News 23.06.2016, 10:12 Uhr

Knall im Schweizer TV-Sportgeschäft: Swisscom verliert Eishockey-Rechte

Seit Jahren liefern sich UPC Cablecom und die Swisscom einen erbitterten Streit um Sportrechte. Nun haben die Kabler einen Riesen-Coup gelandet: Sie sicherten sich die Übertragungsrechte im Schweizer Eishockey - die Swisscom schaut in die Röhre.
Kurz vor zehn Uhr abends wurde gestern eine Meldung publiziert, die den Schweizer TV-Markt in seinen Grundfesten erschüttern lässt: Ab der übernächsten Saison werden Eishockey-Spiele bei UPC Cablecom und anderen Kabelnetzanbietern zu sehen sein. Vermeldet hat es als Erster der gewöhnlich sehr gut informierte Sportjournalist Klaus Zaugg, während der Schweizerische Eishockey-Verband noch keine Stellungnahme abgegeben hat.
Die Meldung ist deshalb brisant, weil sie völlig unerwartet kam. Seit Jahren dominierte der teilweise der Swisscom gehörende Teleclub den Schweizer TV-Sportmarkt, sicherte sich erst Anfang Woche für die Rekordsumme von 50 Millionen Franken pro Jahr (inkl. Vermarktung) die Rechte am Schweizer Fussball bis 2021. Die Sportrechte sind ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal im Kampf um die Vorherrschaft im TV-Bereich, viele Nutzer kaufen Swisscom TV speziell wegen den Live-Übertragungen. Das Teleclub-Angebot für UPC-Cablecom- und andere Kabelnutzer ist deutlich schlechter, es gibt weniger Spiele und das zu teureren Preisen.

UPC Cablecom schlägt zurück

UPC Cablecom, die sich mittlerweile nur noch UPC nennt, moniert dies seit Jahren und hat diverse Klagen gestartet, die aber in den Juristenmühlen zermalmt werden. Irgendwann wird UPC voraussichtlich Geld erhalten, das nützt aber wenig, da die Kunden viel wertvoller wären. Nun hat man also den Spiess umgedreht und lässt Swisscom sowie Teleclub perplex zurück. Die können ab 2017 bis mindestens 2021 kein Eishockey mehr zeigen, ausser, sie kaufen die Rechte bei den Kablern ein, wobei die Preise völlig überteuert sein dürften.
Für diesen veritablen Coup d'Etat müssen UPC und andere Kabler, die hauptsächlich aus Mitgliedern des Quickline-Verbunds bestehen dürften, viel bezahlen. Klaus Zaugg nennt 30 Millionen Franken für die Rechte an der Nationalliga A und B, dazu kommen zentrale Vermarktungsrechte im Wert von 5 bis 8 Millionen Franken. Bisher zahlte Swisscom/Teleclub für die Rechte angeblich 12 Millionen Franken. 

Ganz neue Voraussetzungen

Anfang des Jahres konnte Swisscom stolz vermelden, die Nummer 1 im TV-Geschäft zu sein. Erstmals hatte man UPC Cablecom überholt. Es wird äusserst spannend sein zu sehen, wie sich die Nutzerzahlen deswegen entwickeln. Klar ist bereits jetzt: Wenn die Rechte in vier Jahren erneut vergeben werden, wird es einen Bieterkampf geben, wie ihn die Schweiz noch selten gesehen hat.
Was dieser Wechsel für die Konsumenten bedeutet, muss sich zeigen. Sie werden kaum eine Swisscom-TV-Box für Fussball und eine der Kabler für Eishockey kaufen wollen. Zudem müssen die Kabler noch lernen, wie man Sportübertragungen durchführt. Genau zu diesem Zweck wechselte per 1. Oktober 2015 Roger Feiner von Teleclub zu UPC. Er war – gemeinsam mit Adrian Fetscherin – für den Aufbau der Sportabteilung bei Teleclub verantwortlich und ein Vorbote dessen, was gestern Abend durchgesickert ist. Seither wurde nämlich bei Teleclub und Swisscom gerätselt, was der Wechsel soll. Feiner muss nun rasche Arbeit leisten. Eine Redaktion beispielsweise gibt es bei den Kablern noch nicht und allzu viele Menschen in der Schweiz sind auch nicht fähig, Sportübertragungen zu filmen sowie zu kommentieren und moderieren. Gut vorstellbar deshalb, dass sich Feiner bei seinem ehemaligen Arbeitgeber bedienen wird.
Während die Konsumenten also abwarten müssen, was ihnen da vorgesetzt wird und Swissccom/Teleclub als grosse Verlierer dastehen, sind auch schon Gewinner bekannt: Nebst den Kablern sind dies die Eishockey-Teams, die deutlich mehr Geld zur Verfügung haben werden, um in Spieler und Infrastruktur zu investieren. Das dürfte das schon beachtliche Ansehen des schweizerischen Eishockeys noch einmal deutlich steigern. Deshalb gehört auch der Präsident des Schweizer Eishockeys, Marc Furrer, zu den Gewinnern, unseren Lesern als Präsident der Regulierungsbehörde ComCom bekannt. Da wird es brisant: In dieser Funktion ist es eine von Furrers Aufgaben, die Swisscom nicht zu mächtig werden zu lassen. Indem er ihr die Eishockey-Rechte wegnahm, hat er einen Teil dazu beigetragen.

Fabian Vogt
Autor(in) Fabian Vogt



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