News 04.08.2015, 10:56 Uhr

Darf Facebook auch Schweizer zur Klarnamenpflicht zwingen?

Der Verzicht auf Facebook-Scheinnamen sorgt beim Hamburger Datenschutzbeauftragten einmal mehr für Empörung. Doch welche Regelung sieht eigentlich die Schweizer Gesetzgebung vor?
Wer auf Facebook lieber anonym bleiben will, übersieht hierbei, die geltenden AGB des sozialen Netzwerks dereinst stillschweigend akzeptiert zu haben. Das realisiert ein Nutzer spätestens dann, wenn das soziale Netzwerk den gewählten Fantasienamen auf einmal wieder in den amtlichen Namen ändert.
In Hamburg versucht derzeit der Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, Facebook per Verwaltungsanordnung dazu zu bringen, die Verwendung von Pseudonymen zuzulassen. Hintergrund: Eine Nutzerin hat sich aus just diesem Grund bei den dort ansässigen Datenschützern beschwert. Nach der Umbenennung forderte Facebook darüber hinaus eine amtliche Ausweiskopie, um das Konto wieder freischalten zu können.

Facebook reagiert enttäuscht auf deutsche Forderungen

Laut des Spiegel-Berichts reagierte das soziale Netzwerk enttäuscht darüber, dass die Klarnamenregeln wieder zu einem Thema werden, weil deutsche Gerichte sie mehrfach überprüft hätten. Diese würden Facebook zufolge dem massgeblichen europäischen Datenschutzrecht in jeder Hinsicht genügen. Es ist nicht das erste Mal, dass Facebook damit ins Visier der europäischen Datenschützer gerät, zumal sich der riesige Social-Media-Dienst über nationale Gesetzgebungen hinwegzusetzen scheint.

Rechtslage in der Schweiz

Das sieht zumindest Johannes Caspar, der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, so: Nach deutschem Gesetz verstosse der Zwang zur Nutzung des Klarnamens gegen das im deutschen Telemediengesetz verankerte Recht der Betroffenen auf Verwendung eines Pseudonyms. In der Schweiz gäbe es demgegenüber kein ausdrückliches Recht auf Anonymität, doch könne ein solches Recht insbesondere aus dem datenschutzrechtlichen Grundsatz der Verhältnismässigkeit abgeleitet werden, erklärt Rechtsanwalt Martin Steiger.
Zweifel an der Praxis von Facebook hat aber auch der Datenschutzbeauftragte (Edoeb): «Wenn der Anbieter mit seinem Dienst eine Kommunikation zwischen Personen anstrebt, die sich mit ihrem richtigen Namen zu erkennen geben, wäre der Klarnamenzwang zwar durchaus möglich, sagt Francis Meier, Sprecher des Edoeb auf Anfrage. «Allerdings kann man sich fragen, ob es zum Verhindern von Missbräuchen nicht genügen würde, wenn einzig Facebook die wahre Identität der Person kennt und es den Usern grundsätzlich freistellt, ob sie Pseudonyme verwenden wollen», so Meier.
«Auf Anhieb erkenne ich nicht, inwiefern es für Facebook notwendig sein sollte, die bürgerlichen Namen von Nutzern zu bearbeiten, das heisst zu sammeln», so die persönliche Meinung von Rechtsanwalt Steiger.

Wenig Aussicht auf Erfolg

Wie aussichtsreich die Erfolgschancen stehen, gegenüber Facebook ein allgemeines europäisch-irisches Recht auf Datenschutzbestimmungen geltend zu machen – Google wurde darüber schon belehrt –, ist bislang unter europäischen Datenschützern noch umstritten.

Autor(in) Simon Gröflin



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