News 01.11.2010, 09:06 Uhr

Bundesrat stützt Swisscom

Die Swisscom geniesst offenbar Denkmalschutz. Der Bundesrat hat im veröffentlichten Telekombericht zum Vorteil der Swisscom Passagen gestrichen.
Der Bundesrat beantwortete Mitte September die wichtigsten Fragen zum Telekommarkt Schweiz und kam zum Schluss, dass keine Revision des Fernmeldegesetzes nötig sei. Am 200 Seiten starken Bericht stimmt allerdings etwas nicht, wie Urs Meister, Infrastrukturexperte von Avenir Suisse, zum Tages-Anzeiger sagte. Die Diskrepanz zwischen Diagnose und Fazit sei unverständlich. Die Schlussfolgerungen lesen sich, als hätte sie die Swisscom selbst geschrieben, so Meister.
Bundesrat strich Passagen
Tatsächlich deckt der Bericht ein Problem nach dem anderen auf und zeigt Lösungsmöglichkeiten auf. Im Fazit geht der Bundesrat allerdings nicht mehr darauf ein und findet eine Revision des Fernmeldegesetzes unnötig. Wie diese Unterschiede möglich sind, hat der Tages-Anzeiger aufgedeckt: Beim Vergleich von drei existierenden Versionen des Berichts ist ersichtlich, dass der Bundesrat die Schlussfolgerungen des Bundesamts für Kommunikation im letzten Moment abgeändert hat. Zudem strich die Regierung eine wichtige Passage aus dem Bericht heraus: Vom Satz «Um den (...) Wettbewerb auf dem Fernmeldemarkt sowie die Grundversorgung dauerhaft sicherzustellen (...), können verschiedene Handlungsoptionen ins Auge gefasst werden», fehlt in der finalen Version des Berichts jede Spur.
Keine Glasfaserregulierung in Sicht
Obwohl der Bericht eine Regulierung im Glasfasermarkt explizit wünscht, warnt der Bundesrat in seinen Schlussfolgerungen davor. Urs Meister kommt zum Schluss, dass der Bundesrat die Fakten ignoriere, um die starke Marktposition der Swisscom zu schützen. André Simonazzi, Bundesratssprecher, verteidigt das Vorgehen der Regierung gegenüber dem Tages-Anzeiger: «Es ist ein ganz normaler Vorgang, dass der Bundesrat Änderungen aufgrund einer politischen Diskussion vornimmt.»

Autor(in) Reto Vogt



Kommentare
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Gaby Salvisberg
01.11.2010
Meine persönliche Meinung, die sich natürlich nicht mit anderen aus der Redaktion decken muss: Als es um die Privatisierung und später um die letzte Meile ging, liebäugelte ich mit folgendem Konzept, das so ähnlich auch in Providerkreisen andiskutiert wurde: Die Swisscom in zwei Teile aufspalten, nämlich: Teil 1: Nennen wirs mal "Bluewin TelCo und IT Services", die sich komplett ohne Bundesfranken im Markt behaupten müsste, also komplett privatisiert. Teil 2: "SwissComcom", die komplett unter Bundesfuchtel wäre und die vom Volk längst vorfinanzierten "Drähte" unter sich hätte. Sie gäbe deren Nutzung zu Quasi-Selbstkostenpreisen neutral an alle TelCos weiter, und natürlich auch zum gleichen Preis an "Teil-1-Bluewin Telco und IT Services". Die aus der dünnen Marge entstehenden Gewinne würden in den Unterhalt und in die Modernisierung des Netzes gesteckt; nicht in die Taschen irgendwelcher Individuen. Das hätte für gleichlange Spiesse auf dieser traditionellen Infrastruktur gesorgt. Die Drähte, die als Grundversorgung überall zu funktionieren haben (und es meist auch tun) komplett in private Hände zu geben, fände ich aber heikel. Als ähnliches in anderen Ländern etwa mit dem Bahnnetz gemacht wurde, ging das gründlich in die Hose. Gruss Gaby