News 05.01.2017, 11:32 Uhr

Settop-Boxen unter Spähverdacht

Nicht nur Samsung, sondern auch Swisscom und UPC spionieren die Fernsehgewohnheiten ihrer Kunden aus.
Smart-TVs und Settop-Boxen bringen nicht nur das Internet in die Stube. Mit zunehmenden Diensten wie Skype, Facebook und Streaming-Apps bieten auch solche Plattformen weitaus mehr Möglichkeiten, die Zuschauer bei ihren Fernsehgewohnheiten zu überwachen. Allerdings kann auch ein Streaming-Anbieter wie Netflix sehr detaillierte Profile über seine User anlegen, um beim nächsten Einloggen wieder Vorschläge, basierend auf dem vorherige Konsumverhalten, einzublenden. Auch wenn Datenschützer den Smart-TV-Machern immer wieder auf die Finger klopfen und die TV-Hersteller dann versichern, dass Daten anonym und nicht an Firmen-Server übermittelt werden, gibt es durchaus auch vorstellbare Horrorszenarien. Denn auch Angreifer könnten sich rein theoretisch Zugriff auf Schnittstellen wie Mikrofon und Kamera verschaffen oder den ganzen TV verschlüsseln.
Aber auch bei einer Settop-Box kann man nicht ausschliessen, dass Nutzerdaten an die Provider übertragen werden, wie der «Blick» schreibt. Sehgewohnheiten der Kunden werden demnach sowohl bei Sunrise, UPC als auch bei Swisscom verfolgt.

Versteckte AGB

Das alles steht im Kleingedruckten: Willigt man bei den AGB ein, lässt man sich faktisch bei allen Anbietern auf ein bestimmtes Tracking ein. Bei UPC finde das Sammeln von Nutzerdaten innerhalb des Horizon-Angebots nur «in einem kleinen Masse» statt, versichert ein UPC-Sprecher gegenüber der Boulevard-Zeitung. Diese Funktion diene der automatischen Empfehlung von Filmen und Serien auf der Horizon-Box.
Ähnlich tönt es bei Swisscom: Erhoben würden beispielsweise Angaben, welche Sender geschaut werden, welche bezahlten Funktionen (VoD und Live Sport) genutzt werden und wie Kunden die Dinge wie die Aufnahmefunktion nutzen. Swisscom betont jedoch, dass mit der Verwendung dieser Daten den Kunden keine persönlichen Programmempfehlungen zugestellt würden.
Sunrise beschwichtigt: Die Informationen würden nur für eine beschränkte Zeit aufgezeichnet, dann wieder gelöscht, so ein Sprecher gegenüber «Blick».

Schweizer Datenschutz sei gewährt

«Die Nutzungsdaten von Swisscom TV werden zur stetigen Produktentwicklung sowie Qualitätssicherung von Swisscom anonym erfasst», sagt Swisscom-Sprecher Armin Schädeli auf Anfrage. Bei Zustimmung, die bei der Erstinbetriebnahme erfolgt, werde der Nutzer gefragt, ob er mehr persönliche, auf seinem Nutzerverhalten, basierende Tipps erhalten möchte. Swisscom gehe mit den Daten gemäss den strengen Schweizer Datenschutzbedingungen und den «hohen Swisscom-Standards» um. Dem Kunden werde der Zweck des Sammelns der Daten offen gelegt und er willigt hierzu explizit ein, so Schädeli.
Auch bei UPC kann man sich wieder von der Datensammlung abmelden: «Wer unser Horizon-Angebot online nutzt, wird bei erstmaliger Anmeldung um Einverständnis gefragt», sagt UPC-Mediensprecher Berard Strapp dem PCtipp. Der Service könne auch nach der Installation jederzeit abbestellt werden.

Autor(in) Simon Gröflin



Kommentare
Avatar
hanswurst1
05.01.2017
Bin ansonsten für die Wahrung meiner Privatsphäre. Aber dass mein TV-Anbieter weiss, was ich (sehr wenig übrigens) für welche Programme/Sendungen schaue, ist mir echt egal. Das ist aber recht kurzsichtig. Auch wenn Swisscom und Cablecom den Rütlischwur schwören, dass die Daten nicht verknüpft werden, wer sagt, dass sie es nicht trotzdem machen, oder machen werden? Kontrollieren kann's niemand, und wenn doch mal wieder was leaked, wirds als Versehen deklariert, beim zahnlosen schweizer Datenschutzgesetz ist faktisch nix zu befürchten, und Swisscom hat schon mehrfach gezeigt, dass sie sich einen Dreck um Wettbewerbsgesetze kümmern, solange es sich lohnt, immer mal wieder eine Millionenbusse zu bezahlen, wird trotzdem weitergemacht... Da finde ich die vielen Kundenkarten im Detailhandel bedeutend "privater". Wenn Sie die Kundenkarten schon als ein Problem anschauen, wie waer's mit dem (toootal hypothetischen) Szenario, das eine Firma, die Millionen "Kunden"-Karten im Umlauf hat, zB anfaengt, Mobilfunk und TV Abos zu verkaufen...? Da isses dann kein weiter Weg, wie an der Kasse staendig nach Eingabe der Cumuluper-Card™-Nummer zu fragen. Und sich dann wundern, wenn man ein Sonderangebot fuer Taschentücher in der Post hat, nachdem man 10x The Notebook (oder zuviel HusterTV) geschaut hat... Und das dürfte erst der Anfang sein, amerikanische Firmen experimentieren schon länger mit dynamischer Werbung, wo effektiv die Werbespots bei einem Sender durch personalisierte ersetzt werden... Dass man sich heute in fast allen Bereichen gegen Eingriffe in die Privatsphäre aktiv wehren muss, wird je länger je mehr lästig Ja. Allerdings muss man auch sagen, das der grossteil der Leute die Privatspähre erst vermissen wird, wenn es schon VIEL zu spaet ist, heute verkauft doch schon jeder sein ganzes Leben fuer ein paar Cumuluperpunkte™, oder verschenkt es gleich an Facebook, weil's cool ist.

Avatar
makdiver
06.01.2017
Wehren oder nicht - es ist völlig egal Sobald irgendeine Handlung elektronisch abgewickelt wird, sind diese Daten im Netz und werden gespeichert, zusammengetragen und ausgewertet. Ob das nun erlaubt ist oder nicht - es wird gemacht. Big Data ist da das Stichwort, man informiere sich. Man weiss nie, wie diese Auswertungsprogramme ihre Schwerpunkte gesetzt bekommen. Schaut man viel fernsehen, ist man ungesellig. Schaut man wenig Fernsehen, hat man kein Interesse an seiner Umwelt. Alles hat mindestens zwei Seiten.

Avatar
karnickel
07.01.2017
Gewohnheitsprofile, egal ob für Werbung oder TV-Berieselung, zeigt die Gangrichtung der Konsumationsanbieter. Sie versprechen sich mit selbst festgelegten Analysewerkzeugen eine selbst errechnete Gewinnquote. "Wenn Sie dieses Produkt mögen, müssen Sie doch einfach auch jenes mögen." Dann beweisen Sie sich, dass eine Wiederholungsquote von 40% doch sicher zu einer Gewinnoptimierung führen würde und dies doch sicher bei 80% der Kunden. Prozentwerte ausmultiplizieren funktioniert nun aber nicht. Was bitteschön mache ich aus der 20%-"Minderheit" nun, wenn ich nach dem Jean-Claude-Action-Streifen aufs Musikantendstadl wechseln möchte? Finde ich den Button auf dem Klickibunti GUI meiner Kabelbox denn überhaupt noch?