Tipps & Tricks 26.06.2014, 12:20 Uhr

Foto-Praxis: Bessere Fotos bei wenig Licht

Bei schwachem Licht arbeiten Fotograf und Kamera in einer Grenzsituation. Mit den richtigen Techniken machen Sie das Beste daraus.
Im hellen Tageslicht schaffen fast alle Kameras tolle Bilder. Sobald jedoch die Dämmerung hereinbricht oder im Partykeller fotografiert wird, trennt sich die Spreu vom Weizen: Je günstiger die Kamera war, umso enttäuschender die Resultate. Doch wenn Sie sich die folgenden Tipps verinnerlichen, dann haben Sie immerhin das Beste aus der Situation gemacht. Und so ganz nebenbei werden die Grundlagen der Fotografie ein wenig aufgefrischt.
Standfestigkeit und Verschlusszeiten
Bei schwachem Licht werden viele Fotos ruiniert, weil sie verwackelt sind. Denn je weniger Licht vorhanden ist, desto länger muss der Verschluss der Kamera geöffnet bleiben, um die erforderliche Menge an Licht einzusammeln. Während dieser Zeit führen das natürliche Zittern der Hände und sogar der Herzschlag dazu, dass die Kamera bewegt wird; unscharfe Fotos sind die Folge.
Verwackelt: Solche Bilder hat wohl jeder von uns in seiner Sammlung
Bereits ab 1/30 Sekunde werden Fotos unscharf, wenn sie aus der Hand geschossen werden; allerdings sind Weitwinkel-Aufnahmen weniger anfällig gegen Verwackler als Teleaufnahmen. So oder so: Die erste Herausforderung besteht also darin, die Kamera so ruhig wie möglich zu halten.
Stativ. Die einfachste Regel gegen verwackelte Bilder lautet: Montieren Sie die Kamera auf einem Stativ. Je schwerer die Kamera, umso stabiler muss dieses sein. Auf Reisen oder für die Freizeit reicht aber oft eine einfache Stütze wie zum Beispiel die populären GorillaPod-Modelle von Joby. Sie sind in verschiedenen Grössen erhältlich und lassen sich dank flexiblen Greifarmen auch um einen Pfahl oder Ast schlingen. Die Preise für die kleinen Modelle beginnen etwa bei 30 Franken. Allerdings sollten Sie unbedingt darauf achten, dass die Grösse der Gewichtsklasse Ihrer Kamera entspricht.
Die GorillaPods von Joby sind kompakt und extrem flexibel
Stabile Unterlage. Wenn kein Stativ in Griffweite herumliegt, stellen Sie die Kamera auf eine möglichst stabile Unterlage. Denken Sie jedoch daran, dass Sie immer noch mit langen Verschlusszeiten fotografieren. Unbewegliche Objekte werden jetzt zwar scharf abgebildet, doch Personen oder fahrende Autos verwischen trotzdem.
Die Umgebung ist trotz 1/15 Sekunde einigermassen scharf, nicht aber der beschwingte Kellner
Selbstauslöser. Wenn die Kamera auf einer festen Unterlage steht, sollten Sie den Auslöseknopf nicht selbst drücken, sondern den Selbstauslöser verwenden. Dadurch eliminieren Sie die Vibrationen, die von einem nervösen Zeigefinger ausgehen.
Offene Blende. Wenn die Kamera manuelle Einstellungen erlaubt, verwenden Sie die Zeitautomatik (Modus «A») und wählen Sie die grösste Blendenöffnung – also die kleinste Blendenzahl. Damit wird die Verschlusszeit möglichst kurz gehalten und die Fotos schärfer. Wenn Sie die Blende nicht manuell steuern können, wählen Sie das Motivprogrammen «Sport». Der Effekt ist derselbe.
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Schwachstellen ausmerzen

Schwachstellen ausmerzen
Wenn sich keine stabile Unterlage anbietet, müssen Sie die Kamera notgedrungen in der Hand halten. Nervosität und Kaffee sind auf der Jagd nach einem scharfen Bild nicht sehr hilfreich. Trotzdem gibt es simple, aber wirkungsvolle Tricks, die Gegensteuer geben.
Die richtige Körperhaltung. Pressen Sie die Arme an den Körper und komponieren Sie den Ausschnitt. Atmen Sie ruhig ein und drücken Sie den Auslöser halb herunter, um zu fokussieren. Atmen Sie langsam und entspannt aus, während Sie den Auslöser ohne Hektik ganz durchdrücken.
Verwenden Sie den Körper wenn möglich als Unterlage und achten Sie auf die Atmung (Bild: Canon)
Serienbilder. Kombinieren Sie die vorherige Technik mit der Serienbildfunktion der Kamera. Schiessen Sie bei gedrücktem Auslöser gleich mehrere Bilder; erfahrungsgemäss wird das zweite Bild schärfer, weil Sie den Auslöser einfach gedrückt halten können.
Unterbelichten. Ohne manuelle Korrektur versucht jede Kamera, eine mittlere Tageslicht-Situation zu schaffen. Dabei wird eine schummerige Stimmung zunichte gemacht, obwohl das vielleicht gar nicht gewünscht ist. Reduzieren Sie deshalb die Belichtung um eine Blendenstufe.
Eine leichte Unterbelichtung erhält die Stimmung und verkürzt die Verschlusszeit
Dadurch wird die Stimmung besser vermittelt und die Verschlusszeiten verkürzen sich – was wiederum zu schärferen Bildern führt. Wenn Sie die Belichtung bei Ihrer Kamera nicht manuell korrigieren können, verwenden Sie das Motivprogramm wie «Abendstimmung» oder so ähnlich. Das Handbuch zur Kamera weiss mehr darüber.
Der eingebaute Blitz
Bis jetzt haben wir noch kein Wort über den eingebauten Blitz verloren, und das hat seine Gründe. Die meisten Blitzgeräte in den Kompaktkameras sind giftige kleine Funzeln, die für eine unnatürliche Lichtstimmung sorgen. Personen werden meistens sehr unvorteilhaft abgelichtet, diplomatisch ausgedrückt – von den roten Augen ganz zu schweigen.
Trotzdem gibt es Mittel und Wege, um die Stimmung auch bei Blitzlicht zu bewahren. Eine leichte Bewegungsunschärfe muss nicht schlecht sein; stattdessen kann sie die Dynamik einer Situation wesentlich besser wiedergeben als eingefrorene Gestalten mit roten Augen und bleichem Teint.
Fast jede Kamera bietet die Möglichkeit, die Stimmung zum Besseren zu wenden. Dabei wird die Verschlusszeit verlängert, damit die Umgebung ein wenig heller wird. Das führt zwar zu einer leichten Bewegungsunschärfe, doch dank dem schnellen Blitzlicht werden die wichtigsten Akteure im Vordergrund scharf abgebildet. Es entsteht also eine Mischlicht-Situation, die ihren eigenen Reiz ausüben kann.
Mischlicht: Trotz langer Verschlusszeit friert der Blitz die Motive im Vordergrund ein und erzeugt damit ein angenehmeres Mischlicht
Bei den besser ausgestatteten Kameras überprüfen Sie die Blitzeinstellungen im Kameramenü. Meistens ist die Option mit «Slow» oder ähnlich beschriftet, mehr dazu finden Sie im Handbuch. Bei den günstigen Kameras mit Motivprogramme heisst die gesuchte Einstellung «Nachtprogramm» oder ähnlich. Die Technik dahinter ist in beiden Fällen dieselbe.
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Technische Kriterien für die nächste Kamera

Technische Kriterien für die nächste Kamera
Es gilt als Binsenweisheit, dass gute Bilder von guten Fotografen stammen – und erst in zweiter Linie einer teuren Ausrüstung zu verdanken sind. (Tipp: Werfen Sie einmal einen Blick auf die Website www.iphoneography.com.) Diese elementare Regel beginnt jedoch zu wanken, sobald Tageslicht zur Mangelware wird. Jetzt zählen lichtstarke Objektive, grosse Sensoren und leistungsfähige Software-Pakete – lauter technische Eigenschaften, die man bei den Billigangeboten nicht findet.
Wenn Sie also nach einer neuen Kamera Ausschau halten, die auch in der Dämmerung und in Räumen gute Bilder schiesst, sollten Sie auf folgende Eigenschaften achten:
Sensorgrösse
Je grösser der Sensor, umso besser die Bilder. Die Unterschiede sind dramatisch. Nahezu alle Billigknipsen sind jedoch mit einem winzigen Sensor ausgestattet, dessen Grösse zum Beispiel mit «1/2,7”» angegeben wird, was einer Fläche von 21,6 mm2 entspricht. Die besseren Amateur-Kameras arbeiten jedoch mit Sensoren im Format «1/1,8”» oder sogar APS-C (22,2x14,8 mm). Einen Grössenvergleich aller relevanten Formate finden Sie bei Wikipedia.
Hochwertige Systemkameras wie die Fujifilm X-E1 arbeiten mit einem grossen APS-C-Sensor (Bild: Fujifilm)
Auflösung
Je geringer die Auflösung, umso weniger rauschen die Fotos – erst recht bei schwachem Licht. 16 Megapixel sollten bei den Kompaktkameras das Maximum sein, weniger ist besser. Allerdings wird es immer schwieriger, solche Kameras zu finden, weil die Hersteller nach wie vor darauf setzen, dass unwissende Anwender zuerst auf die Anzahl der Megapixel achten, um eine Kaufentscheidung zu treffen. Eine lobenswerte Ausnahme ist zum Beispiel die Nikon Coolpix 7700, die mit «nur» 12 Megapixeln auflöst. Kombiniert mit einer lichtstarken Optik und dem relativ grossen 1/1,7-Zoll-Sensor eignet sie sich hervorragend für Aufnahmen im Dämmerlicht.
Setzt den Hebel am richtigen Ort an: Nikon Coolpix P7700 (Bild: Nikon)
Raw-Format
Bessere Kameras erlauben Fotos im Raw-Format. Dabei wird das Bild ohne weitere Modifikation gespeichert. Allerdings muss es anschliessend von einer Raw-Software entwickelt werden, bevor knackige und farbenfrohe Bilder entstehen, die sich herumzeigen lassen. Adobe Photoshop Lightroom gehört zu Recht zu den beliebtesten Raw-Entwicklern und ist mit einem Strassenpreis von ca. 130 Franken auch für Nicht-Profis erschwinglich.
Platzhirsch bei ambitionierten Fotografen: Adobe Photoshop Lightroom 4
Lightroom bietet aber nicht nur zahlreiche Bearbeitungswerkzeuge, sondern auch eine hervorragende Rauschreduktion. Wie immer gehen dabei Details verloren, doch das ist bei allen Anwendungen dieser Kategorie der Fall. Was Lightroom jedoch am Schluss präsentiert, kann sich sehen lassen:
Das Bild oben zeigt einen Ausschnitt vor der Rauschreduktion in Lightroom, das Bild darunter nach der Behandlung
Abgesehen von Lightroom können Bilder auch mit speziellen Programmen entrauscht werden; das funktioniert jedoch nur dann zufriedenstellend, wenn das Foto nicht bereits von der Kamera-internen Software in die Mangel genommen wurde, lies: in ein JPEG konvertiert wurde.
Blitzschuh
Im Idealfall verfügt die Kamera über einen Blitzschuh, auf dem sich ein externer Blitz befestigen lässt. Ein solches Blitzgerät kann zum Beispiel indirekt über die Decke blitzen und damit ein wesentlich gefälligeres Licht erzeugen.
Technische Tricks
Und dann sind da noch die Tricksereien. Die Sony NEX-5N schiesst zum Beispiel in schneller Folge mehrere Bilder; anschliessend setzt sie die gewonnen Informationen zu einem einzelnen, wesentlich besseren Bild zusammen. Dabei handelt es sich jedoch nicht um allgemeine Techniken, doch wenn man bei der Anschaffung darauf achtet, können solche Details eventuell den Ausschlag geben.
Vereint mehrere Bilder zu einem besseren Ganzen: Sony NEX-5N
Übung macht den Meister
Situationen mit wenig Licht können also auf vielseitige Weise gemeistert werden. Allerdings sollten Sie die hier beschriebenen Techniken unbedingt üben, bevor Sie an einem wichtigen Anlass damit auftreten. Denn solche «Ernstfälle» sind absolut der falsche Moment, um etwas Neues auszuprobieren.



Kommentare
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psychonaut
01.03.2013
Raw RAW kann ich wirklich nur empfehlen, der Mehraufwand lohnt sich!! Auch der Weissabgleich kann in nachhinein angepasst werden

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stebra
26.06.2014
Lichtstärke? Ich vermisse den Hinweis auf lichtstarke Objektive. Wie erkenne ich diese? Wieviel bringt dies? Was bringt eine optische Bildstabilisierung? Wie berechnet sich die Sensorgrösse? Was heisst 1/2.8"? Gibt es Kameras, die die hohe Auflösung benützen, mit mehreren Pixeln eine höhere Empfindlichkeit zu bringen? Nützt es, bei einer 20MP-Kamera nur mit 5MP zu fotografieren und damit eine höhere Empfindlichkeit zu erhalten? Von daher ist der Artikel eher etwas mager.

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Luca Diggelmann
01.07.2014
Ich vermisse den Hinweis auf lichtstarke Objektive. Wie erkenne ich diese? Wieviel bringt dies? Was bringt eine optische Bildstabilisierung? Wie berechnet sich die Sensorgrösse? Was heisst 1/2.8"? Gibt es Kameras, die die hohe Auflösung benützen, mit mehreren Pixeln eine höhere Empfindlichkeit zu bringen? Nützt es, bei einer 20MP-Kamera nur mit 5MP zu fotografieren und damit eine höhere Empfindlichkeit zu erhalten? Von daher ist der Artikel eher etwas mager. Hallo stebra Lichtstarke Objektive erkennt man an der angegebenen, maximalen Blendenöffnung. Diese wird mit dem f/Wert angegeben. f/1.4 ist sehr lichtstark, f/5.6 nur wenig. Zwischen f/1.4, f/2.0, f/2.8, f/4 und f/5.6 verdoppelt sich die Menge an durchgelassenem Licht jeweils. Als Beispiel: Ein Bild ist korrekt belichtet bei f/4, 1/100s und ISO 100 Die gleiche Belichtung mit f/2.8 erhält man mit 1/200s und ISO 100 oder 1/100s und 200 ISO. http://en.wikipedia.org/wiki/F-number#mediaviewer/File:Aperture_diagram.svg Optische Bildstabilisierung bewegt die optischen Elemente im Objektiv, um kleinere Vibrationen auszugleichen. Man verzittert also weniger bei längeren Belichtungszeiten. Die Sensorgrösse wird in Zoll (") angegeben und gibt die Fläche des Sensors an. 1/2.8" wäre also etwa 0.36 Zoll. http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/9/9a/Sensor_sizes_overlaid_inside_-_updated.svg/400px-Sensor_sizes_overlaid_inside_-_updated.svg.png Es gibt einige Kameras, die Pixel kombinieren, um die Empfindlichkeit zu erhöhen. Dazu brauch man jedoch eine Menge Pixel. Der als Pixel Binning bekannte Prozess wird daher nur spärlich und hauptsächlich in der Astrofotografie verwendet. Ein Beispiel aus dem Consumer-Bereich wäre das Nokia Lumia 1020 (41 MP). Pixel Binning scheint sich im übrigen nicht durchsetzen zu können, da hohe ISO-Werte immer besser verarbeitet werden und Noise Reduction in Photoshop / Lightroom effizienter ist. Nein, die Lichtempfindlichkeit kommt von der Pixelgrösse, nicht der Anzahl Pixel. Fotografiert man mit 5 MP wird das Bild zuerst mit den 20 MP des Sensors aufgenommen und dann herunterskaliert. Die Lichtempfindlichkeit ändert sich dadurch nicht. Hoffe das hilft. Viele Grüsse Luca