Tests 11.12.2018, 08:30 Uhr

Test: Nikon Z6

Auch Nikon wagt den Sprung in ein professionelles Kamerasystem ohne Spiegel. Und die Z6 weiss durchaus zu überzeugen.
Die Z6 ist das günstigere Modell der zwei neuen Vollformat-DSLMs, die Nikon diesen Herbst lanciert hat. Das heisst aber nicht, dass sie sich hinter der Z7 verstecken muss. Ganz im Gegenteil: Die Z6 hat gute Argumente dafür, sogar die bessere der zwei Kameras zu sein.
Die Nikon Z6 ist die günstigere Variante der beiden Z-Modelle

Äusseres und Bedienung

Nikon-Fans können aufatmen: Wie schon Canon hat auch Nikon seine Design-Philosophie beim Einstieg in die DSLM-Welt nicht vergessen. Wer schon einmal eine Nikon-DSLR in den Händen hatte, fühlt sich auf der Z6 sofort heimisch. Der Kamera-Body insgesamt ist ein wenig kompakter und leichter, die Bedienung funktioniert aber grösstenteils gleich. Abstriche aufgrund der Grösse muss man als Nutzer nur wenige machen. Allem voran das etwas kleine und schwammige Steuerkreuz. Glücklicherweise benötigt man das fast nur für die Menüführung.
Die Kamera ist kleiner als vergleichbare DSLR-Modelle, aber doch grösser als die Sony-a7-Reihe und die APS-C- und M4/3-Konkurrenten
Alle anderen Knöpfe sind dagegen ausgesprochen solid und überzeugen mit einem angenehmen Druckgefühl. Sogar die clever angebrachten Knöpfe auf der Vorderseite neben dem Objektiv bieten ein befriedigendes, haptisches Feedback. Ausgezeichnet ist auch der kleine Joystick, der etwa auf Daumenhöhe angebracht ist. Wie beispielsweise bei Fujifilm-Kameras steuert der Joystick die Platzierung des Fokuspunkts, was so massiv einfacher geht als mit einem Steuerkreuz. Und das erst noch ohne vorher eine Taste drücken zu müssen. *hust* Canon *hust*. Leider kann der Joystick nicht für die Menüsteuerung verwendet werden. Gerade wegen des schwammigen Steuerkreuzes wäre das angenehm gewesen.
Generell macht die Anordnung der Tasten und Bedienelemente Sinn. Ausser der Galerie, dem Löschknopf und der Modusauswahl sind sämtliche Tasten auf der Griffseite angebracht, wodurch die Kamera gut bedient werden kann, ohne dass man die linke Hand vom Objektiv nehmen muss. Mit Ausnahme der Taste für die Belichtungskorrektur sind auch alle Tasten bequem erreichbar. Wie gewohnt von Nikon gibt es einen Kippschalter für den Wechsel zwischen Fotomodus und Videomodus. Wer lieber direkt aufnimmt, kann dies auch per dedizierter Videotaste machen.
Auch die neuen Nikons erhalten ein praktisches LCD auf der Oberseite
Blende und Belichtungszeit werden wie gewohnt mit zwei Rädchen eingestellt. Die Blende direkt unter dem Auslöser mit Zeige- oder Ringfinger, die Belichtungszeit mit dem Daumen auf der Rückseite. Beide Räder sind in Ordnung, wenn auch nicht perfekt. Das vordere Rad ist für meinen Geschmack etwas streng eingestellt. Das hat den Vorteil, dass es nicht allzu leicht verstellt werden kann, allerdings macht es absichtliche Einstellungen auch mühsamer. Das hintere Rad variiert je nach Handposition. In meinem Fall lässt sich das Rad besonders mit der Spitze meines Daumens angenehm drehen. Das entspricht aber nicht direkt meiner natürlichen Handposition, welche eher die Mitte der Daumenkuppe verwenden würde. Mit dieser ist das Rad allerdings zu rutschig. Probieren Sie am besten die Kamera im Geschäft aus, um herauszufinden, ob das für Sie passt oder nicht.
Anders als die Konkurrenz verwendet Nikon aktuell keine Steuerungsringe am Objektiv. Für bestehende Nutzer ist das angenehm, da man sich nicht umgewöhnen muss. Allerdings verpasst Nikon so auch eine Chance: Bei der Canon EOS R lassen sich Blende, Belichtungszeit und ISO komplett ohne zusätzliche Knöpfe regeln, alles in der regulären Handposition. Blende am Objektiv, Belichtungszeit mit dem vorderen Rad, ISO mit dem hinteren Rad. Bei Nikon benötigt ISO einen separaten Knopf auf der Oberseite.
In Sachen Bedienung macht Nikon fast alles perfekt
Als kleinen Bonus hat Nikon die Dioptrienkorrektur perfektioniert. Das Rad dafür klickt streng genug, damit man es präzise einstellen kann, und lässt sich zudem verriegeln, damit sich in der Tasche nichts aus Versehen verstellt.
Auf der Software-Seite kann man Nikon nicht viel vorwerfen. Die Menüs sind wie gewohnt übersichtlich und einfach zu verstehen. Neben dem ausschweifenden Hauptmenü gibt es ein Schnellzugriff mit bis zu zwölf frei wählbaren Funktionen. Generell ist die Anpassbarkeit der Z6 eine grosse Stärke. Fast jeder Button, jedes Drehrad kann angepasst und eingestellt werden. So lässt sich sogar das Problem der verkehrten Belichtung lösen: Der Belichtungsmesser verläuft standardmässig von links (unterbelichtet) nach rechts (überbelichtet). Dreht man aber eines der Steuerungsräder nach links, wandert die Belichtungsanzeige nach rechts und umgekehrt. Aber wie gesagt: Das lässt sich ändern.
Ein grosser Sensor braucht auch ein grosses Objektivbajonett

Ausstattung

Die grösste Ladung an Kontroversen gibt es bei der Ausstattung der Z6. Das beginnt gleich mit dem Streitthema XQD. Die von Nikon entwickelten Speicherkarten bieten zwar durchaus Vorteile gegenüber SD/microSD, sind dafür aber komplett inkompatibel mit sämtlichem Zubehör und anderen Geräten. Zudem kosten die Karten ein gutes Stück mehr als vergleichbare SD-Alternativen. Ein XQD-Adapter ist beigelegt, allerdings nur mit einem USB-A-Anschluss, was für Besitzer eines neueren Laptops eine weitere Adapterkette bedeutet. Zudem besteht natürlich der Nachteil, dass die XQD-Karten ausschliesslich für Nikon-Kameras verwendet werden können, während alle anderen Hersteller ihre Speicherkarten frei hin und herwechseln können. Die Z6 verfügt zudem nur über einen Kartenslot, was für einige Nutzer ein Problem sein kann.
Mehr Kompatibilität gibt es bei den Batterien. Die Nikon Z6 verwendet das Batteriemodell EN-EL15b, eine Weiterentwicklung der EN-EL15 respektive der EN-EL15a, die in aktuellen DSLR-Modellen verwendet werden. Beide älteren Batterien funktionieren mit der Z6, bieten aber eine schlechtere Akkulaufzeit und können nicht per USB aufgeladen werden. Das ist vor allem daher relevant, weil die Akkulaufzeit der Z6 nicht gerade Rekorde bricht. Nach rund 310 Fotos ist Schluss, sofern man nicht gezielt Batterie spart und beispielsweise das Display ausschaltet. Ein Reserve-Akku ist empfehlenswert.
Das Display der Z6 lässt sich in verschiedene horizontale Winkel neigen, aber nicht drehen oder vertikal kippen
Das Display auszuschalten, wäre dann auch etwas schade. Die praktische Touch-Funktion ginge so komplett verloren, genauso wie die Möglichkeit, das Display in der horizontale nach oben oder unten zu kippen. Drehen oder im Hochformat kippen lässt sich das Display leider nicht. Das wäre hilfreich, wenn man im Hochformat versucht, schwierige Winkel in Fokus zu bringen.
Apropos Fokus: Der Autofokus der Nikon Z6 ist gut, aber nicht führend. In Sachen Tempo hinkt Nikon hier noch leicht hinter Sony oder Canon her. Allerdingt beklagen wir uns hier auf hohem Niveau: Auf keinen Fall ist die Z6 langsam, nur halt leicht langsamer als die Konkurrenz. Erweiterte Funktionen wie Gesichtserkennung oder Tracking funktionieren bestens und ausserhalb schwieriges Lichtsituationen fokussiert die Z6 bestens.
Wo Nikon der Konkurrenz Beine macht, ist beim Tempo. Zwar gibt es auch hier keinen 30-FPS-Wahnsinn, das wäre aber bei einem solchen Sensor auch schwierig. Allerdings schafft die Z6 doch 12 FPS bei voller Auflösung und 12 Bit RAW.
Zum Schluss liefert die Z6 alle Anschlüsse, die man von einer Kamera dieser Kategorie braucht: HDMI für externe Videoaufnahmen, USB zum Aufladen und Übertragen von Daten, Audio in und out für Kopfhörer und Mikrofon und natürlich einen Anschluss für den Fernauslöser von Nikon.
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