News 09.09.2010, 08:14 Uhr

Logistep: Jagd auf Datensammler beendet

Das Unternehmen Logistep ermittelt in Tauschbörsen die IP-Adressen von Filesharern, die illegal Musik und Filme zur Verfügung stellen. Zu Unrecht, wie das Schweizer Bundesgericht entschieden hat.
Hintergrund: Logistep ermittelt in Peer-to-Peer-Netzwerken die IP-Adressen von jenen Surfern, die Lieder und Filme anbieten, ohne im Besitz des Urheberrechts zu sein. Diese Daten übergibt Logistep an die Rechteinhaber, die daraufhin Anzeige (strafrechtliche Angelegenheit) erstatten. Durch die Akteneinsicht erfahren die Rechteinhaber Name und Adresse zur jeweiligen IP-Adresse. Damit können sie eine zivilrechtliche Klage auf Schadenersatz anstossen.
Der Eidgenössische Datenschützer Hanspeter Thür forderte von Logistep, dass das Unternehmen seine Nachforschungen in Peer-to-Peer-Netzwerken einstellt, da die rechtliche Basis zum Ausspionieren privater Daten fehle. Logistep sammelte weiter Daten. Daraufhin folgte im Mai 2009 ein Verfahren vor dem Schweizerischen Bundesverwaltungsgericht. Logistep gewann, der EDÖB verlor; mit der Begründung: Das Urheberrecht der Besitzer der Files sei höher zu gewichten als das Recht auf Schutz der persönlichen Daten des illegalen Filesharers.
Aktuelles Urteil ganz anders
Mit diesem Urteil nicht zufrieden, zog der EDÖB den Fall vor das Bundesgericht. Gestern wurde das Urteil gefällt: IP-Adressen sind Personendaten und fallen somit unter das Datenschutzgesetz. Es ist unzulässig, wenn private Unternehmen heimlich IP-Adressen ausforschen.
Was das Urteil bedeutet
Das bedeutet, dass Logistep auf Schweizer Boden im Bereich des Urheberrechts keine Daten mehr sammeln darf. Das Unternehmen hat bereits angekündigt, seine Piratenjagd nach Deutschland zu verlegen.
Was das Urteil nicht bedeutet
Auf keinen Fall bedeutet das Urteil, dass das Offerieren von urheberrechtlich geschütztem Material erlaubt ist. Der Daten-Download an sich bleibt straffrei. Die Weitergabe von Files ist jedoch nicht erlaubt und somit eine Straftat. In Peer-to-Peer-Tauschbörsen werden Files automatisch vervielfältigt.



Kommentare
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Black_Wind
09.09.2010
IP's sammeln können Sie wohl schon, aber ich denke kaum dass eine deutsche Firma einsicht in die Akten erhält und somit Name und Adresse des Users herausfindet? Falls Sie doch an die Daten kommen und diese weiterleiten. Nach welchem Recht hat man da was zu befürchten? Im schweizer Recht ist ja nun die IP vom Datenschutz geschützt. Somit denke ich wäre ein Verfahren deswegen auch nicht rechtskräftig oder sehe ich das falsch? --> Welches Recht käme da zum Zug? Finde es Schade recherchiert hier der PC-Tipp nicht genauer und erklärt welche Auswirkungen dies nun wirklich hat. Klar ist das hochladen noch verboten, da die IP aber dem Datenschutz unterliegt kann man da ja nichts machen oder?

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Telaran
09.09.2010
Richtig. Das Sammeln der IP-Daten ist in der Schweiz somit verboten. Sie können aber ohne weiteres die IP Adressen in DE Sammeln. Die Frage stellt sich nun, inwieweit dann diese gesammelten Daten "rechtsgültig" sind. Sprich darf jemand eine Anzeige erstatten, mit Beweisen die eine Firma erarbeitet, die nach schweizer Recht unerlaubte persönliche Daten sammelt. Das wird wohl ein Gericht und ein Fall entscheiden müssen.

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Black_Wind
09.09.2010
Im Blick hats dazu auch eine Nachricht, welche sich auch mit der IFPI beschäftigt. Hier mal ein Zitat aus dem Artikel: Trotzdem: die IFPI und ihre Methoden sind nicht über alle Zweifel erhaben. Rechtsanwalt und Dozent der Hochschule Luzern, Ueli Grüter, verwirft die Hände: «Die IFPI nötigt die Leute dazu, Vergleiche mit exorbitanten Summen abzuschliessen, obwohl sie weder strafrechtlich noch zivilrechtlich genügende Beweise hat!» Den ganzen Artikel gibts unter http://www.blick.ch/news/schweiz/angriff-auf-die-musikindustrie-156203 Die Frage stellt sich aber auch nach dem Artikel noch, was man wirklich zu befürchten hat und welcher Gerichtsstand überhaupt zählt. Wenn man nach dem Zitat geht, hat man ja eigentlich nichts zu befürchten...vermutlich wird es da aber erst mal einen Gerichtsfall brauchen der das alles regelt.

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Hensel
09.09.2010
Ich vermute mal, dass viele Gerichte die Abzocke unterstützen - und dann auch noch viel zu viele der Abgezockten dann kein oder zuwenig Geld haben um dies vor BG auszufechten! Somit wird sich da ein klares Urteil wohl noch lange hinausziehen - und wenn es dann mal entschieden ist wird dieses urteil dann wahrscheinlich von den Bezirks- und Kantonsgerichten weiter ignoriert werden. So läuft es jedenfalls bei vielen Urteilen - und wenn sich der Beschuldigte da nicht auskennt (oder sein Anwalt) dann wird er erst recht weiter abgezockt. Ach ja, und wenn da jemand das kleine IP-Mischprogrämmchen "TOR" benützt können ja auch alle Anderen, die damit eigentlich gar nichts zu tun haben, ebenso angeklagt werden - und wer beweist dann das Gegenteil?

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Terminator
09.09.2010
IP-Adressen / Bundesgericht / Schweizer Recht Ich hoffe, dass durch meinen Beitrag, diese Angelegenheit klarer wird. Das Bundesgericht, die letzte gerichtliche Instanz, hat entschieden, dass die IP-Adresse zu den Personendaten anzusehen sind und geschützt ist. Somit: - Die Weitergabe der IP-Adresse ist rechtswidrig - Das rechtswidrig beschaffte Material darf somit nicht für eine Forderung verwendet werden. Dieses Urteil ist so lange gültig bis die Bundesversammlung ("Parlament") ein neues Recht einführt. Gegen Beschlüsse können Bürger und Körperschaften das Referendum ergreifen und eine Abstimmung verlangen. Dateien dürfen für den Eigenbedarf, OHNE Kopierschutz, kopiert werden; d.h. der Kopierschutz darf nicht umgangen werden. Der Umzug nach Deutschland: Logistep verlagert ihre Aktivitäten von der Schweiz nach Deutschland. In Deutschland soll es Kanzleien geben, die Forderungen stellen können. Da sieht es für die Beschuldigten sehr schlecht aus.

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coceira
09.09.2010
Das Bundesgericht, die letzte gerichtliche Instanz, hat entschieden, dass die IP-Adresse zu den Personendaten anzusehen sind und geschützt ist. ich begruesse den entscheid sehr, eine relativ klare linie Interessant wird das ganze aber erst, wenn mal eine firma aus dem ausland eine anzeige gegen unbekannt einreicht und dabei die im ausland ausgeforschte ip verwendet. Ausser frankreich gibt fast jedes europaeische land auskunft wenn z.b. nur eine autonummer angegeben wird. Und diese gehoert genauso zu den personendaten. Interessant auch fuer all diejenigen welche irgendwelche vorgaenge auf dem netz mit der dazumal dazugehoerenden ip speichern. terminator - du sprichst die in deutschland uebliche abmahnungspraxis an durch die viele anwaelte gute leben, glueckliche schweiz da gibts das nicht ! fazit: alles in allem wieder mal genuegend juristenfutter - wohl bekommts !

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X5-599
09.09.2010
Passend zu diesem Thema gab es heute um 18 Uhr auf NRJ Zürich einen Bericht. Ich habe leider nur noch den Schluss gehört, aber es scheint als hätte da mal wieder irgendein Depp gesprochen. Der Sprach nämlich davon dass das runterladen geahndet und illegal ist. Schade habe ich nicht den ganzen Bericht gehört. Aber das hatte ich schon einmal wo sie im Radio mitteilten das Kopieren einer Musik CD sei illegal. Als ich dann dem ganzen nachging entschuldigte man sich man meinte eigentlich kopierte Markenjeans und solche Sachen. Der Radiosender reagierte gar nicht auf das Schreiben.

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Grandcru75
10.09.2010
Bin kein Polizist, aber ich denke das Sammeln von IP-Adressen ist in der schweiz für private Unternehmen verboten (ist nun klar), doch die Behörden haben weiterhin durchaus die Möglichkeit dies durchzuführen und selbst die "Kriminellen" zu verfolgen. Es geht meiner Meinung in diesem Urteil auch darum, dass die Verfolgung von "Kriminellen" ein Staatssache ist, und keine Privatsache, oder?

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Telaran
10.09.2010
Es geht meiner Meinung in diesem Urteil auch darum, dass die Verfolgung von "Kriminellen" ein Staatssache ist, und keine Privatsache, oder?Das ist der Grundtenor, den die Richter eigentlich damit sagen wollten. Es geht darum: Es war ja auch so, dass 5 Richter entscheiden mussten. 3 zu 2 wurde eben so entschieden. Alle 5 verstehen den Grund, dass man eine Strafverfolgung ermöglichen müssen. Doch 3 waren der Ansicht, dass der Schutz der Daten höher liegt, als die Geschäftspraktiken von Logistep (Präventives Sammeln und Weiterverarbeiten der Daten). Aber keine Sorge. Der Staat ist ja dabei mit der Überwachung des Datenverkehrs (gab es auch schon News dazu)

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X5-599
10.09.2010
Aus meiner Sicht liegt der Gedanke woanders. Und zwar wurden hier die IP Adressen gesammelt ohne dass die Person überhaupt als "Schuldig" deklariert wurde. Das ist wie wenn die Polizei jemanden abhören möchte. Dann brauchen sie zuerst Beweise, dann wenn die Schuld quasi bewiesen ist, dürfen sie das Telefon abhören. Vorher nicht. Kam letztens ein Bericht über die deutsche Autobahn im TV. Da war es das gleiche. Da lief eine Videokamera die ganze Zeit mit und am Ende haben sie sich die Sünder rausgesucht und gebüsst. Das war nicht zulässig. Es muss zuerst die Straftat da sein, dann darf nach der IP oder was auch immer gesucht werden und nicht umgekehrt. Also wenn jetzt jemand etwas illegal hochlädt und man kommt dahinter wer es ist, darf die Polizei noch immer ihre Anträge stellen, die Provider geben dann die Daten raus usw.