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01.07.2013, 08:46 Uhr
US-Schnüffeleien belasten Verhältnis zur EU
Das geleakte Abhörprogramm Prism zieht weitere Kreise und sorgt für diplomatische Verstimmungen zwischen der EU und den USA. So sollen gemäss «Spiegel» EU-Vertretungen in den USA verwanzt und Computernetze infiltriert worden sein.
Wie der Spiegel am Samstag berichtete, soll die NSA nicht nur die Kommunikation europäischer Bürger überwachen, sondern auch gezielt Gebäude der Europäischen Union. Das Nachrichtenportal beruft sich auf streng geheime Dokumente, die Edward Snowden besitzt und eingesehen wurden. Demnach wurde das Gebäude der EU-Mission in Washington verwanzt sowie das Computernetzwerk infiltriert. Auch die EU-Vertretung der Vereinten Nationen in New York sei bespitzelt worden. Ebenso sei die NSA auch für einen Lauschangriff auf das Justus-Lipsius-Gebäude in Brüssel verantwortlich, wo EU-Ministerrat und der Europäische Rat tagen.
Deutschland im Visier der USA
Unser nördlicher Nachbar wird anscheinend besonders stark überwacht, wie aus einem weiteren Spiegel-Artikel hervorgeht. So überwacht der US-Geheimdienst jeden Monat rund eine halbe Milliarde Telefonate, Mails und SMS, die in Deutschland getätigt werden. Anscheinend wird Deutschland ähnlich streng überwacht wie China, Irak oder Saudi-Arabien. In einer vertraulichen Klassifizierung geht übrigens hervor, dass Deutschland als «Angriffsziel» betrachtet wird. Dabei kam heraus, dass vor allem Frankfurt am Main als Knotenpunkt eine wichtige Rolle einnimmt.
Diplomatische Verstimmungen
Politiker jeglicher Couleur reagierten empört auf die neusten Enthüllungen. Die EU-Kommission verlangte sofortige Aufklärung über die Bespitzelung. Der Präsident des Europaparlaments, Martin Schulz, warnte vor ernsthaften Konsequenzen für die Beziehungen zwischen Europa und den USA. Mehrere EU-Politiker stellten das geplante Freihandelsabkommen mit der EU infrage. Derweil bemüht sich die USA um Schadensbegrenzung. Der oberste Chef der US-Geheimdienste, James Clapper, versprach, auf die Vorwürfe «angemessen über die diplomatischen Kanäle zu antworten». In einer Erklärung stellt sich der US-Geheimdienst aber auf den Standpunkt, dass die USA «ausländische Geheimdienstinformationen in der Weise sammeln, wie es alle Nationen tun».
Über 100'000 Personen werden in Echtzeit überwacht
Derweil hat die Washington Post weitere Folien des PRISM-Abhörprogramms auf ihrer Webseite aufgeschaltet. So wird genauer erklärt, wie FBI und NSA zusammenarbeiten und wie die verschiedenen Dienste miteinander interagieren. Eine Folie gewährt auch Einblick auf die Suchmaske von Prism. Neben einer Oberfläche, die stark an Webseiten des letzten Jahrhunderts erinnert, ist jedoch auch ersichtlich, dass momentan 117'675 Personen aktiv überwacht werden.
Autor(in)
Marcel
Hauri
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