Tests 21.11.2016, 12:26 Uhr

Steam Machine: Alienware Alpha im Test

Konsolen-Feeling in der Stube: Von der Dell-Tochter gibt es einen neuen Spielerechner im Mini-Format. Nicht ganz so klein ist der optionale «Grafikverstärker».
Es gibt verschiedene Ansätze, PC-Gaming auf Konsolen-Niveau in der Stube zu realisieren. Die einfachste Variante für Anspruchsvolle: Man baut sich je nach Spielanforderung und Grafikleistung einen leisen Mini-PC. Damit man sich bequem im Sofa zurücklehnen kann und sich nicht mit lästigen Dingen wie Tastatur und Maus abmühen muss, ist aber ein Griff in die Trickkiste angebracht. Dazu nötig sind meist ein paar Zusatz-Tools für häufige Tastenkombinationen wie Fenster schliessen, Steam starten usw. Wer dafür keine Zeit, geschweige den Pläne hegt, selber ein leises System zu bauen, kann sich, vorkonfiguriert, auch eine pfannenfertige Lösung kaufen: zum Beispiel das Alienware Alpha R2.
Das Alienware Alpha R2 ist ein PC-System im Konsolenformat
Quelle: PCtipp

Ein Blick ins Innere

Der Gaming-PC der Dell-Tochter im Konsolenformat bietet da mit seinem Formfaktor von weniger als zwei Litern sogar einen Vorteil: Der rund 800 Franken günstige Mini-PC, den es in verschiedenen Konfigurationen gibt, ist mit Abmessungen von nur 20 x 20 x 5,5 cm wesentlich kleiner als gängige Konsolen wie die PlayStation 4 oder Xbox One S. Dafür fehlt dem kleinen Rechenknecht ein Blu-ray-Laufwerk. Der Strombezug erfolgt extern über ein 180-Watt-Netzteil. Ausgeliefert wurde unsere Konfiguration mit einer 500-GB-Festplatte im 2,5-Zoll-Faktor (SATA 6 Gbit/s), die sich auch gegen ein SSD-Laufwerk tauschen liesse. Beim Prozessor hat man sich eines Vierkern-i5-Skylake-Chips bedient (Intel Core i5-6400T, 6. Generation). Der Käufer hat aber auch die Wahl zwischen Core-i3- und i5-Bestückungen. Damit nicht zu viel Hitzestau entsteht, hat der Hersteller einen Kompromiss bei der Grafikkarte gesucht. Alienware verbaut eine mittlere High-End-Grafikkarte des Nividia GeForce GTX 960, mit der immerhin einige ältere Games wie «Skyrim» oder «Alice: Madness Returns» mit ausreichender 4K-Bildwiederholrate über die Bühne gehen.
Je zwei grosse Lüfter pusten die Wärme von Grafikkarte und CPU nach hinten
Quelle: PCtipp
Die integrierte GTX 960 genügt aber hauptsächlich für anspruchsvolles Spielen in Full-HD-Auflösung. Beim RAM hat man in dem Mini-System leider nur einen Slot in der «SO-DIMM»-Ausführung zur Verfügung, der mit einem 8-GB-DDR4-Riegel belegt war. (SO-DIMM-Sockel kommen in der Regel bei Notebooks und kleinen Media Centers zum Einsatz.) Daneben finden wir weiter einen leeren PCI-Express-3.0-basierten M.2-Slot, den man für ein zusätzliches SSD-Flash-Modul als Primär- oder Sekundärlaufwerk ausnutzen könnte.

Externe Verstärkung

Wer für seinen 4K-Fernseher mehr Leistung will, kann – kein Witz – einen externen Grafikverstärker anschliessen. Die Idee ist schon älter, wird aber mit flotteren Übertragungstechniken und neuen Schnittstellen wieder aktuell. Allerdings setzt Alienware nicht auf eine Verbindung wie Thunderbolt 3.0, sondern wegen der Kompatibilität zu älteren Dell-Systemen auf einen proprietären Stecker.
Ein spezieller Verbindungsstecker koppelt die externe Erweiterungseinheit mit dem Mini-PC
Quelle: PCtipp
Mit Abmessungen von 41 x 18,6 x 17,4 cm ist die Grafikbox nicht gerade klein. Im Innern kommt ein OEM-Netzteil mit 460 Watt zum Einsatz, das die Single-PCI-Express-Bahn (3.0 x16) speist. Einen stolzen Aufpreis muss man aber für dieses sperrige Zubehör einkalkulieren: Die Box kostet im Dell-Shop rund 280 Franken. Eine Desktop-Grafikkarte muss man sich selber bestellen. Macht man nun die Milchbüechlirechnung mit einer ordentlichen High-End-Grafikkarte, kosten das Minisystem und der Amplifier im Komplett-Paket gegen 1800 Franken. Rein preislich vertretbar ist das, würde man doch ungefähr diesen Preis auch für einen ordentlichen Gaming-PC bezahlen. Da die Zusatzeinheit, die dann einfach irgendwo auf dem Boden neben dem TV-Möbel liegt, recht Platz in Anspruch nimmt, drängt sich bereits die Frage auf, ob man für 4K Gaming nicht geradesogut auf einen platzsparenden Komplett-Micro-Tower-PC als All-in-One-Lösung setzen könnte. Hierzu gibt es ein paar berechtigte Einwände, wie wir noch sehen werden.
Im Innern bietet der Amplifier ein 460-Watt-Netzteil und die Einbaumöglichkeit für eine grosse Desktop-PCI-Express-Grafikkarte

Ausstattung

Auf der Rückseite hat das Alpha R2 nebst eines optischen Digital-Audio-Ausgangs und des speziellen Anschlusses für die Grafikbox auch Gigabit-LAN sowie HDMI als Ein- und Ausgang zu bieten. Letzteres, um beispielsweise einen Blu-ray Player durchzuschleifen. Je zwei front- und rückseitige USB-3.0-Ports sind vorhanden, um Dinge wie ein Gamepad oder Bluetooth-Dongles für weitere Peripherie anzuschliessen. Unter einer Klappe des Konsolen-PCs verbirgt sich noch ein weiterer USB-2.0-Anschluss.
Das Alienware Alpha verfügt auch über einen HDMI-Eingang und einen Toslink-Anschluss
Quelle: PCtipp
Die verbaute GTX 960 ist noch HDMI-2.0-fähig und kann bei älteren Spielen mit dem beiliegenden High-Bandwidth-HDMI-Kabel Frameraten von über 30 Bildern pro Sekunde in 4K-Auflösung ausgeben. Die Riesen-Verstärkungseinheit bringt übrigens vier weitere USB-3.0-Ports mit. Die Leistung und die Ports des Mini-PCs würden ohnehin nur knapp für ein VR-System wie Oculus Rift oder HTC Vive reichen.
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Bedienung auf Top-Niveau, Fazit

Bedienung auf Top-Niveau

Die angepasste Bedienungsoberfläche «HiveMind» von Alienware hat uns ziemlich beeindruckt. Spiele verwalten, auf YouTube oder auf gespeicherte Mediendateien vom NAS zugreifen: Das geht hier alles ganz flink mit dem Xbox Controller! Das Ganze baut auf der bekannten Media Center Software XBMC («Kodi») auf. Standardmässig bootet der PC mit der schönen Kacheloberfläche. Leider lag kein Controller dabei. Wir haben einen Xbox One Elite Controller via USB-Kabel angeschlossen. Natürlich ist insbesondere Steam sehr gut auf die Xbox-Steuerung optimiert. Ganz ohne Tastatur geht es dann doch nicht ganz, wenn man weitere Game-Launcher wie den Gog Galaxy Launcher oder Ubisofts Uplay-Spielverwalter installiert und erst einmal alle Games konfiguriert. Alternativ steht für den Alltag auch die Emulation für Maus- und Tastatureingaben zur Verfügung, die man bei gleichzeitigem Drücken der vier Schultertasten und des linken Analogsticks aufruft. Was in der Natur der Sache liegt: Für Spiele auf Plattformen wie Gog.com werden Sie nicht so leicht ohne Tastatur und Maus auskommen. Bei Steam ist das Konsolen-Feeling erwartungsgemäss perfekt!

Konsolen-Feeling auf einem PC

Insgesamt gefällt uns, wie viel Aufwand man in die Nutzererfahrung reingesteckt hat. Alle Bereiche des GUI sind gut sortiert, sodass man auch bequem eine App wie Twitch aufrufen, dann von einem Moment zum anderen wieder zu Steam gelangen kann – und das alles mit dem Xbox Controller. Respekt! Kodi-Skins erstellen ist zwar kein Hexentrick, aber die ganze Steuerungsbelegung beansprucht sehr viel Zeit. Die hat sich Dell definitiv genommen. Zu kritisieren gibt es höchstens ein Detail: Will man von der Hivemind-Oberfläche wieder in den Desktop gelangen, ist leider jedes Mal ein Neustart erforderlich, von wo aus man erst als Administrator auf die ganze PC-Oberfläche zugreifen kann. Warum nicht gleich vom Kodi-Skin in die Desktop-Ansicht wechseln? Einen Vorteil hat das aber vielleicht: Wenn Kinder mit dem Alienware spielen, ist wenigstens das Risiko eingedämmt, dass unbeabsichtigt Software installiert oder etwas an den Systemeinstellungen verändert wird.
Das Alienware Alpha R2 ist kaum grösser als eine Nintendo Wii U
Quelle: PCtipp

Nicht genug Leistung für 4K

Für Gaming-Leistung auf 4K-Niveau reichte es bei fordernden Spielen wie «Doom» mit dem zusätzlichen Amplifier nur für knapp 40-45 Bilder pro Sekunde und das auch nur bei mittleren Grafikdetails. Schuld daran war aber die ältere Nvidia GeForce GTX 980, die man uns mitgeliefert hat. Mit einer 980 Ti reichte es bereits für konstantere Bildwiederholraten (bis zu 60 fps), allerdings nicht in den höchsten Detaileinstellungen («Nightmare»). Im Betrieb ist der kleine Konsolen-PC mit aus nächster Nähe hörbaren 50 dB(A) nicht gerade leise. Mit dem zusätzlichen Grafikverstärker und einer Nvidia GeForce GTX 980 wird es mit zusätzlichen 54 dB(A) schon unüberhörbar laut. Das entspricht in etwa demselben Lärmpegel, als hätte man einen normalen Tower-PC ohne optimierte Gehäuselüftung und CPU-Wasserkühlung in der Stube rumstehen.
Der externe Grafikverstärker (rechts im Bild) ist nicht gerade kompakt
Quelle: PCtipp
Unter Höchstleistung hört sich auch das Alienware Alpha R2 im alleinigen Betrieb wie eine damals eher laute PlayStation 3 Slim an. Grund: Prozessor und Grafikkarte sind von zwei grossen Lüftern bedeckt, welche die Wärme nach hinten pusten. Leider sind die Lüfter unter Vollast ein wenig laut und fahren sich bei Leerlauf nicht so schnell auf angenehmere Drehzahlen herunter. Beim Stromverbrauch hüpft der Mini-PC im Spiel «Rise of The Tomb Raider» ohne Verstärker bei 4K-Leistung von ca. 77,6 Watt auf 128 Watt. Das ist im Vergleich zur PlayStation 4 Pro mit ähnlicher Grafikleistung aber noch bescheiden: Optimierte PS4-Spiele mit höherer Auflösung beanspruchen auf der neuen Sony-Konsole bis zu 160 Watt. Im Normalbetrieb pegelt sich der Mini-PC bei 26-30 Watt ein, was wir als vertretbar erachten (bis 60 Watt auf der PS4 Pro).
Der Startbildschirm des Alienware Alpha
Quelle: PCtipp

Nerviger Boot-Fehler

Es gibt aber noch zwei Aspekte, die das Spielerlebnis ein wenig trüben: Zum einen die Ladezeiten, zum anderen das Booten mit und ohne den Grafikverstärker. Gamer, die schon seit acht Jahren ein SSD als obligates Primärlaufwerk im Einsatz haben, werden hier bei ladeintensiven Spielen ein wenig an den Fingernägeln kauen. Wir verstehen nicht, warum Alienware nicht gleich eine Konfiguration mit einem 500-GB-SSD-Laufwerk anbietet, werden doch die 2,5-Zoll-Flash-Laufwerke immer günstiger. Wir raten zu einem Austausch oder einem zusätzlichen M.2-PCI-Express-Modul. Mit dem externen Verstärker gibt es auch ein Ärgernis: Bootet man das Alpha R2 ohne die Expansionseinheit, nachdem man diese zuvor zusammen mit dem PC in Betrieb hatte, nervt unmittelbar nach dem BIOS-Ladevorgang eine Fehlermeldung. Das System will dann nur noch hochfahren, wenn es wieder auf die Grafikbox zugreifen kann, auch wenn Strom und Zuschaltsignal nach sauberem Herunterfahren getrennt waren. Um bei weniger rechenintensiven Spielen oder beim Installieren neuer Titel Strom zu sparen, müsste dieses Umschalten einfacher möglich sein. Der Mini-PC im Single-Betrieb startete erst dann wieder brav, wenn man die F1-Taste beim Bootvorgang gedrückt hielt, um die Fehlermeldung zu überspringen. Wenn da nur die Tastatur wieder in Greifnähe wäre, um jetzt F1 zu drücken. Eine Antwort auf eine Frage an Dell zu besagtem Problem ist noch offen. Wir halten Sie an dieser Stelle auf dem Laufenden.
Konsolen-Feeling für die Stube hat man mit dem Alienware Alpha R2 definitiv
Quelle: PCtipp

Fazit

In der i5-Vierkern-Konfiguration mit der GTX 960 ist das Alienware Alpha R2 ein nutzerseitig geniales Spiele-Mediacenter für ordentliche Gaming-Leistung auf Full-HD-Niveau. Wer unbedingt 4K-Gaming-Leistung möchte, sollte sich die Anschaffung der lauten Zusatz-Einheit samt teurer Desktop-Grafikkarte gut überlegen. Je nach Design der Grafikkarte war der Betrieb zwar ein wenig leiser als mit unserer Test-Referenzkarte von Nvidia, die uns Dell mitgegeben hat. Alternativen: Man kann sich die Benutzeroberfläche auch selber auf einem anderen PC einrichten. Ein ordentlicher PC im schallgedämmten Micro-Tower kann bei guter Lüfteroptimierung noch einiges leiser und effizienter sein als das Alienware-Gespann aus Mini-PC und Amplifier. Zudem hat man für echtes 4K ohnehin einen Nachteil: Der Verstärker ist nicht für zwei Grafikkarten im Doppelgespann ausgelegt.  
Vom Dell Alienware Alpha R2 sind verschiedene Konfigurationen verfügbar. Eine Übersicht liefert der Dell-Shop. Mehr Details zum Grafikverstärker finden Sie unter diesem Link.

Testergebnis

Preis, Bedienung, Design
Lüfter, Festplatte statt SSD, Aufrüstbarkeit (RAM)

Details:  Intel i5-6400T (4 Kerne, bis 2,8 GHz), Nvidia GeForce GTX 960 (4 GB), 8 GB RAM, 500 GB HDD, 4 x USB 3.0, 1 x USB 2.0, HDMI 2.0 (Ein-/Ausgang), 1 x Toslink-Audioausgang (optisch), Gbit-LAN, WLAN-AC, Bluetooth 4.0 Windows 10 Home (64 Bit), Abmessungen: 20 x 20 x 5,5 cm, Gewicht: 1,81 kg

Preis:  ab Fr. 569.– (versch. Konfigurationen)

Infos: 
dell.com/ch/p/alienware-alpha-r2-desktop/pd

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Autor(in) Simon Gröflin



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