News 05.08.2013, 08:06 Uhr

Was macht die NSA in der Schweiz?

Spioniert die NSA auch Schweizer aus? Neuste Snowden-Dokumente nähren zumindest diesen Verdacht. Nachforschungen beim Bund werden abgeblockt.
Edward Snowden hat wieder zugeschlagen. Letzten Mittwoch veröffentlichte der «Guardian» dank Snowdens Dokumenten Informationen zur vermutlich grössten Spionage-Waffe der NSA: XKeyScore. In einer geleakten PowerPoint-Präsentation, werden die Möglichkeiten von XKeyScore detailliert aufgezeigt  und was das Programm kann, ist beeindruckend. Die Überwachungssoftware soll in der Lage sein, auf E-Mails, Facebook-Chats und Browserverläufe zugreifen zu können – auch in Echtzeit. Um beispielsweise E-Mails zu lesen, müssen NSA-Mitarbeiter gemäss «Guardian» lediglich drei Informationen angeben: die Mail-Adresse, den Zeitraum in dem die Mail verschickt wurde und einen Rechtfertigungsgrund. Richterlicher Beschluss? Unwichtig. 
Einfache Suchabfragen
XKeyScore kann aber noch weit mehr, wie der «Guardian», der die Folien einzeln analysierte, beschreibt. Im Tool «DNI Presenter» kann ein wissbegieriger NSA-Mitarbeiter einen beliebigen Facebook-Namen eingeben und erhält Zugriff auf dessen kompletten Chat-Verlauf. Auch Browserverläufe sollen ähnlich überwacht werden können.
Unfassbare Datenmengen
Dadurch soll die NSA, so Snowden im «Guardian», derart viele Daten erhalten, dass ihr Speicherplatz nicht ausreicht. Darum würden einige Inhalte bereits nach 24 Stunden wieder gelöscht, andere würden dafür bis zu fünf Jahre gespeichert. 
Schweiz sehr wahrscheinlich auch dabei
Für die Schweiz besonders brisant ist die Folie Nummer 6. Darauf ist abgebildet, wo XKeyScore überall eingesetzt wird (vergleiche Bild oben rechts). Insgesamt werden mit über 700 Servern an geschätzten 150 Standorten Millionen Menschen damit überwacht. Gut möglich, dass auch die Schweiz dabei ist, in Europa scheint es nämlich ein richtiges Server-Wespennetz zu geben. Leider ist die Qualität der Folie zu schlecht um der Schweiz definitiv einen Serverstandort zuzuordnen oder sie von der Liste zu streichen. 
Man schweigt
Die Nachfrage beim Bund brachte nichts ein. Der Schweizerische Geheimdienst (NDB) will sich nicht dazu äussern und meinte lediglich «Sie können davon ausgehen, dass wir wissen, ob XKeyScore hier eingesetzt wird oder nicht.» Immerhin verwies er ans Informatiksteuerungsorgan des Bundes (ISB), mit dem Hinweis, dass die vielleicht mehr dazu sagen könnten. Taten sie nicht, denn das ISB hat eine Schweigepflicht zu diesem Thema verordnet bekommen, riet dem Anrufer aber, es doch beim gerade vorhin angerufenen NDB zu versuchen. Die Message wird also offensichtlich: Wir sagen nichts. Erwartungsgemäss konnten weitere Behörden (BIT, ÜPF) ebenfalls nicht sagen. Ob in der Schweiz XKeyScore eingesetzt wird, bleibt darum unklar.
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Fabian Vogt
Autor(in) Fabian Vogt



Kommentare
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Hensel
05.08.2013
Fall Tinnner Nun, wenn ich bedenke, wie schnell der Bundesrat bei dem "Fall Tinner" brisante Akten um den Atomschmuggel vernichtet hat kann ich mir schon vorstellen, dass die schon seit vielen Jahren, wenn nicht gar Jahrzehnten genau wissen, was da abgeht! Da muss ich meinem Vorredner - wenn auch unter einem völlig anderen Aspekt und wohl auch anderen (offensichtlicherem?) Gesichtspunkt) wohl recht geben

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babywhale
06.08.2013
Ich jedenfalls wäre froh, wenn die 'NSA' wirklich so genau spionieren könnte, dass sie den Schweizer Banktraffic abhören könnte. Denn damit hätte sich das Thema illegaler bzw versteckter Gelder von Steuerbescheisser KUNDENDATEN von selbst erledigt und der Schweizer Bundesrat und Parlament hätte sich die ganze Peinlichkeit der Lex USA sparen können. Dass die Schweizerische Öffentlichkeit es sich gefallen lässt, dass ihre Regierung solche Geheimnisse der 1% bis aufs Blut schützt und damit den politischen Ruf der Schweiz vor der Weltöffentlichkeit endgültig grotesk demontiert und den Ruf der über 80% redlich arbeitenden Banken und deren Mitarbeiter nachhaltig kaputt gemacht hat, entgeht jeden rational denkenden Menschen. Offenbar ist es leider so, dass die Rhetorik des ‚Wir sind von Feinden umzingelt‘, einen Urinstinkt der Schweizer Mentalität anspricht, denn anders sind die gängigen Reaktionen nicht erklärbar. Naja. Im Herbst geht das dann weiter. Next Stop Kantonalbanken und insbesondere all die diskreten, noblen kleinen Treuhandbüros in den einschlägigen Kantonen. Bei den Kantonalbanken ist es juristisch dann sehr delikat. Weil dabei dann Kantone zu Mittätern werden. Nachtrag: Was die NSA hier macht ist eigentlich klar: Es gibt die Botschaften. Es gibt die Software und die Server als Datensammler, die öffentlich verfügbare Daten ab Internet abgreifen. Wie in jedem Land und wie jedes land mit Nachrichtendiensten mit echten Ressourcen das machen. Drüben wird das ganze dann korreliert usw. Dass der Datensammelbunker der Schweizer wegen schlechtem Projektmanagement immer noch nicht betriebsbereit ist, freut natürlich die andere seite, weil die schweizer halt die info bei denen kaufen.