Kommentar 01.07.2005, 09:00 Uhr

Das Freitagsbit: Mein Vater

Die WWKolumne
Der Staat hegt seit einiger Zeit väterliche Gefühle für seine Bürger. Das ist schön, denn irgend jemand muss ja das emotionale Loch flicken, das entsteht, wenn die Väter immer länger und für immer weniger Geld arbeiten müssen, um die ständig steigenden Gebühren und Krankenkassenprämien bezahlen zu können.
Die neueste Erziehungsmassnahme meines Vaters stösst bei mir, seit der ersten Klasse Nichtraucher, auf besonders viel Gegenliebe: Rauchfreie Züge. Ich fand die Beschriftung der Raucherwagen und -abteile schon immer zu unauffällig. Nun gerate ich nie mehr in Gefahr, versehentlich unter die Raucher zu geraten und mir eine Passivraucherlunge zu holen. Danke Vater! Wer behauptet, dass nun alle WLAN- und Handy-Antennen ebenfalls aus den Zügen verbannt werden müssen, der ist böse. Schliesslich weiss Vater am besten, was mir gut tut.
Denn er kennt meine Gedanken, bevor sie überhaupt meinen Verstand erreichen. So wie das Oberste Gericht der USA. Gemäss dem jüngsten Urteil gegen die Tauschbörsen Grokster und Streamcast müssen sich Technologieentwickler künftig davor hüten, überhaupt an illegale Nutzungsmöglichkeiten ihrer Erfindungen zu denken. Auf die gute oder böse Absicht kommt es an. Welche guten Absichten hegten Smith & Wesson? Oder: Ist Michail Timofejewitsch Kalaschnikow ein Engel?
Fragen über Fragen. Aber so sind Kinder nun mal.
Sie fragen. Und fragen. Bis Papa "Ruhe jetzt!" schreit.
Oder eine neue Gebühr einführt.



Kommentare
Es sind keine Kommentare vorhanden.