News 18.06.2014, 08:51 Uhr

Ständerat will Rücktrittsrecht beim Onlinekauf

Konsumentenschützer und eine Mehrheit des Ständerats plädieren für ein Rückgaberecht von 14 Tagen im Schweizer Onlinehandel. Branchenvertreter sind dagegen.
Bei vielen Schweizer Onlinehändlern hat sich ein 14-tägiges Rückgaberecht nach EU-Norm schon seit Längerem als «Best Practice» eingebürgert. In der Regel erkennt man solche Shops an den Trusted-Logos und anhand der Rücknahmebedingungen. Simonetta Sommaruga, die ehemalige Präsidentin der Stiftung für Konsumentenschutz, wollte schon vor neun Jahren erfolglos im Obligationenrecht das Widerrufsrecht als ergänzende Bestimmung zum Onlinehandel verankern. Neu soll für Telefonverträge sowie beim Versand- und Onlinehandel ein verbindliches Widerrufsrecht von 14 Tagen gelten. In einer Rechtskommission wurde inzwischen im Rahmen einer neuen Vorlage eine Änderung des Obligationenrechts mit acht gegen zwei Stimmen gutgeheissen.

Konsumentenschützer befürworten neues Rückgabegesetz

Sara Stalder, die derzeitige Präsidentin der SKS, glaubt einem Interview mit Tages-Anzeiger zufolge nach wie vor an die Notwendigkeit einer Neuregelung bei Onlineeinkäufen. Die Konsumentenschützerin ist der Ansicht, dass viele Onlinehändler das Rücktrittsrecht nicht kennen und dieses sehr unterschiedlich regeln. Es melde sich im Schnitt jeden zweiten Tag jemand, der Schwierigkeiten beim Zurücksenden von Waren habe. Die Gefahr eines «Überrumpelungseffekts» ist zwar nicht gegeben, doch würden Produkte oft «beschönigend präsentiert», meint Sara Stalder.

Branchenvertreter sind dagegen

Ein zusätzliches Gesetz brauche es nicht, meinte Digitec im Gespräch mit PCtipp. Dadurch, dass Kunden viel Zeit hätten, sich gut zu informieren und sich in Ruhe die verlinkten Testberichte anzuschauen, sei auch die Gefahr eines Überrumpelungseffekts nicht gegeben. Viele Versandhändler würden ihren Kunden bereits heute in den allgemeinen Geschäftsbedingungen ein Rücktrittsrecht einräumen, sagt Ralf Wölfe, Vorstandsmitglied der Simsa, gegenüber Tages-Anzeiger. Wo es kein solches Rücktrittsrecht gäbe, würden viele Versandhändler aus Kulanz die Produkte zurücknehmen.

Ombudsstelle verzeichnet wenig Reklamationen

Wölfle beruft sich bei seinen Aussagen auf erste Erfahrungen einer vor sechs Jahren geschaffenen E-Commerce-Ombudsstelle. Sara Stalder erachtet die Aussage als nicht massgebend. Ihrer Ansicht nach wurde die Ombudsstelle von der Branche nur gegründet, um die geplante gesetzliche Regelung zu verhindern, sagte sie im Interview mit Tages-Anzeiger.
Die neue Vorlage sieht jedoch vereinzelte Einschränkungen des Rücktrittsrechts vor. So würde das Rücktrittsrecht erst bei Bestellungen von über 100 Franken zum Zuge kommen. Von der Neuregelung ausgenommen wären aber zum Beispiel die Lebensmittelbranche und Dienstleistungen wie Hotel- und Flugbuchungen. 

Autor(in) Simon Gröflin



Kommentare
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Maxtech
18.06.2014
Trotzdem hat der Konsument in der EU nicht mehr als hier. Liest man deutsche AGB's bei Ebay oder Händlern, braucht es ein Jurastudium um den Inhalt zu verstehen. Ich hatte bis anhin mit europäischen Firmen mehr Schwierigkeiten mit Garantiesachen. Einer sandte sogar ein Gerät nicht zurück und behauptete es sei durch Fremdeinwirkung defekt gegangen. Recht zu haben und auch durchzusetzen ist schwieriger. Mit dem Rückgaberecht nimmt automatisch auch zu, dass schon mal verschickte und retournierte Ware beim Konsumenten als Neu aufgetischt wird.

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Lunerio
18.06.2014
Mit dem Rückgaberecht nimmt automatisch auch zu, dass schon mal verschickte und retournierte Ware beim Konsumenten als Neu aufgetischt wird. Wird auch heute schon so gemacht?

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hwRob
18.06.2014
Solange sich das auf original verpackte und ungeöffnete Ware bezieht, sehe ich kein Problem darin. Denn dann kann man dem Konsumenten auch glaubhaft abnehmen, dass er die Güter völlig überhastet bestellt hat :rolleyes: Etwas Selbstverantwortung darf man auch vom Konsumenten verlangen. Ich weigere mich, für bereits in Betrieb genommene und angefasste Geräte den vollen Preis zu bezahlen. Bei PC-Hardware gehe ich soweit und sende gebrauchte ware zurück. Da in meinen Systemen nur Neuware verbaut wird. Ich will doch keine OC-Testfail RMA Hardware kaufen - wo ich dann als Käufer das risiko trage. Warum ich diesen Fall so direkt anspreche ist, weil es in der deutschen HW-Foren landschaft gang und gäbe ist.

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hwRob
18.06.2014
Wird auch heute schon so gemacht? Naja die Grossen stellen sowas eigentlich als Demo/RMA/Vorführmodel in den Shop rein und bieten dazu einen Rabatt an. Das finde ich dann korrekt. Gibt aber sicher auch Schware Schafe, resp. Ware bei der es nicht so auffällt und es auch nicht ganz so tragisch ist. Aber bei einer CPU/Grafikkarte die bei mir ohne Schutzsiegel und mit Fettflecken auf der inneren Verpackung antrutelt, würde die Ware direkt retour gehen.

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gustav47
19.06.2014
14 tägiges Rückgaberecht ein Muss! Für mich steht ausser Frage, ein 14 tägiges Rückgaberecht sollte auf Gesetzesebene eingeführt und dies nicht den einzelnen Händlern nach Gutdünken überlassen werden. Solange man einen Artikel nicht vor Ort prüfen kann, sind Fehleinkäufe durch Täuschungen und falsche Beschreibungen oder falsche Einschätzung jederzeit möglich. Zudem schärft es die Ehrlichkeit und Lauterkeit der Händler.

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Klaus Zellweger
19.06.2014
Und die Läden? Verstehe ich das richtig? Damit sind die Online-Käufer besser geschützt, als die Kunden im Laden?! Dann wäre man ja blöd, zum Beispiel ein Notebook im Geschäft zu kaufen. Denn wenn das Teil ein totes Pixel auf dem Display zeigt, ist man auf Gedeih und Verderb auf den Goodwill des Verkäufers resp. des Herstellers angewiesen. Wenn das Gerät hingegen im Internet bestellt wurde, wird es einfach zurückgeschickt, und gut ist’s. Irgendwie ergibt das keinen Sinn. Oder der Sinn besteht darin, den stationären Handel ganz zu unterlaufen. Oder vielleicht habe ich auch nur die Pointe verpasst. :confused:

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Masche
20.06.2014
Verstehe ich das richtig? Damit sind die Online-Käufer besser geschützt, als die Kunden im Laden?! :confused: Ja, und das ist auch richtig so. Wenn ich in einem Laden etwas kaufe, habe ich die Möglichkeit, es genauer anzuschauen. Man darf keine Hemmungen haben, bei einem Gerät, das Hunderte von Franken kostet, zu verlangen, dass man es vor dem Kauf auspacken und begutachten kann. Man wird dann zwar oft skeptisch angeschaut und muss sich Fragen gefallen lassen wie: "Ja, kaufen Sie es dann auch wirklich, wenn es OK ist?". Das Recht dazu - siehe Obligationenrecht - hat man auf jeden Fall. Ein Recht auf eine spätere Rückgabe oder einen Umtausch bei Nichtgefallen, ausgenommen bei offensichtlichen Mängeln, gibt es - ebenfalls gemäss OR - dagegen nicht. Bei einem Onlinekauf hat man diese Möglichkeit des Überprüfens vor dem Kauf aber nicht. Deshalb muss dort ein erleichtertes Rückgaberecht bestehen, damit der Online-Käufer einen vergleichbaren Schutz geniesst, wie der Ladenkäufer.