News 05.11.2013, 08:53 Uhr

Shitstorm über Tankstellengesichtserkennung

Britische Datenschützer sind alarmiert: Die britische Tankstellenkette Tesco nutzt ein Gesichtserkennungssystem, um Reklamen besser nach Alter und Geschlecht zu steuern.
Tesco ist die grösste Handelskette in Grossbritannien und die drittgrösste weltweit hinter Walmart (USA)
Kundenwünsche sollen von den Augen abgelesen werden. Die britische Tankstellenkette Tesco installiert zurzeit ein Gesichtserkennungsystem. Dafür scannt der Flachbildschirm an der Kasse die Gesichter der Kunden. Laut BBC werde das System auf alle 450 Aussenbereiche der Tesco-Tankstellen ausgerollt. Der Hintergedanke des digitalen Scans: Kunden können so besser mit massgeschneiderter Werbung versorgt werden – zu jeder Tageszeit, nach Alter und Geschlecht. Hält sich ein jugendlicher Kunde beispielsweise am Morgen in der Nähe der Kasse auf, kann ihm am HD-TV bei der Kasse sogleich eine Red-Bull-Werbung eingeblendet werden.

Gesichtsmuster

Die Scanner der Firma OptimEye, entwickelt von einer Firma namens Amscreen, werden auch Informationen wie Datum, Ort und Zeit nutzen, um genau die Werbung einzublenden, die im Moment dem Kunden passen könnte. Jeder Bildschirm ist mit einer eingebauten Kamera ausgestattet, die automatisch Gesichtsmuster des menschlichen Gesichts erkennt. Hunderte visueller Charakteristika wie Schatten und Abstände zu Gesichtsregionen seien in der Hardware zur Analyse der Gesichter vorgespeichert. Anhand der Kombination dieser Variablen könne das System darauf schliessen, ob es sich um ein männliches oder weibliches Individuum handle und die Altersgruppe klassifizieren.
Auch auf Twitter macht bereits ein Shitstorm die Runde: Einige User würden nur noch mit Burka einkaufen gehen

Angeblich keine Datenspeicherung

«Die Technologie speichert keine Bilder oder erkennt keine individuellen Personen – sortiert wird ganz einfach nach Geschlecht und nach drei Alterskategorien», insistierte der Amscreen-Chef gegenüber Dailymail.

«Kenne deinen Kunden»

Britische Datenschützer der Organisation Big Brother Watch reagieren empört auf die Pläne des Tesco-CEOs, Phil Clarke, dessen Business-Regel Nummer eins wohl lautet: «Kenne deinen Kunden». Zumindest hat Phil Clarke diese Worte schon oft auf Konferenzen von sich gegeben. 1995 führte Clarke bereits ein erstes Kundenkartensystem in Grossbritannien ein.

Ladenbesuch mit Burka?

Knapp 4,5 Millionen Kameras sind in den Strassen, Bahnhöfen und Einkaufszentren Englands montiert. Die Polizei ist allerdings mit der Überwachung und der daraus resultierenden Bilderflut überfordert.
Auf Twitter drohen Tesco-Kunden bereits mit Boykott oder künftigen Ladenbesuchen in Burka-Verschleierung.

Bildergalerie
Nach dem Burka-Verbot im Tessin müsste es demnach doch bald wieder eine Bewilligung geben – für einen «Anti-Drohnen-Mantel» inklusive Schal. Er schützt vor den Wärmebildkameras. Sie werden so nirgends mehr so leicht erkannt. 


Autor(in) Simon Gröflin



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