Tests 07.10.2019, 06:54 Uhr

Test: Sony RX100 VII

Es ist unglaublich, was Sony in dieses winzige Gehäuse hineinpackt. Nur der Spass an der Fotografie bleibt draussen.
Wenn es darum geht, modernste Foto-Technik auf engstem Raum zu verpacken, dann ist die RX100-Reihe von Sony seit dem ersten Modell die Messlatte. Der Benchmark. Das Mass aller Dinge. Und so weiter. Denn das Gehäuse passt problemlos auf eine Handfläche; im Inneren wirkt jedoch Technik, die zum Teil den sehr viel grösseren Geschwistern entnommen wurde.
Eine Handvoll Kamera
Quelle: PCtipp / ze
Dabei wirft Sony die Modelle in einem Tempo auf den Markt, wie man es eher von Smartphones gewohnt ist. Die erste RX100 wurde im Juni 2012 vorgestellt. Jetzt, sieben Jahre später, sind wir bereits bei der RX100 VII angekommen, im Folgenden kurz «Mark 7» genannt. Das sollte Interessenten allerdings zu denken geben: Wenn Sie dieses Modell erst in einem halben Jahr kaufen möchten, wartet am Horizont vermutlich bereits die Mark 8.

So unglaublich schnell!

Die Neuerungen bei der Mark 7 stehen ganz im Zeichen der Geschwindigkeit – und die ist schlichtweg erschlagend.
Autofokus. Für die meisten Anwender ist der Autofokus vermutlich die wichtigste Neuerung – und er setzt in dieser Klasse tatsächlich neue Massstäbe. Die Mark 7 bietet praktisch denselben Autofokus, der auch in der Sony Alpha a9 verbaut ist – jener Vollformat-Kamera also, die sich vor allem an die Sportfotografen richtet und deren Gehäuse allein etwa 4300 Franken kostet. Und der Autofokus liefert! Es ist eine Freude, den grünen Markierungsfeldern zuzusehen, wie sie über das Motiv huschen, das Ziel stets im Fokus. Die Trefferquote ist nicht ganz perfekt, aber nahe an der Höchstmarke.
Personenaufnahmen. Die Mark 7 liefert auch bei Personenaufnahmen eine hervorragende Leistung ab, weil der Augen-Autofokus sein Ziel punktgenau trifft. Gerade im familiären Einsatz bleibt diese Option sinnvollerweise eingeschaltet, denn Kinder und Freunde sind das Wichtigste. Neu wird auch besser auf die Augen von Tieren fokussiert. Allerdings muss dazu die Einstellung geändert werden, was ein Thema für sich ist. (Wir kommen darauf zurück.)
Wenn die Frisur nicht im Weg ist, funktioniert auch der animalische Autofokus
Quelle: PCtipp / ze
Serienaufnahmen. Einen weiteren Tempoexzess bietet die Aufnahmerate von bis zu 20 Bildern pro Sekunde, ohne dass der Sucher dabei abdunkelt («Viewfinder Blackout»). So geht im spannendsten Moment kein Bild verloren. Sofort nach diesem Foto-Serienfeuer heisst es jedoch warten, bis die Bilder auf die Karte geschrieben sind. Das kann problemlos eine Minute oder länger dauern, während sich die Kamera totstellt. Es ist nicht einmal möglich, an den Einstellungen für den nächsten Schuss herumzuschrauben.
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Das Gehäuse

Das Gehäuse

Die zwergenhaften Abmessungen der RX100-Kameras sorgen natürlich dafür, dass diese Kameras längst nicht so gut in der Hand liegen wie Systemkameras – aber man kann nicht alles haben. Bei den Details hapert es jedoch seit eh und je. So hätte die winzige Daumenablage ruhig etwas weniger winzig sein dürfen. Auch die dedizierte Filmtaste ist denkbar ungeeignet angeordnet und lässt sich unmöglich so betätigen, dass die Kamera nicht durchgeschüttelt wird.
Die Filmtaste oben rechts ist denkbar ungünstig platziert
Quelle: Sony
Sucher. Der versenkbare Sucher ist natürlich eines der Highlights der Serie. Seit der Mark 6 springt er beim Aktivieren über die Taste an der Seite direkt in die gebrauchsfertige Position; beim Schliessen wiederum wird das Okular automatisch eingezogen. Auf der Oberseite lässt sich die Dioptrienkorrektur mustergültig einfach einstellen, denn gerade Brillenträger sind mit den engen Abmessungen gefordert.
Der versenkbare Sucher ist eines der besten Argumente für diese Kamera
Quelle: PCtipp / ze
Die Kamera lässt sich nicht nur mit dem Hauptschalter aktivieren, sondern auch, indem der Sucher ausgefahren wird. Sinngemäss schaltet sie sich aus, wenn er ins Gehäuse zurückgeschoben wird. Mit polarisierenden Gläsern in der Sonnenbrille ist der Sucher in jeder Position tadellos lesbar. Das Display wirkt hingegen nur im Hochformat klar und dunkelt im Querformat deutlich ab.
Anschluss und Laden. Die Mark 7 kommt tatsächlich ohne Netzteil; stattdessen muss die Batterie in der Kamera geladen werden. Es wird aber noch besser: Dazu wird eine Micro-USB-Buchse verwendet. Wenn Sie also auf antiquierte, längst obsolete Anschlüsse stehen und nicht vorhaben, sich in der nächsten Zeit auf das riskante Abenteuer «USB-C» einzulassen, dann wird Sie diese 1400-Franken-Kamera aus dem Jahr 2019 nicht enttäuschen.
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Bildqualität

Objektiv und Bildqualität

Das Objektiv deckt den enormen Bereich zwischen 24 Millimeter und 200 Millimeter ab (auf KB umgerechnet) und wird bei der ausgeschalteten Kamera bis auf den Ring im Gehäuse versenkt. Damit sind die meisten wichtigen Motive abgedeckt.
Die Brennweite von 24 Millimeter bis 200 Millimeter machen die Mark 7 zu einer hervorragenden Reisekamera
Quelle: PCtipp / ze
Seit der Mark 6 wurde dieser Zoombereich deutlich ausgebaut, aber die Lichtstärke sank auf ƒ/2,8–ƒ/4,5, je nach Brennweite. Dazu mehr in der Kaufberatung am Ende dieses Tests.
In dieser Kamera steckt ganz schön viel Objektiv
Quelle: PCtipp / ze
In Anbetracht des kleinen 1-Zoll-Sensors und des vielseitigen Zooms ist die Bildqualität hervorragend. Die Fotos bei Sonnenlicht sind rauschfrei, mit knackigen Farben und schönen Kontrasten. Die Unschärfe in den Ecken ist minimal und definitiv geringer, als man es von einem solchen Zoom erwarten könnte.
Das Objektiv bietet eine sehr gute Vorstellung
Quelle: PCtipp / ze
JPEG-Fotografen sollten unbedingt mit den verschiedenen «Kreativ-Programmen» herumspielen, mit denen sich die Farbwirkung deutlich verändern lässt, etwa zwischen dezent und Disneyland. Selbst im Dämmerlicht, der Domäne der grossen Sensoren, sind die Bilder bis mindestens 3200 ISO brauchbar. Bei 6400 ISO wird es ein wenig grenzwertig. Alles, was darüber liegt, muss wirklich wichtig sein, damit das Foto nicht im digitalen Papierkorb verschwindet.
Oder anders gesagt: In Anbetracht der Grösse des Objektivs, dem grossen Brennweitenbereich und dem kleinen Sensor produziert die Mark 7 hervorragende Bilder. Mehr kann man von einer solchen Kamera kaum verlangen und wer damit nicht zufrieden ist, muss ein Modell mit APS-C-Sensor oder grösser kaufen.
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Videos und Ergonomie

Videos

Die Videos hinterlassen eher gemischte Gefühle, denn der Druck der besten Smartphones ist überdeutlich zu spüren.
Mikrofon-Eingang. Nach Jahren des Wartens sind die fast schon flehenden Bitten der Videoblogger und Videoenthusiasten endlich erhört worden: Die Mark 7 kommt mit einem Anschluss für ein externes Mikrofon, das eine wesentlich bessere Tonqualität ermöglicht. Da sich das Display ausserdem um 180 Grad nach hinten schwenken lässt, behält der vloggende Akteur die Kontrolle über sein Spiegelbild.
Video-Eigenheiten. Dazu gesellen sich gehobene Videofunktionen, für die man sich ebenfalls bei den grösseren Geschwistern bedient hat – etwa das unverzichtbare Zebra-Muster oder die Möglichkeit, für das spätere Color-Grading in HLG oder S-Log aufzuzeichnen.
Auflösung und Dauer. In der besten Qualität zeichnet die Mark 7 in 4K mit 30 fps auf. Die Aufnahmezeit beträgt ab Werk maximal 5 Minuten. Diese Grenze lässt sich zwar in den Einstellungen abschalten, aber dann wird die Kamera heiss – und zwar deutlich heisser, als es ein gutes Gewissen und die Sorge zum Gerät zulassen. Die hohe Temperatur wird unweigerlich zu einem Problem für Videoblogger, die einen längeren Beitrag am Stück aufzeichnen möchten, um ihn später zuzuschneiden.
Böses iPhone! Spätestens an diesem Punkt wird deutlich, wie stark die klassischen Kameras auch bei der Videofunktion durch die Smartphones unter Druck geraten. Das aktuelle iPhone 11 Pro filmt nicht nur in 4K bei 60 fps, sondern zeichnet dabei gleichzeitig in HDR-Qualität auf. Eine Zeitbeschränkung gibt es nicht und die Temperatur ist kein Thema.
Diese Limitierungen sollten Sie sich als Videoenthusiast vor Augen halten. Wie es der Zufall so will, ist die Mark 7 ist bei mir gerade in der engeren Auswahl für eine neue Reisekamera. Sicher ist jetzt schon, dass ich nur mit dem iPhone filmen werde, weil es abgesehen vom Zoombereich in jeder Hinsicht überlegen ist. Wenn Sie ähnliche Pläne vorhaben, sollten Sie diese Videoeinschränkungen nicht zu stark gewichten.

Ergonomie (irgendwie)

Bei der Ergonomie muss zwischen der Hardware und der Menüführung unterschieden werden. Dass ein so extrem kompaktes Gehäuse nicht so griffig sein kann wie ein SLR liegt auf der Hand. Ein kleiner Wulst vorne hätte jedoch bestimmt nicht geschadet. Die winzige Daumenablage haben wir schon erwähnt. So oder so: Die Handschlaufe ist Pflicht, wenn Schlimmeres verhindert werden soll. Immer.
Was diese feine Kamera hingegen fast schon ruiniert, ist das unsägliche altbackene Menü, das leider allen Sony-Kameras zu eigen ist. Seitenlange Einstellungen, die ohne Not bis zur Verstümmelung abgekürzt sind, ersticken jeden Anflug von Neugierde oder Vorfreude im Keim. Dieses Menü kommt direkt aus der Hölle und wird Ihnen in der ersten Zeit genüsslich an den Nerven zupfen – gerade so stark, dass Sie die Kamera nicht aus dem (geschlossenen) Fenster werfen.
Dagegen hilft nur, dass Sie das Handbuch durchackern und die Einstellungen so vornehmen, wie Sie es in Zukunft gerne hätten. Anschliessend legen Sie alle relevanten Befehle im frei gestaltbaren Anwendermenü ab und passen das Schnellmenü so an, dass die für Sie relevanten Funktionen darin enthalten sind.
Menü anpassen, dann Menü vergessen – etwa dank des hier abgebildeten Schnellmenüs
Quelle: PCtipp / ze
So getan, werden Sie schwören, dass Sie sich nie wieder mit diesem ergonomischen Totalschaden beschäftigen werden, wenn es nicht zwingend notwendig ist. Mehr noch: Es sind Bedienkonzepte wie dieses, welche die Leute veranlassen, den klassischen Kameras den Rücken zu kehren und stattdessen das Leben ganz unbeschwert mit dem Smartphone zu dokumentieren.
Wenn Sie die Menüs und Tasten endlich an Ihre Bedürfnisse angepasst haben, lässt sich mit der Mark 7 allerdings ganz passabel fotografieren.
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Kaufberatung und Fazit

Kaufberatung

Wenn Sie sich für das Konzept der RX100 VII interessieren, werden Sie feststellen, dass alle Vorgänger bis hin zum Urmodell noch auf dem Markt sind. Es würde viel zu weit führen, die Unterschiede hier aufzulisten. Wenn Sie sich zu den engagierten Fotografen zählen, sollten Sie sich jedoch vor dem Kauf auch die Mark 5 ansehen, also die RX100 V – denn mit der Mark 6 haben sich einige elementare Dinge geändert.
Nahaufnahmen wie diese funktionieren nur im äussersten Weitwinkelbereich
Quelle: PCtipp / ze
Zoom. Auf KB umgerechnet, umfasst das Zoom der Mark 5 zwar «nur» 24–70 Millimeter statt 24–200 Millimeter; dafür beträgt die Lichtstärke ƒ/1,8 bis ƒ/2,8, während sich die Mark 7 mit ƒ/2,8–ƒ/4,5 begnügen muss.
Hintergrund freistellen ist kein Problem, so wie hier bei 200 Millimeter und Blende 4.3; das Bokeh ist allerdings nervös und denkbar weit weg von «cremig»
Quelle: PCtipp / ze
Sucher. Die Mark 5 ist allerdings auch die letzte Serie, bei welcher der Sucher nach dem Aufspringen manuell nach hinten gezogen werden muss, bevor er einsatzbereit ist. Auch das Verstauen benötigt ein wenig mehr Handarbeit.
ND-Filter. Bei der Mark 5 verbaute Sony noch einen zuschaltbaren ND-Filter (Graufilter), der drei Belichtungsstufen schluckt und dadurch Langzeitaufnahmen bei viel Licht und offener Blende deutlich erleichtert.
Preis. Während die Mark 7 aktuell für etwa 1450 Franken angeboten wird, kostet die Mark 5 etwa 900 Franken. Achtung: Die Mark 5 wird auf der Sony-Website zum UVP von 1250 Franken angeboten – doch dieser Preis hat mehr mit Wunschdenken, statt mit der Realität zu tun.
Wenn Sie also die technisch einzigartigen Vorzüge der Mark 7 kennen und vielleicht zum Schluss kommen, dass Sie den superschnellen Autofokus oder den Mikrofon-Eingang nicht wirklich brauchen, dann kann die Mark 5 zu einer sehr interessanten und deutlich günstigeren Alternative werden.

Fazit

Die RX100 VII repräsentiert eine technische Meisterleistung. Was die Sony-Ingenieure in dieses winzige Gehäuse gestopft haben, geht auf keine Kuhhaut. Also ist alles gut? Leider nicht ganz: Die grösste Schwäche der RX100 VII besteht darin, dass sie trotz ihrer Abmessungen keine Spasskamera ist. Sie ist nicht der treue Begleiter, der einen enthusiastischen Lebensstil unterstützt. Man packt sie auch nicht ein, weil sie förmlich darum bettelt, wie etwa eine Fujifilm X100F.
Nein, diese Kamera nehmen Sie mit, weil Sie ein hochpotentes Foto-Werkzeug mit winzigen Abmessungen dabeihaben wollen, das sehr viel bessere Bilder als ein Smartphone schiesst und dessen Zoom fast alle Einsatzgebiete abdeckt. Fotografie wird mit dieser Kamera nicht genüsslich zelebriert; stattdessen wird das Motiv niedergerungen. Dass die Menüs und Einstellungen Sie in der ersten Zeit zur Weissglut treiben werden, gehört zum «Sony-Feeling» dazu.
Die Sony RX100 wurde bis jetzt im Jahrestakt erneuert
Quelle: Sony
Unter dem Strich ist die Sony RX100 VII eine Kamera, die nahezu jedes Einsatzgebiet abdeckt, solange der relativ kleine 1-Zoll-Sensor kein Ausschlusskriterium ist. Der Zoombereich sorgt dafür, dass von Landschaften über Gesichter bis hin zu Sportlern alle wichtigen Motive abgedeckt werden. Der Autofokus ist nichts weniger als spektakulär. Und natürlich ist die Grösse massgeblich dafür verantwortlich, dass die Kamera überhaupt dabei ist, wenn man sie braucht.
Wenn Sie sich also selten in den Menüs tummeln und mit der gut konfigurierten Kamera einfach nur draufhalten möchten, dann sind Sie bei der Sony RX100 VII gut aufgehoben.

Testergebnis

Autofokus, Tempo, Möglichkeiten, Grösse, Zoombereich, Bildqualität
Keine Videos mit 4K/60 fps, Menüführung, Micro-USB

Details:  1-Zoll-Sensor mit 20 Mpx, Zoom 24–200 Millimeter bei ƒ/2,8–ƒ/4.5, 100–12’800 ISO, bis 20 Bilder pro Sekunde, Mikrofon-Eingang, WiFi mit Bluetooth, NFC, Videos bis 4K bei 30 fps, Gewicht 302 Gramm

Preis:  1450 Franken

Infos: 
sony.ch

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