News 18.12.2018, 08:53 Uhr

PC-Geschichte: Smaky, das Erfolgsmodell aus der Westschweiz

Vor 40 Jahren entwickelten Ingenieure an der EPFL einen Computer mitsamt einem dicken Software-Katalog. Während die Smaky-Hardware ausstarb, lebt die Crésus-Software weiter.
Der Smaky 6 war der erste kommerzielle Computer von Epsitec-System
Quelle: Epsitec
Die Westschweizer Epsitec-System hat Computer­geschichte geschrieben. Das Unternehmen wurde vor 40 Jahren in Belmont-sur-Lausanne gegründet und spezialisierte sich zuerst auf die Herstellung und den Vertrieb von Computern. Die hauseigenen Smaky-Rechner (eine Kombination aus «SMArt» und «KeYboard») wurden in der Romandie gefertigt und dort auch hauptsächlich verkauft. Zu den Gründern zählten Kathy Nicoud und ihr Ehemann Professor Jean-Daniel Nicoud von der ETH Lausanne. Ihre Gründungsidee war, den Computerenthusiasten und den Schulen in der Westschweiz einen Zugang zu Mikrocomputern zu ermöglichen. Bis dahin war die Hochtech­nologie hauptsächlich in den Labors der Universitäten vorhanden. Frau Nicoud und zwei Mitgründer entwickelten die von Professor Nicoud und seinen Forscherkollegen kon­zipierten Rechner bis zur Marktreife weiter.

Westschweizer Hardware

Die ersten kommerziellen Computer von Epsitec-System waren die Smaky-6-Modelle im Jahr 1978. Die Rechner basierten auf einem Zilog-Mikroprozessor (Z80, 8-Bit) und besassen 64 Kilobyte Speicher. Herkömmliche Kassetten oder die noch raren Floppy-Disketten dienten als Datenspeicher. Eingebaut waren ein Bildschirm und ein Netzwerkanschluss. Das Betriebssystem war für jedermann zugänglich, alle Software wurde mit dem Smaky mitgebündelt.
Das quelloffene System wurde bald von diversen Jungentwicklern unterstützt, die selbst weitere Software schrieben. Basic, C/C++, Calm Assembler, Lisp, Logo, Modula 2 und Prolog gehörten zu den Programmiersprachen. Die Entwickler schufen damit unter anderem Software für das Dateimanagement, Desktop Publishing, die Tabellenkalkulation, Textverarbeitung, Zeichnungen und sogar einen Mac-Emulator. Selbstverständlich durften auch Computerspiele und Lernprogramme nicht fehlen. Der Software-Katalog wuchs rasch – auch dank der Nähe zur Wissenschafts­gemeinde – auf mehrere Dutzend Programme an.
 
Die Computermaus P4 wurde von Professor Jean-Daniel Nicoud entwickelt und von Logitech vermarktet
Quelle: Logitech
Die ersten Verkaufserfolge mündeten in der Weiterentwicklung des Smaky. Im Jahr 1981 kam der Smaky 8 auf den Markt. Er besass eine 32-Bit-Architektur, ein Multitasking-fähiges Betriebssystem und konnte mit einer Computermaus bedient werden. Das Eingabegerät von Dubois & Dépraz wurde von Logitech verbessert und als P4 verkauft.
Im Jahr 1984 wurde der Smaky 100 lanciert, bei dem erstmals Bildschirm und Tastatur vom Computergehäuse getrennt waren. Das Luxusmodell Smaky 324 basierte auf einem 68020-Hauptprozessor sowie einem 68881-Co­prozessor und konnte bis zu 16 Megabyte RAM adressieren. Es wurde standardmässig mit einem vertikalen Schwarz-Weiss-Bildschirm im A4-Format ausgeliefert und liess sich direkt mit Laserdruckern von Ricoh verbinden. Den ersten Farbbildschirm unterstützte der Smaky 300 im Jahr 1990, der wieder in die Tastatur integriert wurde. Es folgten 1992 der Smaky 130 mit einem eigenen Grafikchip und vier Jahre später Smaky 400, bei dem es sich um eine PCI-Steckkarte für Windows NT handelte.
Insgesamt wurden ca. 4000 Smaky-Rechner abgesetzt. Der Verkauf von Hardware wurde mit dem Aufkommen der i286/i386-PCs in den 1990er-Jahren zunehmend schwierig, sagt der heutige Geschäftsführer Pierre Arnaud.
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Mit den Smaky-Computern wurden diverse Software-Anwendungen gebündelt
Quelle: Epsitec
Zu diesem Zeitpunkt hatte Epsitec zuerst ein Computerspiel für Kleinkinder («Blupi à la Maison») auf DOS portiert, und kurz danach (1994) die Crésus-Finanzbuchhaltung auf Windows. So gewann der Anbieter sehr rasch grössere Marktanteile in der Romandie. Wie Arnaud sagt, zeichnete sich die Finanzbuchhaltung durch grosse Bedienfreundlichkeit aus, da sie zuerst von Päda­gogen und nicht von Buchhaltern entwickelt wurde. Nach dem gleichen Prinzip wurden auch eine Finanz- und eine Lohnbuchhaltung programmiert, die heute die Crésus-Familie komplettieren.
Nach eigenen Angaben verkaufte Epsitec bis anhin über 25 000 Lizenzen von Crésus, davon nur knapp 1000 in der Deutschschweiz. Seit 2014 ist das Unternehmen der führende Lohnübermittler beim Swissdec-Ranking der Lohn-Software in der Schweiz. Auch bei der Umsetzung der künftigen E-Rechnung und des Zahlungsverkehrsstandards ISO 20022 war der Anbieter frühzeitig dabei.

Westschweizer Pioniere

Mittlerweile hat sich Frau Nicoud aus der Firma zurück­gezogen. Sie unterstützt heute ihren Mann beim Ent­wickeln  von Lernprogrammen für Schüler. Ihr Ziel ist weiterhin, die Kinder und Jugendlichen in der Romandie für Computer zu interessieren. Dafür hat Epsitec 2008 unter anderem einen CPU-Simulator veröffentlicht, der im damaligen «Jahr der Informatik» den Schülern einen Einblick in die Chip-Technologie geben sollte.
Die Geschäfte von Epsitec hat die Gründerin 2008 an Pierre Arnaud übertragen. Der heutige Geschäftsführer eröffnete das erste Büro in Yverdon-les-Bains. Zuvor arbeitete er, wie alle anderen Angestellten, von zu Hause aus. Heute wird 50 Prozent der Arbeit im Home Office erledigt.

Bildergalerie
Am neuen Standort haben die zum Teil Raum füllenden Rechneranlagen der Sammlung von Robert Weiss genügend PlatzQuelle: Jens Stark / NMGZ




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