News 25.11.2013, 11:21 Uhr

Agur 12: Provider äussern sich empört

Hosting Provider sollen gemäss einer Expertengruppe des Bundes «Internetpolizei» spielen und Download-Seiten sperren. Internetdienstanbieter und der Branchenverband Swico zeigen sich empört.
Die Arbeitsgruppe Agur 12 hat im Auftrag der Justizministerin Simonetta Sommaruga inzwischen einen Vorschlag ausgearbeitet, der künftig Internet-Provider dazu verpflichten soll, bei Seiten mit illegalen Download-Inhalten Warnhinweise einzublenden, um Gratis-Downloads von urheberrechtlich geschützten Werken zu unterbinden.
Der Beschluss geht sogar noch weiter: In der Schweiz gehortete illegale Downloads sollen von den Anbietern gelöscht werden. Die Vorschläge der Arbeitsgruppe, werden wie NZZ am Sonntag berichtete, demnächst an das Justizdepartement weitergleitetet. In der Schweiz ist das Herunterladen von urheberrechtlich geschützten Werken für privaten Gebrauch nach wie vor erlaubt, selbst bei illegaler Quelle. Strafbar macht sich, wer selber urheberrechtlich geschütztes Material auf Tauschbörsen oder Webseiten zur Verfügung stellt.

Post aus den USA

Auslöser der Diskussionen innerhalb eines Bundesgremiums waren, wie NZZ herausgefunden hat, Briefe von Handelsvertretern aus den USA über das geistige Eigentum. Die USA zeigten sich «ernsthaft besorgt» über mangelnden Urheberrechtsschutz in der Schweiz.
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Das sagen unsere Provider dazu

«Die Resultate der Arbeitsgruppe sind abstrus und verfolgen einen Ansatz der totalen Überwachung», teilt uns Green.ch mit:

Blockieren aufgrund staatlicher Vorgaben

«Es kann nicht Aufgabe von Internet-Anbietern sein, proaktiv den Datenverkehr ihrer Kunden zu überwachen und gemäss staatlichen Vorgaben Inhalte zu blockieren. Das käme einer Zensur gleich. Wir sind ausserdem erstaunt darüber, dass die Gespräche ohne Beteiligung der Internet Service Provider geführt wurden», meinte Susanne Tanner, Mediensprecherin von Green.ch.

Stärkerer Einbezug der Internetanbieter gefordert

Nicht ganz anders sieht das Swisscom: «Wir erwarten für einen allfälligen Gesetzgebungsprozess im Nachgang zur Agur 12 einen stärkeren Einbezug der Internet Service Provider», sagt Swisscom-Sprecher Olaf Schulze.
«Sanktionen gegen Kunden von Swisscom bei der Nutzung ihres Internetzugangs dürfen auch zukünftig nur unter Wahrung des Rechtsweges erfolgen», so Schulze.
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Das meinen Hostingprovider, Sunrise und ...

Der Hostingprovider Hostpoint empfindet die Agur-12-Beschlüsse sogar als stossend:

Ignoranz bisheriger Anstrengungen

«Es zeugt von einer gewissen Ignoranz, dass die Agur 12 nicht zur Kenntnis genommen hat, dass Schweizer Hosting-Provider schon bisher grosse Anstrengungen unternehmen, um offensichtlich illegale Inhalte zu sperren beziehungsweise umgehend vom Netz zu nehmen», sagte uns Thomas Brühwiler, Pressesprecher von Hostpoint.

Code of Conduct

Dass Provider nun aber zu «Internet-Polizisten» gemacht werden sollen, schiesse weit am Ziel vorbei, meinte Hostpoint und verwies auf den Internet-Branchenverband simsa, mit dem ein Code of Conduct initiiert wurde. Ziel des Code of Conduct ist es, Betroffenen die Verfolgung ihrer Rechte zu erleichtern, ohne die Hosting-Unternehmen zu privaten Organen der Strafverfolgung werden zu lassen.

Das Recht auf Privatkopie

Der Branchenverband Swico meint, dem Konsumenten sei es nicht zumutbar, ständig zu prüfen, ob etwas legal sei oder nicht, umso mehr als dies nicht in jedem Fall immer klar sei. Swico verweist ebenfalls auf den Code of Conduct. Im Übrigen entrichte man ja als Entschädigung für die Privatkopie auf leere Datenträger eine Urheberrechtsgebühr. Müsste ein Provider selber Polizist über gehostete Inhalte spielen, hätte er permanent sämtlichen Content zu überwachen, was gar nicht möglich sei, meinte Swico-Gechäftsführer Jean-Marc Hensch im Gespräch.

Finaler Bericht steht noch aus

Sunrise argumentiert ähnlich wie Swisscom, findet es ebenfalls schade, dass man nur als Experte beigezogen wurde. Bis auf Weiteres werde man vonseiten Sunrise und Swisscom die finale Publikation des Agur-Berichtes abwarten.

Autor(in) Simon Gröflin



Kommentare
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swissmac
25.11.2013
Typisch Simonetta Sommaruga Irgendwie höre ich einfach gar nichts Positives mehr von dieser Bundesrätin ... Nun zu den Details: es ist ganz einfach. Die Abgaben auf den Leerträgern müssen bei einem Verbot von geschützten Downloads SOFORT wegfallen, aber so wie ich die Schweiz (seit bald 50 Jahren ....) kenne, wird das nicht passieren. Schon 100x gab's zusätzliche Gebühren für irgend etwas, das dann nicht mehr notwendig war, aber die Gebühren sind immer noch da ... und dann fragen sich die Politiker, wieso wir ihnen nicht trauen ... hahaha ... Also eine Zensur des Internets in der Schweiz wäre eine absolute Frechheit. Es reicht schon jetzt, dass die Inhalte vom (eigentlich) staatlichen SF.TV einseitig politisch gefärbt sind. Mehr Zensur wäre ein Verstoss gegen die Menschenrechte und würde hoffentlich von jemandem in Brüssel eingeklagt ...

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jodelboy
26.11.2013
Ahja. Die wollen also einen Webfilter einführen, wie ihn viele Firmen am laufen haben, wo dann z. B. die Meldung erscheint "Die folgende Website wurde aufgrund von XYZ gesperrt"? Dann ist's definitiv Zeit zum Auswandern. Wenn das Internet so stark kontrolliert wird, müssen wir halt wieder auf die altbekannten Pre-20Mbit/s-Wege zurückgreifen und mit der externen Festplatte von Freund zu Freund rennen :cool:

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cobradora
26.11.2013
Abwanderung von google Dann können ja die ausländischen Firmen ihren Sitz auf Polen auslagern. Die Steuerausfälle durch Verlust der Arbeitsplätze dürfen wir dann ausgleichen. Die Schweiz soll es so lassen wie es ist und die Amerikaner dürfen weiter Ihre Sorgen kundtun.

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Telaran
26.11.2013
Seit den Botschafts-Depeschen wissen wir doch wie das Abläuft. In Spanien hat man massive Drohungen geäussert, wenn nicht am Urheberrecht was geändert wird und natürlich war man so nett und hat gleich der Regierung einen Vorschlag fürs neue Gesetz unterbreitet... Unsere Bundesräte müssen endlich aufwachen. Wir sind ein autonomes und eigenständiges Land und kein Spielball anderer Regierungen und noch weniger "Kolonial-Besitz" vom grössenwahnsinnigen USA. Banken, NSA, Copyright.. was kommt als nächstes? Zur eigentlichen Thematik: Der Schutz vom Geistigen Eigentum ist erstrebenswert, aber nicht auf kosten der Freiheit und Privatsphäre. Alleine die Tatsache, dass eine Infrastruktur aufgebaut werden soll, welche für Zensur und Kontrolle missbraucht werden kann (und wird), um damit einen (aus meiner Sicht) minimalen Wirtschaftlichen Schaden zu vermeiden, entbehrt jedweder Vernunft. Auch hier wissen wir, was passiert, wenn solche Infrastruktur aufgebaut und von Menschen betreut wird (Finde gerade keinen Link zum Landweiten Unterbruch diverser Webseiten, weil ein Mitarbeiter den Whitelist Ordner in die Blacklist verschoben hatte und deswegen Dienste wie Google und Facebook nicht mehr erreicht werden konnten). Die Industrie soll endlich aufwachen und attraktive Angebote aufbauen. Ich will Game of Thrones am Austrahlungstag in Englisch... und nicht zum Preis einer Season-Box oder X Wochen später auf einem Bezahlsender (wenn der überhaupt angeboten wird). Ich will eine Digitale Season, welche (etwas)günstiger ist als die Physische und dann auch keine Restriktionen hat (wenn Restriktionen, dann Massiv Günstiger). Das selbe Spielchen mit Digitaler Musik: Digitale CD Amazon USA: 15$, Amazon DE: 15€ und Itunes Schweiz: 30CHF Software?Bücher? Genau die selbe Geldmacherei. Man soll endlich die Ursachen bekämpfen (warum wird es illegal heruntergeladen) und nicht die Symptome (Zensur, Verbote, Hetzkampagnen und Inquisition).

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coceira
26.11.2013
Seit .......... dem ist eigentlich fast nichts mehr hinzuzufuegen die zensur ist laengst weltweit vorhanden, schleicht sich durch die hintertuere, erst war es "nur" schutz der kinder was noch verstaendlich, dazu kamen politische meinungen, dann weitere blogs, "boersen", seiten die sich mit sat-empfang "ohne abo" beschaeftigen die liste koennte ich beliebig fortsetzen. Bald jeder industriezweig hat seine begehrlichkeiten. Das vielmals nicht nur einer sondern dabei ganze serverfarmen gesperrt werden nennt sich colateraler schaden. Schweinerei dabei, die listen werden nicht zugaenglich gemacht. Jeder provider hat dabei noch seine spezialitaeten. Wer, wenn ueberhaupt ueberprueft die beschuetzer ? Es wurde schon unendlich viel ueber das thema geschwafelt, verehrte damen und herren politiker kuemmern sie sich doch bitte um probleme die wirklich geloest werden sollten, solches, dass ihre waehler wirklich plagt. Oder bleiben sie einfach ruhig bis sie ihre taschen gefuellt haben und verschwinden danach wieder in der anonymen masse aus der sie aufgestiegen sind. Ein groesses, wenn nicht das problem ueberhaupt bei all dem, keiner hebt seinen hintern aus dem sofa und sagt, es ist endlich genug, keiner steht ans fenster 1976 http://www.youtube.com/watch?v=XTPN_4jiDzw Warum zum teufel reg ich mich noch auf bin laengst weg und .....

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Schnauzer
17.12.2013
Hallo, aufwachen!!! Was nützt denn die Jammerei hier auf dem Board? Sendet lieber entsprechende Mails an die lieben Politiker. Und an die Parteien. Besonders an FDP und CVP! Frau Sommaruga würde sich sicher auch über Weihnachtsgrüsse freuen. Und fordert eure Verwandten und Freunde ebenfalls dazu auf. Und wenn das alles nichts nützt, plädiert für ein Referendum gegen ein eventuell kommendes Gesetz! Im Gegensatz zu den "europäischen Demokratien" hat hierzulande der Bürger wenigstens ab und zu etwas zu sagen. Also nicht die Faust im Sack, sondern ein Mail an die "Zensurbefürworter!" Bedenkt doch: Heute wird das Internet zensuriert, morgen eure Meinung. Wehret den Anfängen!!