News 18.07.2002, 14:15 Uhr

Spam macht einen «Fürst» noch nicht zum König

Immer mehr Werbemails flattern Tag täglich in unseren virtuellen Briefkasten. Auch Schweizer Firmen wie Fürst E-Marketing haben diese lästige Tätigkeit zu ihrem Broterwerb auserkoren. Doch so völlig machtlos, wie es oft scheint, sind wir als PC-Anwender gar nicht.
Vor wenigen Wochen brachte der PCtip in den Webnews einen Artikel über die ärgerlichen Werbemails der Zürcher Firma Fürst E-Marketing [1]. Darin haben wir eine E-Mail-Adresse angegeben, unter der man sich laut Inhaber des Unternehmens aus dessen Verteilerliste löschen lassen kann. Leider mussten uns einige Leser berichten, dass sie trotz Antrag immer noch fleissig weiter "bespammt" worden sind. Ein Opfer der Werbeflut hat sogar versucht, seine E-Mail Adresse durch Zustellung eines eingeschriebenen Briefes aus dem Verteiler streichen zu lassen - doch auch diese Aktion blieb erfolglos.
Ein weiterer PCtip-Leser verlangte Einsicht in seine gespeicherten Daten. Diesem Begehren muss gemäss Art. 8 des Bundesgesetzes bei "besonders schützenswerten" Daten stattgegeben werden. Der Leser bekam von Fürst E-Marketing als Antwort, dass die E-Mail-Adressen des Betroffenen ohne Personenangaben gespeichert und somit keine "besonders schützenswerten" Daten seien. Falls er aber dennoch Einsicht in dieselbigen haben wolle, müsse er folgendes an Fürst E-Marketing senden: eine Kopie der ID oder des Passes, eine notarielle Bestätigung und eine Bestätigung des Internetproviders, dass er wirklich der einzige Eigentümer/Besitzer der fraglichen E-Mail-Adresse sei. Also Auflagen, die an die Grenzen des Zumutbaren gehen, rechtlich keinesfalls haltbar und ein klarer Verstoss gegen das Datenschutzgesetz sind.
Auch für den Datenschutzbeauftragten (DSB) von Zürich [2] sind die Argumente von Fürst E-Marketing nur heisse Luft. E-Mail-Adressen seien immer personenbezogen, jeder dürfe Einsicht in diese verlangen und einem Begehren, das die ausdrückliche Löschung der E-Mail-Adresse aus einem Werbeverteiler verlangt, müsse stattgegeben werden, so die Antwort auf eine Anfrage des PCtip.
In einer E-Mail an unsere Redaktion äusserte sich der Inhaber der Firma Fürst E-Marketing zur Frage, wieso einige Personen trotz Abmeldung immer noch Werbemails von seiner Firma erhalten. Darin gab er den Anwendern die Schuld: Diese wüssten meist nicht "[...] auf welche E-Mail Adresse sie eine unerwünschte Werbebotschaft erhalten haben [...]" oder haben vielleicht vergessen "dass sie vor langer Zeit einmal irgendwo eine Mail-Adresse eröffnet haben und diese auf ihren Haupt-Account umleiten. Das kann dazu führen, dass sie sich mit der falschen E-Mail-Adresse abmelden.". Am Ende der E-Mail erwähnte Fürst E-Marketing zusätzlich: "Wir bearbeiten alle Remove-Requests nach bestem Wissen und Gewissen. Remove-Requests, die mit der Androhung von körperlicher Gewalt einhergehen oder in Form von 50+ seitigen Faxen übermittelt werden oder Viren enthalten, bearbeiten wir nicht.".
Die Aussage von Fürst E-Marketing scheint auf den ersten Blick eine mögliche Erklärung. Eine Anfrage bei den betroffenen PCtip-Lesern ergab jedoch, dass einige von ihnen immer noch Werbemails bekommen, obwohl sie sich mit der richtigen Adresse abgemeldet haben - also ein eindeutiger Verstoss gegen den Datenschutz, der laut Anwalt gesetzlich belangt werden kann.
Einigen Lesern wurde der Spam zwar nicht mehr auf die zur Löschung beantragte, aber auf eine andere Adresse zugeschickt, die sie nirgendwo veröffentlicht und auch nur selten benutzt haben. Wie konnte Fürst E-Marketing überhaupt in den Besitz dieser Adressen gelangen?
Am wahrscheinlichsten ist die Erklärung eines engagierten Lesers, dass die Firma die Adressen einfach aus bestehenden Informationen zusammengesetzt hat. Das heisst, existiert eine Adresse muster@swissonline.ch, versucht der Spammer einfach auch eine Werbemail an muster@bluewin.ch zu schicken. Denn oft benutzen Computeranwender bei verschiedenen Providern immer wieder dasselbe Präfix.
Wenn Sie also genau wissen möchten, welche gültigen Adressen Fürst E-Marketing von Ihnen besitzt, dürfen Sie laut Bundesgesetz diese Information verlangen und zusätzlich die Löschung der Daten beantragen. Der EDSB [3] hat dazu sogar eine eigene Briefvorlage im Internet veröffentlicht [4]. Damit Sie aber nicht aus Versehen Daten von anderen Personen einsehen können, ist es notwendig, zusätzlich eine Kopie Ihrer ID an die Spam-Firma zu schicken. Wenn Ihre Bitte nicht erfüllt wird, können Sie Klage gegen das Unternehmen einreichen.
Heute bestehen also in der Schweiz schon gute gesetzliche Grundlagen, um gegen unliebsame Werbemailer vorzugehen. Neben dem oben erwähnten Datenschutzgesetz nannte uns ein Anwalt weitere Anklagepunkte, die man vor Gericht gegen Spammer vorbringen könne: So ist es möglich, sich auf das UWG (Unlauteres Wettbewerbsgesetz) oder auf das Strafgesetzbuch (z.B. Missbrauch des Telefons, Nötigung etc. als Anklagepunkte) zu beziehen. Zu diesen Punkten existieren zwar noch keine Präzedenzfälle, einige ähnliche Strafanzeigen beschäftigen aber derzeit die zuständigen Untersuchungsbehörden.
Da verständlicherweise nicht alle Anwender den Weg vors Gericht gehen wollen, können wir Ihnen als weitere Lösungen gegen Spam empfehlen, ein Anti-Spam-Programm wie SpamNet [5] zu installieren, unerwünschte Absender im E-Mail-Programm herauszufiltern, sich eine andere E-Mail-Adresse zuzulegen oder den Provider zu bitten, doch die Absender lästiger Werbemails zu sperren. Weitere nützliche Tipps im Kampf gegen Spam finden Sie in einem Online-Merkblatt des EDSB [6].



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