Oft gelesen und geteilt 04.02.2013, 09:51 Uhr

Foto-Apps der besonderen Art

Langweilen Sie Instagram & Co. fast zu Tode? Diese Foto-Apps für iOS wecken die Experimentierfreude und erweitern den Horizont.
Man könnte meinen, dass täglich ein Dutzend neue Foto-Apps mit noch mehr Retro-Filtern auf den Markt kommen. Die Originalität bleibt natürlich auf der Strecke. Die folgenden Apps sind jedoch erfrischend anders, zumindest originell oder verhelfen ganz einfach zu besseren Fotos.
Thirty Six
«Chimping» gehört zu den weniger schmeichelhaften Begriffen in der Fotografie. Er leitet sich ab von «Chimp», der englischen Kurzform für Schimpanse. Gemeint ist damit das Verhalten gewisser Fotografen, jeden Schuss sofort auf dem Display zu kontrollieren, oft begleitet von kurzen Lauten wie «Oh-oh! Uh!», mit denen das Bild kommentiert wird.
Wo sind sie geblieben, die guten alten Zeiten, als die Entwicklung eines Films noch mehrere Tage dauerte und man Schimpansen höchstens im Zoo fand? Vorbei. Doch die App «Thirty Six» gibt Gegensteuer für all jene, die wieder mit mehr Musse fotografieren und sich dabei nicht zum Affen machen möchten.
Thirty Six arbeitet nach einem eigenwilligen Muster. Die App fotografiert ausschliesslich in Schwarz-Weiss. Es gibt keine Filtertricks, sondern nur den Auslöser und eine Taste, um den LED-Blitz zu (de-)aktivieren.
Simpel: die Oberfläche von Thirty Six
Ein Bildzählwerk in der rechten unteren Ecke zeigt an, wie viele der verfügbaren 36 Fotos bereits verschossen wurden, denn die App gibt ihre Ergebnisse nicht sofort preis. Die Bilder werden erst dann sichtbar, wenn der Film voll ist oder die Entwicklung vorzeitig in Auftrag gegeben wird – gechimpt wird aber auf keinen Fall!
Die besten Fotos lassen sich auf dem Leuchtpult auswählen, ...
So getan, lassen sich die Fotos auf dem Kontaktbogen inspizieren, die gelungenen Schüsse auswählen und in der Fotosammlung von iOS speichern. Fotografie, auf ihren spannenden Kern reduziert! Schade nur, dass die Lautstärketaste nicht als Auslöser verwendet werden kann.
... das ebenfalls exportiert werden kann
Thirty Six ist eine universale App für alle iOS-Geräte und kostet 2 Franken.
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TriggerTrap

TriggerTrap
TriggerTrap kann man auf zwei Arten benutzen. Wer nur mit dem iPhone fotografiert, beschränkt sich auf die App. Wer ab und zu seine DSLR zur Hand nimmt, kauft auch den dazu passenden Dongle, um in den Genuss zahlreicher neuer Möglichkeiten zu kommen. Den ausführlichen Test zu TriggerTrap mit Dongle finden Sie hier. An dieser Stelle beschränken wir uns auf die App.
TriggerTrap steuert auch grosse Kameras
Bei TriggerTrap dreht sich alles darum, die Kamera auf möglichst originelle Weise auszulösen. Effekte gibt es keine, die Bilder landen direkt in der Fotosammlung von iOS. TriggerTrap löst zum Beispiel aus, wenn der Geräuschpegel eine bestimmte Höhe erreicht – etwa eine Gruppe, die «Cheeeese!» ruft. Ein anderes Kriterium könnten Erschütterungen sein, die vom Gyrosensor des iPhones wahrgenommen werden. Selbst vor Magnetismus macht die App nicht halt, auch wenn uns dazu gerade kein praktisches Beispiel einfällt. Und so weiter.
Möglichkeiten ohne Ende
Ausserdem ermöglicht TriggerTrap Aufnahmen, die mit den meisten anderen Apps nicht denkbar sind, wie zum Beispiel Ultra-Langzeitbelichtungen, um den Lauf der Sterne am Nachthimmel abzulichten. (Wobei der Sensor des iPhones an seine Grenzen stössen dürfte.)
Eine Einstellung im Detail
Kurz, TriggerTrap ist die perfekte App für alle, die als Kind auch Spass an Physikbaukästen hatten. Die App gibt es in einer Light-Version mit drei möglichen Auslösungsszenarien. Allerdings wird zurzeit auch die Vollversion kostenlos angeboten.
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Groupshot

Groupshot
Das Problem ist so alt wie die Gruppenaufnahme selbst: Einer guckt immer doof, hat die Augen geschlossen oder blickt in die falsche Richtung. Daran kann auch die App «Groupshot» nichts ändern. Mit ihrer Hilfe ist es jedoch möglich, aus mehreren Bildern jene Personenabbildungen herauszupicken, die am besten gelungen sind. Anschliessend werden diese zu einem neuen Bild vereint.
Groupshot: Jeder zeigt sein schönstes Lächeln
Die App muss für diese Aufgabe die Personen freistellen und auf einem anderen Hintergrund wieder einsetzen. Entsprechend unterschiedlich sind die Resultate. Groupshot funktioniert am besten, wenn die Personen keinen Körperkontakt zueinander haben und sich in einer Umgebung ohne scharfe Kanten befinden – zum Beispiel im Gras, am Strand oder vor dem Himmel. Schwieriger wird es, wenn im Hintergrund geometrische Muster wie zum Beispiel Fenster zu sehen sind.
Wenn die Bedingungen erfüllt sind, überzeugen die Resultate durchs Band. Vor allem aber kann die Retusche mit bestehenden Bildern durgeführt werden. Schiessen Sie von der Gruppe ein Dutzend Aufnahmen und importieren Sie diese in Groupshot für eine schnelle Optimierung. Wenn es klappt, freuen sich alle. Wenn nicht, haben Sie nichts verloren.
Beim ersten Start zeigt ein Video in deutscher Sprache, wie die App funktioniert, einige Bilder zum Üben werden gleich mitgeliefert.
Groupshot kostet gerade einmal 1 Franken und ist sowohl für das iPhone als auch für das iPad optimiert.
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IncrediBooth

IncrediBooth
IncrediBooth ist zwar nicht neu, hat aber nichts von ihrem Charme verloren. Die App orientiert sich an den alten Fotokästen, die man früher an fast jedem Bahnhof und in den meisten Einkaufszentren fand. In ganz seltenen Fällen wurden die Kabinen tatsächlich für die Herstellung von Passfotos verwendet. Viel öfter zwängten wir uns gruppenweise ins Kabäuschen und liessen uns beim Herumalbern knipsen.
Im Design dieser alten Fotokästen gehalten, knipst IncrediBooth innerhalb von wenigen Sekunden vier Bilder – ganz so, wie man es vom Original her kennt.
Auch die Resultate sind entsprechend: Die harten, kontrastreichen Schwarz-Weiss-Aufnahmen wirken absolut stilecht. Insgesamt lassen sich vier Linsen vorschalten, die sowohl Schwarz-Weiss- als auch Farbfotos ausspucken – inklusive Lichteinfall und retromässigen Farben. Die Fotostreifen lassen sich anschliessend direkt aus dem virtuellen Fotofach heraus sichern, per E-Mail verschicken oder direkt auf Facebook und Twitter publizieren.
Wie in früheren Zeiten: IncrediBooth
Eigentlich kennt die App nur eine Schwachstelle, aber die hat es leider in sich: IncrediBooth zeigt keine Voransicht der vorgeschalteten Linse, also des Effekts. Wenn man sich dazu entschliesst, auch noch eines der optionalen Filterpakete zu kaufen, geht die Übersicht sowieso verloren. Wie sieht «Alfie K» aus? Oder «Adler Rox»? Man weiss es nicht.
Trotzdem: Die Machart von IncrediBooth begeistert immer wieder. Kaum jemand widersteht dieser geballten Ladung Nostalgie, die uns dazu verführt, vor der Kamera die besten Grimassen zu schneiden. Dass jedoch keine Voransicht der Effekte gezeigt wird, schmälert den Spass leider erheblich – es sei denn, man gibt sich einfach mit seiner Lieblingslinse zufrieden und lässt den Rest links liegen.
IncrediBooth ist als universelle App für iPhones und iPads optimiert und kostet 1 Franken.
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SwankoLab

SwankoLab
Die entspannte Art zu fotografieren haben wir bereits mit Thirty Six kennengelernt, jetzt dehnen wir den Prozess auf die Entwicklung aus und streifen uns die Gummihandschuhe über! SwankoLab versucht nach bestem Wissen und Gewissen, die Handgriffe in einem Fotolabor umzusetzen – natürlich mit einem Augenzwinkern, was aber der Qualität keinen Abbruch tut.
Man kann die Chemie fast schon riechen: SwankoLab
Im Prinzip handelt es sich bei SwankoLab um eine App für Retroeffekte. Allerdings werden dem Benutzer keine definierten Filter auf dem Silbertablett serviert; stattdessen geht es darum, die Chemie so kunstvoll zu mischen, dass einmalige, aussdrucksstarke Effekte entstehen. Bei der Dosierung wird man von der App sanft unterstützt. Anschliessend landet das Bild in der Brühe und wird entwickelt – untermalt von einer Soundkulisse, die an einen Zeichentrickfilm erinnert.
Jede Änderung im Mischverhältnis führt zu einem anderen Resultat. Und wenn ein Chemiepool besonders gelungen ist, lässt sich das Rezept für spätere Gelegenheiten speichern.
SwankoLab für das iPhone kostet 2 Franken. Die App ist noch nicht an das Display des iPhone 5 angepasst.
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360 Panorama

360 Panorama
Panoramen – wer mag sie nicht? Sie zeigen im überbreiten Format, wie toll die Ferienkulisse war. Wenn man sich das Panorama jedoch nicht an die Wand nageln, sondern auf dem iPhone herumzeigen möchte, dann ist die App «360 Panorama» genau das Richtige.
Sie zeichnet Bilder nicht einfach in der Horizontalen oder Vertikalen auf, sondern quasi auf der virtuellen Innenseite einer hohlen Kugel. Das Phone wird einfach von einem Segment auf dem Display zum nächsten geschwenkt und kurz gestoppt, damit automatisch die nächste Aufnahme geschossen wird.
Die Panorama-Einstellungen
So getan, setzt die App die einzelnen Segmente zu einer virtuellen Ansicht zusammen. Diese wird verändert, indem das Bild mit dem Finger verschoben oder indem das iPhone in die gewünschte Richtung gehalten wird.
Zu den Besonderheiten gehört auch die Möglichkeit, ein Panorama nicht als Kugel, sondern als Bild im «Little-Planet-Stil» abzuspeichern. Dabei wird zuerst eine 360-Grad-Ansicht erstellt, die anschliessend von der App zu einem Miniplaneten zurechtgebogen wird.
Wer sich die Mühe macht und sich bei Hersteller Occipital ein kostenloses Konto anlegt, kann die Panoramen auf deren Server hochladen, sodass sie im Browser betrachtet werden können; ein Plug-In ist dazu nicht erforderlich.
Obwohl die universelle App gleichermassen für das iPhone und das iPad optimiert ist, gibt es leider keine Möglichkeit, die auf dem iPhone geschossenen Panoramen mit dem Tablet zu synchronisieren.
360 Panorama kostet 1 Franken.
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Retromatic

Retromatic
Das Ziel von Retromatic sind nicht die üblichen Bilder, die wirken, als hätte man im Suff mit einer Lomo herumgefuchtelt. Stattdessen werden aus Fotos ansprechende Plakate im Stil der 1950er-Jahre gebastelt. Zusammen mit der passenden Typo und einem stilsicheren Hintergrund entstehen echte Hingucker, die schon fast als kleine Kunstwerke durchgehen.
Als Grundlage dient ein frisches Foto oder eines aus der Sammlung. Anschliessend wird die Kontur des Motivs mit dem Finger umrissen und automatisch freigestellt. Dabei spielt Präzision keine grosse Rolle, im Gegenteil: Wenn scharfe Kanten und Teile des Hintergrunds am Hauptmotiv hängenbleiben, wirkt der Grunge-Look noch überzeugender.
Mit minimalem Aufwand werden die Poster-Elemente zusammengetragen
Nach dem Freistellen wird das Motiv farblich verändert, mit einem Retro-Effekt überzogen, einem passenden Hintergrund versehen und durch Texte und Badges ergänzt. Jedes Element kann mit Gesten skaliert und rotiert werden. Abgestimmte Farbpaletten sorgen ausserdem dafür, dass sich Badges und Texte harmonisch in das Gesamtbild integrieren. Die geschickt gewählten Vorlagen sorgen automatisch dafür, dass eigentlich nichts schiefgehen kann.
Die fertigen Collagen verströmen den Duft vergangener Tage, als das Leben vermutlich noch einfacher war. Jetzt lässt sich das Werk speichern, per E-Mail versenden oder auf Facebook, Twitter, Instagram oder Flickr publizieren.
Wir sind begeistert, bleiben aber kritisch: Leider lässt sich eine Maske nachträglich nicht mehr reduzieren. Geht also ein Strich daneben, muss mit der Maskierung von vorn angefangen werden. Ausserdem betragen die Abmessungen beim Export gerade einmal 1280 x 1248 Pixel. Schade; dabei schreien die Ergebnisse förmlich danach, dass man sie im Weltformat an eine Plakatwand klatscht. Aber das kann ja alles noch werden.
Die iPhone-Version von Retromatic kostet 2 Franken, die iPad-Version 4 Franken. Letztere unterstützt ausserdem eine leicht höhere Auflösung von 1600 x 1600 Pixel.
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8mm Vintage Camera

8mm Vintage Camera
Das Problem: Filme aus dem Handy wirken selten wie geplant und eine Story steckt erst recht nicht dahinter. Der Ton ergibt in den wenigsten Fällen einen Sinn. Stattdessen handelt es sich eher um animierte Schnappschüsse.
Die Lösung: Wir treten die Flucht nach vorne an und filmen wie zur Zeit unserer (Gross-)Väter. Damals war der Film sauteuer, die Sequenzen kurz und die Akteure stumm. Stattdessen bewahren sie den Charme der vergangenen Zeiten, als nicht jede Kleinigkeit in Full HD gedreht wurde.
Hier nimmt die Film-App «8mm Vintage Camera» den Faden auf, indem sie den Zahn der Zeit simuliert – oder auch nicht, ganz wie der Kameramann will. Das Seitenverhältnis kann zwischen dem Klassiker 4:3 und dem modernen 16:9 gewechselt werden. Der Ton wird entweder mit aufgezeichnet, durch das Rattern eines Projektors ersetzt oder ganz weggelassen.
Sogar das Rattern des Projektors ist zu hören: 8mm Vintage Kamera
Auf jeden Fall wird der Film auf alt getrimmt, wobei verschiedene Stile mit genauso verschiedenen Anmutungen zur Auswahl stehen. Auf Wunsch wird auch der Rahmen ausgefranst, sodass die Streifen tatsächlich wirken, als wären sie einem alten Projektor entsprungen. Alle Effekte werden bereits vor der Aufnahme auf dem Display angezeigt. Die Bildrate der Aufnahme liegt bei 20 fps; das wäre normalerweise zu wenig und führt zu einem sichtbaren Ruckeln. In diesem Fall kommt dieser kleine Makel jedoch genau richtig.
Die iPhone-Version von 8mm Vintage Camera kostet 2 Franken. Die iPad-Version wird zum selben Preis separat vertrieben.
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SloPro

SloPro
An Filme aus allen Lebenslagen haben wir uns längst gewöhnt, YouTube sei Dank. Einen besonderen Reiz vermitteln aber immer noch die Zeitlupenfilme, und auch dafür haben wir eine App gefunden.
«SloPro» schiesst Filme in Zeitlupe und liefert überzeugende Resultate. Tatsächlich lassen sich Filme mit bis zu 1000 Bildern pro Sekunde drehen. Wenn Ihnen das Spanisch vorkommt, liegen Sie allerdings richtig. Auch SloPro kann die Hardware-Eigenschaften der iPhone-Kamera nicht aushebeln, sondern berechnet einfach die Bilder zwischen zwei Frames, die für den Zeitlupeneffekt nötig sind.
Freeze!
Die Geschwindigkeit kann direkt auf 25 % der urprünglichen Zeit reduziert werden, was 120 fps entspricht. Wenn die Abfolge noch langsamer werden soll, muss der Streifen gerendert werden; die App berechnet also die Zwischenschritte. Dabei kann der Benutzer festlegen, wie die einzelnen Frames überblendet werden sollen, damit eine realistische Abfolge entsteht. Tatsächlich wissen die Resultate zu überzeugen – auch wenn sie natürlich nicht an echte Zeitlupen heranreichen.
In den Einstellungen wird definiert, wie die Zwischenbilder berechnet werden
SloPro ist als universelle App für iPhone und iPad kostenlos, allerdings mit Einschränkungen. So werden die Videos mit einem kleinen Wasserzeichen versehen und der Export in die eigene Fotosammlung ist nicht möglich; stattdessen können die Filme nur auf YouTube und andere Plattformen exportiert werden. Um das ganze Potenzial freizuschalten, werden über einen einmaligen In-App-Kauf 4 Franken fällig.



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