News 18.12.2013, 09:30 Uhr

Test: Sony DSC-RX10

Die Bridge-Kamera von Sony punktet mit einer leistungsstarken Optik und ausgefuchsten Filmfunktionen.
Äusserlich ist die Sony RX10 von einer Spiegelreflex kaum zu unterscheiden. Das wuchtige Gehäuse lässt nichts anderes vermuten, und das gilt erst recht für das Objektiv. Die Optik ist jedoch fest verbaut und lässt sich nicht austauschen, sodass die RX10 zur Klasse der Bridge-Kameras gehört – einer Mischung aus einer hochwertigen Kompakt- und einer Spiegelreflex-Kamera.
Die Sony DSC-RX10 mit ihrem omnipräsenten Objektiv (Bild: Sony)

Äusserlichkeiten

Das Gehäuse besteht aus einer Magnesiumlegierung. Es ist gegen Staub und Spritzwasser geschützt und fühlt sich ausgesprochen hochwertig an. Die Kamera liegt dank dem gummierten Wulst sehr gut in der Hand. Der Schwerpunkt befindet sich jedoch auffallend weit links, was der voluminösen Optik geschuldet ist.
Der gummierte Handgriff sorgt für eine ergonomische Haltung
Die RX10 ist mit einem OLED-Sucher ausgestattet, der mit 1,4 Millionen Bildpunkten auflöst. Das Sucherbild ist angenehm hell und arbeitet auch bei schlechten Lichtverhältnissen praktisch ohne Nachzieheffekt. Das Display auf der Rückseite misst in der Diagonale 7.5 cm und lässt sich um 45° nach hinten kippen, so dass es sich leichter über Menschenmassen hinweg fotografieren lässt. Nach unten kann es um 90° geschwenkt werden, so dass man direkt von oben auf das Bild blicken kann. Der Sensor am Okular schaltet automatisch von der Anzeige auf dem Display zum Sucher um, sobald sich das Gesicht des Fotografen nähert. Die Dioptrien-Korrektur rundet die Ausstattung des Suchers ab – eine nette Zugabe, denn auch als Brillenträger kann man das Sucherbild nahezu vollständig überblicken.
Die Kamera verfügt über einen eingebauten Blitz, der vor der Verwendung mit einem Druck auf die Entriegelung aus dem Gehäuse befreit werden muss. Zusätzlich kann ein Systemblitzgerät am «Multi Interface-Zubehörschuh» montiert werden, an dem ausserdem auch ein optionaler, optischer Sucher angebracht werden kann.
Der Blitz muss manuell ausgeklappt werden
Praktisch: Das Fach für die Speicherkarte befindet sich nicht bei der Batterie, sondern wird rechts am Gehäuse eingelegt. Damit kann die Karte auch dann gewechselt werden, wenn die Kamera auf einem Stativ steht. Gar nicht gelungen ist hingegen die Art, wie die Batterie geladen wird. So liefert Sony zwar ein kleines Netzteil mit, doch dieses kann den Akku nur über ein USB-Kabel direkt in der Kamera laden. Wer also zum Beispiel in den Ferien kurz ins Hotelzimmer will um den Akku zu tauschen, kann dies zwar tun – doch die verbrauchte Batterie lässt sich nur laden, wenn auch die Kamera auf dem Zimmer bleibt. Dieser Makel wiegt umso schwerer, weil die Kamera geschlagene sechs Stunden benötigt, um einen vollständigen entladenen Akku wieder in Form zu bringen.
Zu den weiteren Anschlüssen gehören zwei 3.5-Millimeter-Buchsen für ein externes Mikrofon sowie für einen Kopfhörer. Über den Mini-HDMI-Anschluss lassen sich Filme direkt in Full-HD auf dem Fernseher ausgeben, bei Fotos wird sogar Ultra-HD (4K) unterstützt. Da wirkt da das Gewinde für den mechanischen Fernauslöser fast schon wie ein nach Anachronismus.

Die Optik macht’s

Das Objektiv wirkt wuchtig, und das hat durchaus seine Gründe: Sein Brennweiten-Bereich beträgt 24 mm bis 200 mm (bezogen auf Kleinbild), und das bei einer durchgehenden maximalen Lichtstärke von ƒ2,8. Damit wird bei jeder Brennweite das Spiel mit der Tiefenschärfe möglich – eine Eigenschaft, die man bei vielen anderen Kompakt- und Bridge-Kameras vergeblich sucht.
Die durchgehende Blende ƒ2,8 ermöglicht das Spiel mit der Tiefenschärfe
Damit die grosse Blendenöffnung auch im hellen Sonnenschein ihre Wirkung entfalten kann, verfügt die RX10 über einen eingebauten Graufilter; er schluckt drei Belichtungsstufen und wird wahlweise manuell oder automatisch zugeschaltet. Wenn das Licht hingegen schwächer wird, hilft der optische Bildstabilisator im Kampf gegen verwackelte Bilder.
Der Abstand zum Motiv kann auf bis zu 3 cm reduziert werden
Solange mit Autofokus gearbeitet wird, kann auf zwei Arten gezoomt werden: entweder über den Wippschalter gleich neben dem Auslöser oder über den Zoomring am Objektiv. Wird hingegen auf die manuelle Fokussierung umgeschaltet, kümmert sich der Zoomring um die Fokussierung, und gezoomt wird nur noch über den Wippschalter. Im Sucher wird die angepeilte Stelle automatisch vergrössert, so dass eine präzise Beurteilung der Schärfe möglich ist.
Das Objektiv in der Weitwinkel- und in der Telestellung
Der hintere Ring reguliert die Blendenöffnung. Die Blendenstufen rasten mit einem knackigen Geräusch ein, was ein sehr angenehmes Gefühl vermittelt. Alternativ kann diese Rastung mit dem Schalter am Objektiv deaktiviert werden, so dass die Blende deutlich leiser und fliessend verändert werden kann – ein nicht zu unterschätzender Vorteil für Filmer.

Gelungene Menügestaltung

Die RX10 strotzt vor Möglichkeiten; umso mehr muss man Sony für die durchdachte Menüführung ein Kränzchen winden. Alle Funktionen werden im Hauptmenü übersichtlich auf vier verschiedene Bereiche verteilt. Zusätzlich zeigt ein Druck auf die «Fn»-Taste die wichtigsten Einstellungen – oder jene, die der Fotograf für die wichtigsten hält, denn die Auswahl lässt sich praktisch beliebig anpassen. Durch das Drücken des Einstellrads werden die einzelnen Bereiche angefahren, anschliessend lassen sich die Einstellungen mit dem Drehrad ändern.
Die Bedienung und die Menügestaltung sind mustergültig
Überhaupt besticht die RX10 durch eine hohe Flexibilität. Neben den erwähnten Menüs lässt sich die «C»-Taste mit einer nahezu beliebigen Funktion belegen. Doch damit nicht genug, denn auch die «AEL»-Taste, die eigentlich für die Speicherung der Belichtung zuständig ist, lässt sich anders belegen – genauso wie das Steuerrad, wenn es am unteren Ende angetippt wird. Wer sich einmal die Mühe macht, die Tasten der RX10 an seine Bedürfnisse anzupassen, wird anschliessend nur noch selten das Hauptmenü aufrufen müssen.
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Fotografieren, Bildqualität und Filme

Fotografische Qualitäten

Die Sony RX10 fotografiert mit 20,2 Mpxl auf, die auf einem 1 Zoll grossen Sensor untergebracht sind (13,2 x 8,8 mm, siehe Grafik). Der Sensor ist zwar deutlich grösser als jener der besseren Kompaktkameras (1:1,8“), aber deutlich kleiner als jene nach dem Four-Thirds- oder APS-C-Standard. Oder einfacher ausgedrückt: Bei der RX10 tummeln sich zu viele Pixel auf zu engem Raum.
Der 1-Zoll-Sensor liegt mit seiner Grösse im Mittelfeld
Die RX10 bietet bei Tageslicht eine sehr gute Bildqualität in der Mitte, lässt jedoch bei offener Blende an den Rändern nach – nicht schlimm, aber im direkten Vergleich gut sichtbar. Die getestete Kamera tendierte ausserdem zu einer leichten Unterbelichtung, gefiel aber durch die knackigen Farben. Wer sich die Mühe macht, kann die Farbgebung bis ins Detail an die eigenen Vorlieben anpassen. Dazu werden die mitgelieferten Farbschemas (neutral, lebhaft, Landschaft usw.) modifiziert, indem der Kontrast, die Sättigung und die Schärfe verändert werden.
Satte Farben mit einer leichten Tendenz zur Unterbelichtung
Dazu gesellen sich die üblichen Programme für Sportaufnahmen, Nachtszenen, Sonnenuntergänge und mehr. Besonderes Augenmerk verdient die Einstellung «Anti-Bewegungs-Unschärfe», die zu schärferen Bilder bei schwachem Licht verhilft: Die Kamera schiesst dabei in blitzschneller Folge mehrere Bilder, um danach die besten Bildinformationen zu einem neuen Ganzen zusammenzusetzen.
Zu den weiteren Besonderheiten gehören Schwenkpanoramen sowie ein automatischer HDR-Modus für Hochkontrastaufnahmen.
Eine Panorama-Funktion ist ebenfalls mit an Bord
Bei Dämmerlicht zeigt sich der Sensor jedoch erstaunlich robust. Aufnahmen bis 800 ISO werden von der JPEG-Engine überzeugend optimiert. Selbst bei 3200 ISO gelingen noch brauchbare Aufnahmen. Ab 6400 ISO lässt die Qualität jedoch schlagartig nach. Allerdings muss auch gesagt werden, dass sich die JPEG-Engine der Kamera wie die Axt im Wald aufführt. Wenn hingegen im Raw-Format fotografiert wird und das Bild durch eine spezialisierte Software entrauscht wird, lässt sich vielleicht noch etwas retten. Hier die Szene in der Übersicht, aufgenommen mit hohen 8’000 ISO:
Aufnahme mit 8’000 ISO
Und hier der Crop. Das Raw-Bild (oben) wurde in Photoshop mit Nik Dfine behandelt (Mitte); Störungen sind zwar noch sichtbar, aber das Foto wirkt nicht mehr so plattgebügelt, wie das JPEG aus der Kamera:
Aus einer Raw-Datei lassen sich mit der passenden Software noch mehr Details herausholen
Man muss sich stets vor Augen halten, dass die RX10 im Vergleich zu einer regulären, gehobenen Kompaktkamera eine  sehr gute Qualität liefert – es sind lediglich der Preis und das voluminöse Gehäuse, die die Erwartungshaltung auf DSLR-Niveau heben.
Die Fokussierung erledigt die RX10 schnell, präzise und leise. Ausserdem hilft sie dem Fotografen, Personen ins beste Licht zu rücken. Die Kamera fokussiert auf Wunsch automatisch auf Gesichter, wobei sich die wichtigsten Menschen speichern lassen, sodass sie in der Menge bevorzugt behandelt werden. Und die Lächeln-Erkennung löst automatisch aus, wenn die Zielperson scheinbar gute Laune hat.

Filmen

Bei der Filmfunktion läuft die RX10 zur Bestform auf. Die Kamera filmt maximal in Full-HD (1080p). Als Bildrate stehen 24 fps zur Verfügung. Ausserdem kann je nach Einstellung (PAL oder NTSC) auch mit 50 respektive 60 fps gefilmt werden. Wird jedoch in NTSC gefilmt, nervt die Kamera bei jedem Einschalten mit dem Hinweis «Läuft in NTSC», der erst verschwindet, wenn der Auslöser angetippt wird.
Filmaufnahmen werden über eine dedizierte Taste gestartet und gestoppt
Wenn die Kamera während der Aufnahme nicht auf einem Stativ steht, wird vorzugsweise über die Tastenwippe beim Auslöser gezoomt und nicht am Objektiv selbst. Die RX10 reduziert automatisch die Geschwindigkeit, mit der die Brennweite geändert wird, sodass ansprechende und gleichmässige Zoomfahrten möglich werden. Allerdings hinterlässt dieser Vorgang deutlich hörbare und ziemlich hässliche Störgeräusche; ambitionierte Filmer müssen also fast zwangsläufig zu einem externen Mikrofon greifen, für das ein eigener Anschluss bereitsteht. Der Tonpegel wird dabei im Sucher respektive auf dem Display angezeigt.

Wifi, NFC und GPS

Die RX10 ermöglicht den Wifi-Transfer zu einem iOS- oder Android-Gerät, indem die kostenlose App «PlayMemories Mobile» verwendet wird. Dazu erzeugt die Kamera ad hoc ein Wifi-Netz, das auf dem Smartphone aufgerufen wird. Anschliessend wird die App gestartet, die Übertragung der ausgewählten Fotos beginnt sofort. Das klappte einwandfrei, aber die Freude währt nur kurz: Von den 20 Mpxl eines Fotos kommen lediglich 1.6 Mpxl auf dem Smartphone an. Das reicht gerade noch,  um sich auf Facebook nicht zu blamieren.
Die RX10 ist ausserdem mit einem NFC-Modul ausgestattet, das den Datenaustausch nahezu komplett automatisieren soll. Allerdings haben wir es mit einem HTC One auch nach mehreren Anläufen nicht geschafft, etwas anderes als das NFC-Signet auszutauschen.
Doch damit werden die meisten Fotografen leben können. Viel schlimmer ist, dass die RX10 nicht mit einem GPS-Modul ausgestattet ist. So hilft nur die Verwendung einer spezialisierten App auf dem Smartphone wie zum Beispiel Geotag Fotos Pro, das für iOS und Android angeboten wird.
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Kaufempfehlung und Fazit

Zielgruppe und Kaufempfehlung

Die Sony DSC-RX10 kann über weite Strecken überzeugen und bietet alles, was der Reisefotograf benötigt. Die Stärken liegen vor allem im optisch stabilisierten Zoom, das mit einer Brennweite von 24–200 mm mit einer durchgehenden Lichtstärke von ƒ2,8 beeindruckt. Der integrierte Graufilter sorgt dafür, dass auch im hellen Tageslicht mit Offenblende fotografiert werden kann. Die zweite grosse Stärke findet man in der Videofunktion: Mikrofon- und Kopfhörer-Anschluss sorgen für den richtigen Umgang mit dem Ton, allerdings ist ein externes Mikrofon für anspruchsvolle Filmer ein Muss.
Viel Leistung, wenige Schwächen (Bild: Sony)
Zu den Schwächen gehört der eher kleine Sensor mit seiner (zu) hohen Auflösung. Im Dämmerlicht kann die Sony-Kamera nicht mit einer APS-C-Kamera mithalten, auch wenn gewiefte Automatismen aus dem spärlichen Licht herausquetschen, was es zu herauszuholen gibt. Gerade hier muss sich die RX10 den Vergleich mit anderen Kameras gefallen lassen, die längst in der APS-C-Klasse angekommen sind – und dazu muss man nicht einmal die Konkurrenz bemühen: Die Sony NEX-6L bietet vielleicht nicht denselben Zoombereich, doch sie ist deutlich kompakter und arbeitet mit einem APS-C-Sensor mit 16 Mpxl – und das für wenig mehr als die Hälfte des Preises, den man für die DSC-RX10 auf den Tisch legt.
Fazit: Was die Funktionen und die Optik anbelangt, lässt die Sony DSC-RX10 kaum Wünsche offen. Die Abmessungen entsprechen jedoch denjenigen einer DSLR, ohne den Vorzug einer Wechseloptik. Deshalb richtet sich diese Kamera vor allem an Fotografen, die grossen Wert auf eine ausgewachsene Videofunktion legen. Wer mit den wenigen Schwächen dieser Kamera jedoch leben kann und sich von der Grösse nicht abschrecken lässt, wird mit ihr gut bedient.
Das Testgerät wurde uns freundlicherweise von digitec.ch zur Verfügung gestellt. Über diesen Link gelangen Sie direkt zur Produkteseite.

Testergebnis

Zoom, Ergonomie, Videofunktion, Automatismen
Netzteil, kein GPS, zu hohe Auflösung

Details:  20,2 Mpxl, 24–200 mm bei durchgehend ƒ2,8, Video mit 1080p (50/60 fps), Kippdisplay

Preis:  1089 Franken

Infos: 
www.sony.ch

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