News 14.05.2014, 08:00 Uhr

Google-Urteil: Welche Daten sind betroffen?

Google kann neuerdings dazu verpflichtet werden, heikle personenbezogene Daten aus der Vergangenheit löschen zu lassen. Laut Urteil gilt das sogar, wenn es sich beispielsweise nur um eine Maturarbeit handelt.
Auf die Schweiz wird ein jüngster Urteilsspruch vom Europäischen Gerichtshof ebenfalls abfärben. Denn die Schweiz hat sehr ähnliche Datenschutzbestimmungen wie die EU. EU-Bürger können neuerdings Google dazu verpflichten, Links zu unangenehmen Dingen aus ihrer Vergangenheit aus dem Netz verschwinden zu lassen. Das entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Dienstag in Luxemburg. Google müsse die Verweise aus seiner Ergebnisliste entfernen, wenn die dort nachzulesenden Informationen das Recht auf Privatsphäre und Datenschutz einer Person verletzen.
Es geht dabei um Links zu Webseiten, die bei der Suche nach einem Namen bei Google auftauchen. Etwa Seiten, die von Dritten veröffentlicht wurden und sensible persönliche Daten zu einer Person enthalten. Google muss diese löschen, wenn seit der Veröffentlichung Jahre verstrichen sind oder die Informationen nicht mehr ihrem ursprünglichen Zweck entsprechen wie etwa bei einer Zwangsversteigerung.

Datenschutzbehörden als zweite Anlaufstelle

Laut Gericht hat der Bürger einen einklagbaren Anspruch auf Löschung. Komme Google dem nicht nach, könne sich der Betroffene an die Datenschutzbehörden wenden. Ausnahmen kann es laut Gericht bei Personen des öffentlichen Lebens geben, bei denen ein besonderes Interesse bestehe.

Stimmen aus der EU und aus der Schweiz

Aus der europäischen Politik kam Zustimmung für die Entscheidung. «Der EuGH hat dem Grundrecht auf Datenschutz erneut einen hohen Stellenwert eingeräumt», erklärte der deutsche Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD). Die Bundesdatenschutzbeauftragte Deutschlands, Andrea Vosshoff, betonte: «Das Gericht stellt unmissverständlich klar, dass das Grundrecht auf Schutz personenbezogener Daten uneingeschränkt auch für das Internet gilt.»
Experten gehen davon aus, dass Verbraucher Google nun mit einer Flut an Löschanfragen überschwemmen. IT-Rechtsanwalt Martin Steiger sagte gegenüber 20 Minuten, es sei in erster Linie ein Urteil gegen Google. Denn Google selber macht nicht die Inhalte, die Suchmaschine stelle lediglich die Links zu den Inhalten zur Verfügung. Das berge auch Potenzial für Missbrauch: Betrüger, die andere Bürger abzocken, könnten theoretisch die Berichterstattung auf die eigene Person einzudämmen versuchen.
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Ausgangslage und Konsequenzen

Spanier klagte wegen eines rufschädigenden Eintrags

Geklagt hatte ein Spanier, dessen Grundstück vor mehr als 15 Jahren zwangsversteigert wurde. Die amtliche Bekanntmachung über die Pfändung wurde 1998 in einer spanischen Zeitung und im Internet veröffentlicht. Der Betroffene wandte sich dagegen, dass Google bei der Eingabe seines Namens einen Link zu diesen Informationen anzeigt und forderte, den alten Artikel zu löschen. Die Pfändung sei erledigt und verdiene keine Erwähnung mehr.
Die Richter urteilten dabei nur über die Verweise, nicht aber über die Inhalte der Webseiten. Der Anspruch gelte auch dann, wenn diese rechtmässig seien und die Informationen dort nicht gleichzeitig gelöscht würden.

Begründung des EuGH

Zur Begründung schreibt der EuGH, mit der Eingabe eines Namens bei einer Suchmaschine könne ein Nutzer «ein mehr oder weniger detailliertes Profil der gesuchten Personen erstellen». Dies sei ein Eingriff in die Rechte der Person. Die Ergebnisse seien nichts anderes als eine Verarbeitung von personenbezogenen Daten. Das EU-Recht verlange daher einen Ausgleich zwischen den Interessen der Nutzer und denen der betroffenen Person.

Google enttäuscht über das Urteil

Google teilte zu dem Urteil mit: «Dies ist ein sehr enttäuschendes Urteil für Suchmaschinenbetreiber und Online-Verleger.»
Das Unternehmen hatte in dem Verfahren argumentiert, es sei laut EU-Datenschutzrichtlinie nicht verantwortlich dafür, dass personenbezogene Daten auf den jeweiligen Webseiten gemäss der Richtlinie verarbeitet werden. Google könne nicht einmal zwischen personenbezogenen und anderen Daten unterscheiden. Deshalb könne auch eine nationale Datenschutzbehörde die Suchmaschine nicht verpflichten, bestimmte Informationen aus ihrem Index zu entfernen.
Schon im Mai vergangenen Jahres hat der deutsche Bundesgerichtshof die Google-«Autovervollständigung» gerügt. Ein Kläger hatte sich damals darüber beschwert, dass die Suchmaschine «Betrug» und «Scientology» als Ergänzung anzeigten. Der Kölner IT-Anwalt Christian Solmecke schätzt, dass nur sehr wenige Bürger bis anhin von dieser Löschung Gebrauch gemacht hätten. Die Menschen seien dafür zu träge, sagte er gegenüber Faz.net.


Autor(in) Simon Gröflin



Kommentare
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fritzw
14.05.2014
hehe, als ich diesen Artikel gelesen habe, musste ich schmunzeln. Gerade kam doch bei PCtipp ein Artikel über Wayback (http://www.pctipp.ch/news/web-dienste/artikel/400-milliarden-archivierte-webseiten-auf-wayback-machine-80120/). Google löscht, kein Problem, einfach bei Wayback nachschauen... Aber Spass beiseite. Meiner Meinung nach sollte Google (und andere Suchmaschinenbetreiber) keinerlei Löschpflicht haben, solange es nicht um das öffentliche Interesse geht. Aber das ist meine Meinung. Unter http://www.pupoll.com/de/polls/recht-auf-vergessen-google-muss-links-im-internet-loeschen-2014-5-14 läuft aktuelle ebenfalls eine Umfrage dazu.