung deutlich verstärken; stattdessen werden die technik-affinen Konsumenten mit einem trägen und unausgereiften Strichcode-Leser verärgert.
Fazit: Die Möglichkeiten einer solchen App wären enorm – wenn man sich ein wenig Mühe geben würde. In der jetzigen Form profitiert jedoch nur Coop. Der Kunde erledigt die ganze Arbeit, während die Kassiererin am Schluss nur noch das hohle Händchen macht. Kundenfreundlichkeit hat viele Facetten; passabene ist keine davon.

Testergebnis

Anzeige des Gesamtbetrags, Entlastung für das Coop-Personal
Unbrauchbarer Strichcode-Scanner, kein Multiplikator, Kunde verliert Zeit und Nerven

Details:  Ab iOS 4.3

Preis:  kostenlos

Infos: 
https://itunes.apple.com/ch/app/passabene/id527153458?mt=8

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Kommentare
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Hedros
07.06.2013
Ich habe zwar kein iPhone, nutze aber die Möglichkeit meine Einkäufe mit dem Handscanner von Coop zu scannen, was ohne Probleme funktioniert. Der Grund, weshalb ich in die Tasten greife ist die Bemerkung, dass es peinlich sei, wenn man kontrolliert wird. Wieso? Es ist doch das gute Recht von Coop (in diesem Fall) stichprobenweise zu kontrollieren, ob das Vertrauen ausgenutzt wird oder eben nicht. Wenn in der Bahn das Billett kontrolliert wird ist das ja auch nicht peinlich...Und wenn es nun jemandem doch noch peinlich ist, hat er/sie ja immer noch die Möglichkeit ganz "normal" einzukaufen und an der Kasse anzustehen...

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freya
07.06.2013
iPhone vs. Handscanner Ich kaufe schon lange mit dem Handscanner ein, und finde es äusserst gäbig. Als das mit dem iPhone auch möglich war, habe ich es probiert. Doch schon nach dem ersten Artikel habe ich genervt das App gelöscht und holte wieder den bewährten Handscanner. Es ist überhaupt nicht praktisch, das iPhone die ganze Zeit in der Hand zu halten, während es auf den Wägeli eine praktische Halterung für den Handscanner gibt. Sollte Coop die Idee mit der Einkaufsliste doch noch aufgreifen, könnte ich es mir überlegen, dem App nochmals eine Chance zu geben. Allerdings funktioniert meine Post-It-Methode auch. Zum Peinlichkeitsfaktor: ich wurde schon mehrmals kontrolliert, und es war mir nicht peinlich. Eher der Kassiererin... Es war auch für die anderen Kunden unangenehm, als ich den Wocheneinkauf für zwei Haushalte aufs Band packen musste. Denn "natürlich" ist nur eine Passabene-Kasse offen...

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gano
08.06.2013
Ich möchte noch einige Ergänzungen zum Artikel anmerken, die mir ins Auge gefallen sind. Kontrolle: (Stichprobe vs. Ehrlichkeit) Zitat "Allerdings behält sich Coop das Recht vor, stichprobenartige Kontrollen durchzuführen. Unschwer vorzustellen, dass eine solche Situation für den Kunden äusserst peinlich ist – selbst wenn am Schluss die Ehrlichkeit bewiesen wird." Das Passabene System setzt die Ehrlichkeit der Kunden voraus! Der "normalen" Kunden, der seinen Einkauf aufs Band legt, wird jedesmal kontrolliert. (Sind alle Einkäufe auf Band und der Einkaufswagen leer?). Zudem gibt im Coop eine Videoüberwachung und es werden auch Detektive eingesetzt, die sich verdächtig verhaltende Kunden kontrollieren können. App vs. Handscanner: "Der Strichcode wird nur in Ausnahmefällen auf Anhieb erkannt" Ist ein wenig übertrieben. Für das Einlesen von Strichcodes der Handscanner klar im Vorteil ist (Strichcode-Erkennung mittels Laserstrahl). Bei der App wird die Kamera gebraucht und dann spielen Dinge wie Autofokussierung, Lichteinfall ein grosse Rolle bei der Erkennung. Das Produkt und das iPhone müssen ruhig gehalten werden, dann klappt auch meistens. Und ausserdem fragt das Kassenpersonal, ob alles mit den Einscannen geklappt hat. Wer also Probleme hat ein Produkt zu scannen, kann es an der Kasse aufs Band legen. Der Kunde hat ja zum Glück die Wahl zwischen App und dem Handscanner. Also nicht wirklich ein Drama ;-) Fehlende Einkaufsliste (Wunschdenken vs. Realität): Stimmt, in der Coop Passabene gibt keine Einkaufsliste, die App dient zum Erfassen des Einkaufs. In der Coop App findet man ein solche Einkaufsliste. Und auch die Angebote (Neuheiten, Aktionen und Superpunkt-Aktionen), die man einfach der Einkaufsliste hinzufügen kann. Es lassen sich auch Produkte via Strichcode zur Liste hinzufügen. Multiplikator: Im Artikel steht ""Als wäre das nicht schlimm genug, fehlt der App ein Multiplikator. Das heisst, auch identische Artikel müssen einzeln erfasst werden. Dieser Multiplikator fehlt generell (ausser für offen verkaufte Brotware). Weder die iPhone-App noch der Passabene-Handscanner hat eine solche Funktion. Auch dem Kassenpersonal steht kein Multiplikator zur Verfügung. Das heisst, der Kunde und/oder das Personal müssen "zehn Schalen desselben Hundefutters" einzel einscannen. Noch eine Ergänzung zum Beitrag von "freya": Zitat "Es war auch für die anderen Kunden unangenehm, als ich den Wocheneinkauf für zwei Haushalte aufs Band packen musste. Denn "natürlich" ist nur eine Passabene-Kasse offen... " Jede Kasse ist Passabene-fähig! Für das Kassenpersonal gibt die Möglichkeit den "Modus" zu wechseln. Und die QR-Codes für die Passabene App findet man ebenfalls an jeder Kasse. Abschliessend noch eine Anmerkung zum den negtiven Punkten. -Unbrauchbarer Strichcode-Scanner. Übertriebene Aussage. Die App ist zwar langsamer und empfindlicher als der Handscanner, ist aber brauchbar. Zudem gibt es immer wieder Strichcodes die nicht gelesen werden können und an der Kasse manuell eingetippt werden müssen. -kein Multiplikator Ist kein Problem der App, sondern ein allgemeines Fehlen dieser Funktion (App, Handscanner und KASSE ! ) -Kunde verliert Zeit und Nerven Der Kunde hat die Wahl, welches "System" für ihn das "schnellste" und "nervenschonenste" ist. Meine Tipp zum Schluss. Für kleine Einkäufe die App oder die normale Kasse, für Grosseinkäufe den Handscanner.