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28.06.2016, 10:37 Uhr
US-Einreisebehörden wollen Zugriff auf Social-Media-Accounts
Als ob die Einreise in die USA nicht schon kompliziert genug wäre. Nun will die US-Zoll- und -Grenzschutzbehörde auch Social-Media-Daten wie Konto und Provider erfahren.
Leigh Van Bryan, 26, und Emily Bunting, 24, staunten nicht schlecht, als sie am Los Angeles International Airport nichtsahnend von bewaffneten Mitarbeitern der US-Zoll- und -Grenzschutzbehörde (DHS) erwartet wurden. Richtig ungemütlich wurde es aber erst, als Leigh Handschellen angelegt und in ein Polizeiauto gesetzt wurde. Der Plan des Iren und der Engländerin war eigentlich nur, im Januar 2012 in der Stadt der Engel Urlaub zu machen. Doch weil Leigh kurz vor dem Flug folgende Tweets absetzte, sollten die beiden Los Angeles nicht betreten dürfen:
Die US-Heimatschutzbehörde DHS fuhren mit Leigh ins Gefängnis, wo er zwölf Stunden lang zusammengesperrt mit mexikanischen Drogendealern festsass und vernommen wurde. «Die fragten mich, warum wir Amerika ‹zerstören› wollten und ich sagte denen, ‹zerstören› bedeute in Grossbritannien, Party zu machen», sagte Leigh im Nachhinein der Zeitung «Daily Mail». Emily sei gefragt worden, ob sie Wache halten würde, während Leigh Marilyn Monroe ausgräbt. «Es war schwer, nicht laut loszulachen in dem Moment. Auch wenn die Situation überhaupt nicht komisch war, ich fühlte mich wie ein Terrorist.» Alle Erklärungsversuche nützten nichts. Am nächsten Tag erfuhren Emily und Leigh, dass ihre Einreisegesuche abgelehnt wurden. Sie mussten nach Grossbritannien zurückfliegen.
Solche Szenen könnten in Zukunft öfter vorkommen. Die US-Zoll- und -Grenzschutzbehörde möchte, dass USA-Reisende ihre Social-Media-Daten offenlegen. «Das Sammeln der Social-Media-Daten wird die bestehenden Analyse- und Ermittlungsverfahren verbessern und gibt der Heimatschutzbehörde ein zusätzliches Werkzeug an die Hand, kriminelle Aktivitäten und Verbindungen klarer und sichtbarer werden lassen», schreibt die Behörde in einer Notiz. Die Angabe der Daten – die Behörde würde gerne Provider, Plattform und Account kennen – sei freiwillig. Allerdings, soviel ist zu vermuten, ist das nur Schein.
Wer auf den heutigen Formularen schon einmal aus Jux bei der Frage nach «geplanten terroristischen Aktivitäten» «Ja» ankreuzte, fand schnell heraus, dass die Behörden keinen Sinn für Humor haben. Bei einem «Nein» zu Social-Media-Angaben dürfte einem die besondere Aufmerksamkeit der Behörden auch sicher sein. Was beispielsweise für meine Mutter, die gerade noch weiss, wie ein Computer eingeschaltet wird, ein Problem werden dürfte. Bis zum 22. August können Privatpersonen oder Organisationen, die etwas gegen die neue Regel haben, schriftlich Beschwerde einreichen. Wie die Daten dann analysiert werden sollen, ist unklar. Die Grenzwächter werden kaum Zeit haben, von jedem Passagier Tausende Tweets zu durchforsten – ist zu hoffen.
Bei Emily und Leigh war dies jedenfalls noch nicht der Fall. Damals war die Zollbehörde auf die Mitteilung einer Drittperson angewiesen, da Social-Media-Scanning zwar betrieben wurde und wird, allerdings mit reiner Stichwortabfrage. Und wer ist schon blöd genug, einen geplanten Terrorangriff zuvor via Facebook anzukünden. Falls sich die Behörde durchsetzt, dürfen sich USA-Reisende deshalb über noch mehr über Bürokratieirrsinn nerven als bisher. Übrigens: Die Kosten für die Bearbeitung dieser Formulare, das lässt sich aus der Notiz der Behörde herauslesen, liegt bei knapp 300 Millionen US-Dollar im Jahr. Geld, das, so scheint es, deutlich sinnvoller für Verbrechensbekämpfung mit grösseren Erfolgschancen verwendet werden könnte.
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