Tests 26.09.2013, 12:57 Uhr

Test: Grand Theft Auto V

Willkommen in Los Santos. Stadt der Heiligen, Mekka der Sünder und Eldorado der Banditen der Neuzeit. PCtipp besucht die Westküstenstadt und erlebt mehr als nur Sightseeing.
Rockstar kehrt mit filmreifer Action nach Los Santos zurück
Viele Jahre ist es her, seit Rockstar das kalifornische Los Angeles auf seine eigene Art zum Leben erweckte. Vieles hat sich verändert. Los Santos ist grösser geworden. Auch der Mount Chiliad ist gewachsen und hat sich um einige Kilometer nach Nordosten verschoben. Blaine County scheint zudem eine wichtige Wasserzufuhr verloren zu haben, denn der ehemals grüne Südteil des Countys ist einer Wüste gewichen. Trotz der widrigen Bedingungen leben einige Hundert Menschen im beschaulichen Sandy Springs, zwischen Einöde, Knast und See. Doch zurück nach Los Santos, der strahlenden Metropole im Süden von San Andreas.

Die oberflächliche Schönheit von Los Santos

Die Abendsonne leuchtet orangefarben über den Sand am Vespucci Beach. Familienvater und Ex-Bankräuber Michael De Santa flaniert gemütlich über die hölzerne Promenade, vorbei an den pittoresken Ständen der Beachfront. Er hält an einem Stand, der verschiedene Masken verkauft und schaut sich ein wenig um. Die letzten Sonnenstrahlen des Tages streifen gerade noch die Palmenblätter über dem Stand. So malerisch die Szenerie auch wirkt, so matschig sind auch die Texturen.
Los Santos wurde seit GTA San Andreas gründlich überarbeitet
Das neue Los Santos wurde für eine dahinscheidende Konsolengeneration entwickelt und versucht mit allen Mitteln, dies zu übertuschen. Auf den ersten Blick gelingt das auch, dank hervorragender Lichteffekte. Doch auch der schönste Sonnenuntergang kann nicht über niedrig auflösende Texturen, schlechte Framerates, Kantenflimmern und eine verzweifelt keuchende PlayStation hinwegtäuschen. So bleibt ein Strandspaziergang in einer der schönsten Spielwelten seit jeher doch mit einem faden Beigeschmack in Erinnerung. Man fragt sich, wie Los Santos 2013 wohl auf einem PC oder einer Konsole der neuen Generation ausgesehen hätte. An Details fehlt es der Stadt der Heiligen nicht. An jeder Ecke trifft man auf eine Attraktion, Häuser und Gärten wurden mit viel Liebe gestaltet und gepflegt. Nur schade, dass nur wenige Fussgänger die Pracht überhaupt bewundern können.

The Bad, the Bad and the Insane

The Bad, the Bad and the Insane

Nur wenige Schritte von Michael De Santa entfernt, verlässt der junge Afroamerikaner Franklin Clinton ein Geschäft. Er hat bei «Smoke on the Water» absolut legales Marihuana zu medizinischen Zwecken erstanden. Was die beiden nicht wissen: In nur wenigen Stunden werden sie sich wiedersehen und eine Kaskade von Geschehnissen auslösen, die Los Santos auf den Kopf stellen werden. Franklin steckt sein Marihuana in eine ausgebeulte Hosentasche und macht sich auf den Weg zur Arbeit. Sein Job: die Wiederinbesitznahme von überteuert geleasten Autos und Motorrädern.
Die drei Protagonisten des Spiels: Michael, Franklin und Trevor
Zur gleichen Zeit verlässt Michael De Santas ehemaliger Komplize, Trevor Philips, seinen Wohnwagen in Sandy Springs. Langsam schlurft er durch den heissen Wüstensand zu seinem offenen Jeep. Über dem schwarz gleissenden Asphalt steht die Luft förmlich aufrecht. Der Motor heult auf und Philips fährt los. Er ist auf dem Weg zu seinem Drogenlabor, mit dem er und seine Mitarbeiter von Trevor Philips Industries Blaine County mit Amphetaminen versorgen. Einst war Trevor ein aufsteigender Stern am Himmel der US Air Force. Seine psychische Instabilität verhinderte aber eine militärische Karriere. So landete Philips in der Kriminalität. Zusammen mit Michael und einem weiteren Komplizen raubte er Banken und Juweliere aus. Nach einem schiefgegangenen Überfall in North Yankton, bei dem Michael nach Trevors Wissen ums Leben kam, flüchtete er nach Blaine County und erschuf sein eigenes Drogenimperium.
Spätestens seit GTA IV, Red Dead Redemption und L.A. Noire zeigt Rockstar ein enormes Talent für interessante Charaktere. GTA V ist hier keine Ausnahme und überzeugt auf der ganzen Linie. Auch der Wechsel zwischen den drei Protagonisten ist elegant gelöst. Etwas weniger stark ist dafür die Storyline. Zwar sind die einzelnen Missionen filmreif in Szene gesetzt, dem gesamten Storybogen fehlt es aber an einer gewissen Dynamik. Gerade durch die drei verschiedenen Spielercharaktere entsteht eine Distanz, die man von älteren GTA-Titeln nicht kannte. Durch die sehr unterschiedlichen Gemütslagen der Protagonisten fällt es der Story schwer, eine bestimmte Stimmung aufzubauen und diese überzeugend umzusetzen. Gerade bei Open-World-Spielen ist dies besonders schwierig und Rockstar macht es sich hier nicht leichter.

Nach dem Überfall zum Yoga

Nach dem Überfall zum Yoga

Nach einem erfolgreichen Banküberfall sollte man erst ein wenig abwarten. Auf keinen Fall sollte man sofort zum Autohändler rennen und den neusten Sportwagen für einige Millionen Dollar kaufen. Auffälliger geht es ja nicht mehr. Viel besser ist es, erst einmal eine dünne Schicht Gras über die Sache wachsen zu lassen. In Los Santos kann das sprichwörtlich getan werden. In der Stadt der Vinewood-Stars und Strassengangs sind Drogen schon fast ein sozial akzeptierter Zeitvertreib. Natürlich gibt es auch traditionelle amerikanische Sportarten wie Fernsehen, Autofahren oder das nativ-kalifornische Yoga. Für Stars und Gangster mit mehr Geld als Verstand stehen Golf- und Tennisplätze zur Verfügung.
Viele verschiedene Freizeitaktivitäten lockern den Gangster-Alltag auf
Nicht weniger spannend geht es in Blaine County zu und her. Auf den wilden Bergwegen treffen sich Wanderer, Mountainbiker und Jäger in friedlicher Harmonie. Gerüchte über Hipster-jagende Landbewohner sind massiv übertrieben. In den Gewässern um Los Santos und Blaine County lohnt sich auch eine Bootsreise. Die weissen Segel im Wind reflektieren bis zur Bergstation der Mount-Chiliad-Bergbahnen, wo Abenteuerlustige die Aussicht über die weite Landschaft geniessen.
Was gibt es Schöneres, als nach einem gelungenen Coup die Seele am Strand baumeln zu lassen. Rockstar baut auch in GTA V eine immense Anzahl an Minispielen und Sehenswürdigkeiten ein. Die meisten davon sind nicht besonders interessant. Andere, wie zum Beispiel Tennis, machen jedoch genug Spass, um das Spiel um einige Stunden zu verlängern. Die grosse Welt von Los Santos und Blaine County ist gut gefüllt und lädt zum Spielen ein. Ob das wirklich nötig ist, bleibt jedem selbst überlassen.
GTA V bringt die Konsolen hart an ihre Grenzen

Fazit

GTA V wird seinem Hype über weite Strecken hinweg gerecht. Von der fantastisch inszenierten Storyline über die interessanten Charaktere, das grossartige Weltendesign bis hin zum guten alten GTA-Humor macht auch der fünfte Teil der Serie unglaublich viel Spass. Perfekt ist GTA V aber bei Weitem nicht. Technisch bringt das Game die aktuellen Konsolen hart an die Grenzen und auch immer wieder darüber hinaus. Dabei zieht Rockstar sämtliche Register, um die veraltete Engine noch ansprechend aussehen zu lassen. Trotz einer beeindruckenden Leistung auf der alten Konsolen-Hardware bleibt GTA V hinter dem grafischen PC-Standard zurück. Ein weiteres Problem ist die überladene Welt, die trotzdem wenige Möglichkeiten bietet. Bei der Story fehlt zudem die narrative Dynamik, was den gesamten Story-Verlauf etwas flach erscheinen lässt.



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