News 17.06.2013, 15:10 Uhr

Endlich: Bald kein EU-Roaming mehr

Mit Swisscom wird man wohl bald direkt über ausländische Netze surfen, ohne die SIM-Karte zu wechseln – und noch günstiger! Ab 2015 könnten innerhalb des EU-Raums Roaming-Gebühren sogar gänzlich entfallen.
Tolle Nachrichten für Schweizer Handy-Benutzer. Ab Mitte 2014 müssen sämtliche Mobilfunktanbieter innerhalb der EU zulassen, dass deren Datenverbindungen lokal genutzt werden können. So wird man auch als Schweizer bald ohne Wechsel der SIM-Karte beispielsweise ganz einfach per App in Deutschland auf einen lokalen Provider umschalten können. Die Abrechnung wird weiterhin ganz normal über den Heimprovider erfolgen, allerdings mit den massiv reduzierten EU-Roaming-Tarifen des lokal genutzten Providers.
Vor kurzem hat die EU-Kommissarin Nelly Kroes gegenüber sämtlichen EU-Mobilprovidern die gänzliche Aufhebung der Roamintarife innerhalb des EU-Raums angekündigt. «Telefonieren und Datenverkehr dürfen im EU-Ausland nicht teurer sein als daheim.» Nun zeichnen sich erste Folgen ab, zumindest für die bisher anfallenden Raoming-Gebühren bei mobiler Datennutzung.

Swisscom hat bereits Pläne

Swisscom hat gestern gegenüber sonntagonline bereits bestätigt, dass Swisscom-Kunden tatsächlich davon profitieren werden, auch wenn «Swisscom als Schweizer Netzbetreiber nicht dazu verpflichtet sei». Die technische Realisierung wird möglicherweise, wie eingangs erläutert, über eine eigens entwickelte Swisscom-App erfolgen. (Update: Swisscom dementiert auf Anfrage die Aussage von sonntagonline: Es ist noch nicht gesagt, dass die technische Realisierung wirklich in Form einer App erfolgen wird, so Mediensprecher Olaf Schulze am Telefon. Dafür wären noch grössere technische Abklärungen vonnöten. Eher wahrscheinlich ist die Realisierung in Form eines «Local Breakout»: Dabei müsste der Anwender sich neu im Ausland beim lokalen Provider registrieren. Wie die Art der Registrierung erfolgen wird, ist technisch noch nicht ganz klar. So kann die Verwaltung des ausländischen Dienstes dessen Dienstbeanspruchung dem Heim-Provider zu einem späteren Zeitpunkt in Rechnung stellen.)

Sunrise und Orange werden mitziehen müssen

Es liegen noch keine näheren Angaben darüber vor, was die Konkurrenten von Swisscom in Planung haben. Sicher ist, dass Orange und Sunrise nachziehen werden müssen. Schweizer Vielsurfer werden sonst unweigerlich zum «Touristenfutter» ausländischer Provider, denn für jeden Provider eines EU-Landes ist ein Schweizer ein Neukunde. Der allgemeine Preiskampf unter den EU-Providern wird sich nämlich allgemein verschärfen. Ähnliches wird unseren Schweizer Providern widerfahren: Sunrise verweist auf Anfrage vor allem auf die derzeit innovativen und mit Swisscom nicht vergleichbaren Roaming-Datenpakete, konnte sich jedoch zu künftigen Plänen bezüglich EU-Roaming-Preiszerfall noch nicht äussern. Orange konnte zur Zeit zu einer Stellungnahme noch nicht erreicht werden. 
(Update: Orange hat per E-Mail nachträglich Stellung genommen. Auch Orange evaluiert derzeit Möglichkeiten, dem Kunden zum gegebenen Zeitpunkt «Local Breakout»-Lösungen anzubieten und habe diesbezüglich bereits mit den Anbietern in der EU Kontakt aufgenommen. 
Orange definiert «Local Breakout» folgendermassen:
«Der Local Breakout (LBO) ermöglicht es dem Kunden, im Ausland ein lokales Datenangebot und damit ein lokales Datennetz zu nutzen; z.B. ein Orange CH-Kunde ist in Deutschland in den Ferien und nutzt für Datenverkehr ein Angebot eines lokalen Anbieters. Das heisst, er «surft» auf dem deutschen Datennetz. Der Kunde muss ein solches Angebot abonnieren (meistens über eine App). Der Kunde hat dann ein Vertragsverhältnis (Prepay oder Postpay) mit dem lokalen Anbieter. Die Abrechnung für die Datennutzung läuft direkt mit dem lokalen Anbieter. Der Orange Schweiz-Kunde hat ein Vertragsverhältnis z.B. nur für die Datennutzung mit dem lokalen Anbieter. Orange erhält in der Folge auch keine Rechnung vom deutschen Anbieter (anders als beim bisher üblichen Roaming) für die Benutzung seines Datennetzes.»
Orange habe dann auch keine Einsicht in die Datennutzung des Kunden und stelle dem Kunden auch nichts in Rechnung für die Nutzung des deutschen Anbieters, so Orange per E-Mail. Geht man nach dieser ausführlichen «Local Breakout»-Definition von Orange, könnte mit hoher Wahrscheinlichkeit ein ähnliches Modell wohl auch bei Swisscom zur Anwendung kommen. Ansonsten würde sich die Abrechnungsart vom bisherigen Roaming nicht gross unterscheiden.)

Ab 2015 bald gratis?

Falls das Parlament und daneben die EU-Staaten mitmachen, könnten die Roaming-Kosten wohl 2015 sogar gänzlich wegfallen, sofern die gewöhnlichen Übergangsfristen für EU-Gesetze angelegt werden. Die EU-Kommissarin Kroes legt den Abgeordneten laut Redetext ans Herz, die Vorschläge bis Ostern 2014 zu verabschieden – also kurz vor den Europawahlen im Mai 2014. «Ich will, dass Sie zu Ihren Wählern zurückgehen können und sagen, dass Sie die Roaming-Kosten abschaffen konnten», hiess es im Redetext.

Autor(in) Simon Gröflin



Kommentare
Avatar
darilenz
17.06.2013
Wer's glaubt wird seelig. Wie hiess es bis anhin immer von Swisscom und Co.: Die ausländischen Provider diktieren uns die Preise und das sei möglich, weil wir nicht zur EU gehören. Und das wird sich auch in Zukunft nicht ändern. Wir sind nicht in der EU, ergo haben wir auch nicht Anspruch auf die Anwendung von EU-Gesetzen. Und dass unsere Politiker in Bern was ändern, ist auch nicht anzunehmen. Siehe dazu wie sie sich bis heute verhalten haben. Ich mache mir weiterhin keine Illusionen. Am besten im Ausland eine lokale Sim-Karte kaufen.